Happelstadion mit PV-Anlage auf Stadiondach, Schaubild
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Politik

Stadiondach: Aufregung über Ausschreibung

Das in die Jahre gekommene Dach des Ernst-Happel-Stadions soll neu gestaltet werden. Kritik gibt es an der Vorgehensweise der Stadt Wien. Die Architektenkammer wirft der Stadt zu kurze Einreichfristen für Firmen vor. Auch ein Vergaberechtsexperte übt Kritik.

Das Ernst-Happel-Stadion im Wiener Prater ist die größte und bekannteste Sport- und Eventarena des Landes. Ein Neubau des kompletten Stadions ist nach wie vor nicht geplant, stattdessen soll das Dach modernisiert und künftig zur größten Photovoltaikanlage Wiens werden.

Im Herbst 2023 beschloss die Stadtregierung die Modernisierung des Stadions. 50 Millionen Euro wurden für das Dach vorgesehen. Am 8. Dezember erfolgte die EU-weite Ausschreibung des Projekts. 34 Tage lang hatten Firmen Zeit, ein Angebot zu legen, also bis 11. Jänner.

Wirbel um Stadiondach-Ausschreibung

Das in die Jahre gekommene Dach des Ernst-Happel-Stadions soll neu gestaltet werden. Kritik gibt es an der Vorgehensweise der Stadt. Die Architektenkammer wirft der Stadt Wien zu kurze Einreichfristen für Firmen vor.

„Für diese komplexe Aufgabe auf jeden Fall zu wenig“

Bernhard Sommer, Präsident der Architektenkammer, betontedass die Frist für eine Aufgabe dieser Komplexität eindeutig zu kurz sei. „Am 24. Dezember ist generell Schluss. Wenn Sie ein Unternehmerkonsortium mit einem Planer aufbauen wollen, hätten Sie vielleicht drei Wochen. Das ist für diese komplexe Aufgabe auf jeden Fall zu wenig“, so Sommer gegenüber der „ZIB 2“.

Besondere Unzufriedenheit äußerte Sommer darüber, dass das Projekt als „Totalunternehmerausschreibung“ behandelt wurde, was bedeutet, dass ein Unternehmen sowohl die Planung als auch den Bau durchführen würde – eine Praxis, die als unüblich gilt. „Es ist von Anfang an dominiert von den wirtschaftlichen Interessen einer einzigen Firma. Und das ist, wo wir die größte Sorge sehen“, kritisierte er.

Auch Vergaberechtsexperte übt Kritik

Die Einreichfrist von nur 34 Tagen kritisiert auch Vergaberechtsexperte Bernt Elsner: „Wenn eine so richtig kurze Frist ist, dann ist ja fast niemand in der Lage, ein taugliches Angebot zu legen. Aber wenn dann doch jemand in der Lage ist, das zu machen, ist der Verdacht auf der Hand liegend, dass der vielleicht schon ein bisschen früher als die anderen Informationen bekommen hat.“

Durch eine hinreichende Frist könne hingegen die Gleichbehandlung wieder hergestellt werden, verwies Elsner auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs. Denn dadurch könnten sich auch jene ohne Vorinformationen durch Aktstudium vertraut machen.

Hacker: „Gesetz wird zweifellos eingehalten“

Der zuständige Sportstadttrat Peter Hacker (SPÖ) sieht den Sachverhalt naturgemäß anders: „Meine Aufgabe ist darauf zu achten, dass das Gesetz eingehalten wird. Und das Gesetz wird zweifellos eingehalten“, betonte Hacker am Donnerstag im Interview mit „Wien heute“. Die gesetzliche Frist für Einreichungen von 30 Tagen habe man sogar um vier Tage überschritten.

Auch die „Totalunternehmerausschreibung“ verteidigte der Stadtrat: „Was die Geschäftsführung in richtiger Weise, nachvollziehbarerweise sagt, ist: Sie möchte nicht zunächst einmal den Planer, dann den Statiker und dann die Baufirma beauftragen. Und wenn die sich dann nicht einig sind: War der Planer schlecht, hat er sich verplant? Hat der Statiker sich verrechnet? Oder hat der Schweißer die Eisenteile falsch zusammengeschweißt?“ Die Art der Ausschreibung sei aufgrund der Projektgröße getroffen worden und stehe für maximale Transparenz im offenen EU-weiten Ausschreibungsverfahren, hieß es zudem.

Verwaltungsgericht prüft

Architektenkammer-Präsident Sommer konterte, dass es sich bei den 30 Tagen um die Mindestfrist handelt. Ein Überschreiten von vier Tagen sei „schon ein bescheidener Anspruch“, vor allem bei einem Projekt dieser Dimension sei das kritisch zu betrachten. Das Verwaltungsgericht prüft nun die Einwände der Architektenkammer.

Die Architektenkammer beeinspruchte das Verfahren und stellte einen Nachprüfungsantrag gestellt, der nun vom Verwaltungsgericht geprüft werden muss. Diese Verzögerung führt zu Unmut, wie aus dem Büro von Stadtrat Hacker zu vernehmen war.

Kritik auch von ÖVP und FPÖ

Kritik übten am Donnerstag auch die Wiener FPÖ und ÖVP. „Die Unregelmäßigkeiten bei Vergabeverfahren der Stadt setzen sich weiterhin fort“, so ÖVP-Wien-Klubobmann Markus Wölbitsch in einer Aussendung. Erst kürzlich habe der Rechnungshof schwerwiegende Unregelmäßigkeiten bei Vergaben des Wiener Gesundheitsverbundes im Bereich der Medizintechnik festgestellt. „Hier muss sich endlich etwas ändern“, erklärte Wölbitsch.

Die Wiener Freiheitlichen fordern, das Projekt wieder „zurück an den Start“ zu schicken. „Hacker wäre gut beraten, die Frist zu verlängern und damit dem nächsten Großbaustellendrama, das den Steuerzahler erfahrungsgemäß immer weit mehr kostet, als ursprünglich geplant war, zu entgehen“, so FPÖ-Wien-Klubobmann Maximilian Krauss. Die aktuelle Vorgehensweise lasse die Vermutung zu, dass man im Rathaus schon genaue Vorstellungen habe, wer den Auftrag bekommen solle.