Für ein halbes Jahr werde Selmayr am Institut für Innovation und Digitalisierung im Recht der Uni Wien vor allem zu Fragen des EU-Digitalisierungsrechts und des EU-Nachhaltigkeitsrechts in Forschung und Lehre tätig sein, teilte die Vertretung der EU-Kommission in Österreich am Mittwoch in einer Aussendung mit.
„Ich freue mich sehr darauf, gemeinsam mit den exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Wien zu den aktuellsten Fragen des Europarechts forschen und lehren zu dürfen“, sagte Selmayr laut Aussendung. Der Deutsche lehrte bereits an der Universität Saarbrücken und an der Donau-Universität in Krems Europarecht, seit 2022 war er ehrenamtlicher Wissenschaftlicher Direktor des Centrums für Europarecht an der Universität Passau.
Von Jean-Claude Juncker entsandt
Selmayr leitete vier Jahre lang die Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich. 2019 war er vom damaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zum EU-Botschafter in Österreich ernannt worden. Juncker hatte mit seinem früheren Kabinettschef und Generalsekretär der Europäischen Kommission den bisher ranghöchsten EU-Kommissionsvertreter seit dem EU-Beitritt Österreichs nach Wien entsandt.
Für die kommenden Monate übernimmt nun Wolfgang Bogensberger, Selmayrs langjähriger Stellvertreter, geschäftsführend die Leitung der Kommissionsvertretung.
Debatte um „Blutgeld“-Sager
Kritik an Selmayr äußerte indes die FPÖ. „Der Abgang dieses sich wie ein ‚EU-Kolonialverwalter‘ gerierenden Propagandisten der Brüsseler Eliten war längst überfällig und ist alles andere als ein Verlust für Österreich. Ihn für seine üblen Ausritte mit einer Gastprofessur für Europarecht zu ‚belohnen‘ hat jedoch einen sehr schalen Beigeschmack“, kommentierte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz den Abgang des EU-Botschafters. Selmayr habe Österreich mit seinem „Blutgeld-Skandal-Sager“ niederträchtig beschimpft, so Schnedlitz weiter.
Selmayr hatte im September die Zahlungen Österreichs für Erdgas aus Russland als „Blutgeld“ bezeichnet. Nachdem die FPÖ Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zur Abberufung Selmayrs aufgefordert hatte, wurde er ins Außenministerium zitiert. In einem ungewöhnlichen Schritt distanzierte sich dann auch die EU-Kommission öffentlich von ihrem Repräsentanten in Wien.