Achim Benning
APA/Kurt Brazda
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KULTUR

Achim Benning verstorben

Der Schauspieler, Theaterregisseur und Intendant Achim Benning ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Benning leitete von 1976 bis 1986 das Burgtheater. In dieser Zeit gab es erstmals Kinderaufführungen und etliche Gastregisseure.

Zum Burgtheater habe er aktuell keine Verbindung, so Benning in einem APA-Interview zu seinem 85. Geburtstag im Jänner 2020. Benning hielt nur noch sporadisch Vorträge oder Reden, dafür verfasste er „Anlasstexte“: „Ich habe aber immer abgelehnt, Memoiren zu schreiben. Ich halte das für völligen Quatsch.“ Benning war seit 1986 Ehrenmitglied des Burgtheaters.

Schauspieler Achim Benning ist tot

Der deutsche Schauspieler, Theaterregisseur und Intendant Achim Benning ist gestorben. Der 89-jährige leitete das Wiener Burgtheater von 1976 bis 1986.

Film-Präsentation mit Gedenken an Benning

Die für Mittwoch geplante Präsentation des Dokumentarfilms „Achim Benning – Homo Politicus“ von Kurt Brazda im Metrokino wird zu einer Gedenkveranstaltung. „Wir werden das Programm mit einer Schweigeminute beginnen“, teilte der Regisseur der APA mit Bedauern mit. Das in Zusammenarbeit mit der Wiener Filmproduktionsfirma MultiSonora entstandene Filmprojekt, zu dem bereits vor neun Jahren das erste Interview geführt wurde, solle das Bild von Achim Benning zurechtrücken sowie seine Leistungen für die österreichische und deutschsprachige Kultur hervorheben.

TV-Hinweis

„Achim Benning – Homo Politicus“, 3.2.2024, 22.45 Uhr, ORF III

„Bennings Tätigkeit war in einer Zeit, in der es eine bleierne Presse gegeben hat, die sehr stark durch die Alt-Nazis und Strengkonservativen geprägt war. Er hat ein Theater gemacht, das sich unbeirrt mit der Politik der damaligen Zeit auseinandersetzt hat, ohne eine Show daraus zu machen, es war lebendiges, packendes Theater“, so Brazda. Das Publikum hätte „das alles mitgemacht“, die Konservativen wären trotz Protesten aus Neugierde gekommen, während die Jungen das Burgtheater zunehmend ansprechender fanden. „Er war die Persönlichkeit, die aus dem guten, aber hausbackenen Burgtheater ein Welttheater gemacht hat.“

Achim Benning im Jahr 2000
APA/Franz Hausner
Benning war seit 1976 Kammerschauspieler und seit 1986 Ehrenmitglied des Burgtheaters

Ensemblevertreter und Kammerschauspieler

Mit Wien kam der 1935 als Sohn eines Ingenieurs in Magdeburg geborene und in Braunschweig aufgewachsene Benning bereits als Student in Berührung. Von 1955 bis 1960 studierte er in München und Wien Germanistik, Geschichte und Philosophie und absolvierte gleichzeitig das Max Reinhardt Seminar. 1959 wurde er von Ernst Haeusserman als Schauspielschüler ans Burgtheater geholt, wo er bald zum Ensemblemitglied avancierte.

Zu seinen erfolgreichsten Rollen an der Burg gehörten unter anderem der Malcolm in Shakespeares „Macbeth“, der Bürgermeister in Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ sowie die Titelrolle in Molieres „Der Geizige“. Außerdem vertrat er als Ensemblevertreter die Interessen der Schauspieler. Benning wurde 1976 zum Kammerschauspieler ernannt und 1981 mit der Kainz-Medaille der Stadt Wien ausgezeichnet.

Sein Regiedebüt gab Benning 1972 – unter der Direktion von Gerhard Klingenberg – ebenfalls an der Burg mit der Uraufführung von Wolfgang Hildesheimers „Mary Stuart“. Es folgten Inszenierungen wie Hauptmanns „Der rote Hahn“ ( 1974), Strindbergs „Totentanz“ (1977), Gorkis „Sommergäste“ (1979), Feydeaus „Einer muss der Dumme sein“ (1980), Büchners „Dantons Tod“ (1982), Tschechows „Der Kirschgarten“ (1983), Ibsens „John Gabriel Borkman“ und Nestroys „Heimliches Geld, heimliche Liebe“ (beide 1985).

Direktor am Burgtheater ab 1976

Nach dem Abgang Klingenbergs übernahm Benning ab der Saison 1976/77 die Direktion des Burgtheaters. „Wir hatten damals im Ensemble ein ziemlich dickes Papier erarbeitet, in dem wir für sämtliche Bereiche Vorstellungen definiert haben, was sich ändern muss“, erinnerte sich Benning einmal in der „Presse“. „Daran war eine Reihe von Leuten beteiligt, ich war halt ein bisschen mehr tätig als die anderen, was die Formulierungen und was die Komposition dieses Konzepts betraf.“

Benning galt als „Hauslösung“, die vom damaligen Unterrichts- und Kulturminister Fred Sinowatz (SPÖ) auch gegenüber Thomas Bernhard, der ebenfalls Ambitionen auf die Leitung des Burgtheaters hatte, verteidigt wurde. „Sinowatz war ein hochgebildeter und autark denkender Mann. Er war sehr verlässlich. Ihm hatten wir es zu verdanken, dass wir politisches Theater machen konnten“, zeigte sich Benning gegenüber der APA voll des Lobes für den seiner Meinung nach besten Kulturpolitiker der Zweiten Republik, der die Kreisky-Jahre auch zu goldenen Jahren der Kulturpolitik gemacht habe. „Wir hatten unglaubliches Glück. Es war wie ein Fenster, das sich geöffnet hatte.“

Dieses Fenster machte Benning als Burgtheater-Direktor vor allem für zeitgenössische Autoren und Regisseure sowie für Künstler aus Osteuropa weit auf. Die tschechischen Dissidenten Vaclav Havel und Pavel Kohout schrieben für das Burgtheater, Schauspieler wie Pavel Landovsky, der daheim Auftrittsverbot bekommen hatte, wurden Ensemblemitglied. Als Landovsky für ein Moskau-Gastspiel des Burgtheaters das Visum verweigert wurde, habe Sinowatz die Absage unterstützt und auch seine eigene Reise storniert, erzählte Benning: „Wir haben Theater nicht gegen, sondern mit der Obrigkeit gemacht.“

Regisseur in der Ära Peymann

Nach seinem Abschied als Direktor blieb er während der Ära seines Nachfolgers Claus Peymann dem Burgtheater als Regisseur treu. So realisierte er etwa Nestroys „Umsonst“ (1987) sowie Gorkis „Kinder der Sonne“ (1988). In der DVD-Edition Burgtheater ist seine Feydeau-Inszenierung „Einer muss der Dumme sein“ dokumentiert.

1989 folgte Benning einer Berufung als Direktor ans Schauspielhaus Zürich. Dort brachte er u. a. 1990 „Der letzte Gast“ und 1991 „Der Gesandte“ von Thomas Hürlimann zur Uraufführung. Nach einem Disput mit den Züricher Stadtvätern über die finanzielle Ausstattung des Theaters warf Benning 1992, zwei Jahre vor Ende seines Vertrags, das Handtuch.

Danach war der Spezialist für Nestroy, Feydeau, Tschechow und Schnitzler als freier Regisseur tätig. An Burg und Akademietheater waren etwa Tschechows „Platonov“ (1995), Nestroys „Talisman“ (1993), Schnitzlers „Professor Bernhardi“ (1998) und „Das weite Land“ (1999) sowie Ionescos „Die Stühle“ (1999) zu sehen. Bis 2003 war Benning ordentlicher Universitätsprofessor für Regie am Max-Reinhardt-Seminar, danach lehrte er für zwei Jahre Rollengestaltung.

Kušej: Benning „zu wenig gewürdigt“

„Mit Achim Benning verliert das Burgtheater einen ehemaligen Direktor und Künstler, dessen unbezweifelbare Verdienste manchmal zu wenig gewürdigt wurden“, reagierte Burgtheater-Direktor Martin Kusej auf den Tod Bennings. Sein Ableben treffe ihn und alle im Burgtheater. Gewürdigt wurde Benning etwa auch dafür, dass unter ihm mit Angelika Hurwicz erstmals eine Frau am Burgtheater inszenierte.

Radiohinweis

Am 2.2., 16.05 Uhr, bringt Ö1 ein „Im Gespräch“ mit Achim Benning aus dem Jahr 2016.

„Mit Achim Benning ist nicht nur ein lebenslanger Freund gegangen“, zeigte sich Erika Pluhar in einem Statement gegenüber der APA betroffen: „Seit der Schauspielschule hatte er unverzichtbar Anteil an meinem Leben. Meine gesamten 40 Jahre Burgtheater (wir beide wurden als Eleven gemeinsam 1959 engagiert), und vor allem dann die Jahre seiner Direktion und meine Arbeiten mit ihm als Regisseur, waren beruflich für mich bestimmend.“

„Dazu kam aber auch eine innige private Verbindung, unsere Kinder wurden zu ähnlicher Zeit geboren, meine Tochter ANNA liebte Achim sehr. Vor kurzem konnte ich noch zur Verleihung des ‚Großen goldenen Ehrenzeichens der Republik Österreich‘ im Burgtheater die Laudatio für ihn halten. Bis ans Ende meiner Tage, die ja auch nicht mehr allzu fern sind, werde ich ihn vermissen“, so Pluhar. Auch Bundestheater Holding Geschäftsführer Christian Kircher würdigte „einen ernsthaften und gleichzeitig humorvollen Geist“: „Er war kritischer Mensch und aufmerksamer Beobachter.“

Ludwig: „Überragende Zeit am Burgtheater“

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bezeichnete die Direktion Bennings als "überragend, seine Zeit am Wiener Burgtheater war eine echte Ära. Was Benning besonders auszeichnete, war seine Liebe zum Ensemble“.

„Achim Benning bewies während seines langen Wirkens, wie man lebendiges, ernsthaftes, politisches Theater macht“, hieß es in einer Aussendung der Wiener SPÖ-Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, „Achim Benning war nicht nur mit ganzem Herzen ein Mensch des Theaters, er war auch ein hellwacher Zeitzeuge und kluger Beobachter des politischen Geschehens.“

Grünen-Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer würdigte Benning als „Brückenbauer zur Zeit des Kalten Krieges“. „Er vollbrachte seine Großtaten im Stillen und in Bescheidenheit. Bis zuletzt blieb er ein kritischer wie auch humorvoller und wacher Beobachter künstlerischer und gesellschaftlicher Entwicklungen“, so Mayer in einer Aussendung.