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Mildes Urteil für Polizisten hält vor OLG

Die Staatsanwaltschaft hat von „exzessiver Gewalt“ eines Polizisten im Dienst gesprochen. Dennoch verwarf das Oberlandesgericht Wien (OLG) ihre Berufung. Es bleibt trotz mehrerer Schläge auf einen wehrlosen Mann bei der Mindeststrafe von einem Jahr auf Bewährung.

„Der Berufung der Staatsanwaltschaft wurde keine Folge gegeben“, bestätigte OLG-Sprecher Max Gruber der APA. Zufrieden zeigte sich damit naturgemäß auch der Anwalt des Polizisten: „Wie sich nunmehr erwiesen hat, hat das Erstgericht keine korrekturbedürftige Strafe verhängt.“ Ob und inwieweit der Fall für den 32-jährigen Polizisten dienstrechtliche Folgen hat, muss erst geklärt werden. Ein Disziplinarverfahren läuft, mit einer Entscheidung wurde bis zur rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens zugewartet.

Strafe exakt an Grenze zu Amtsverlust

Der Beamte hatte am 1. August 2022 im Zug einer Amtshandlung in einem Schnellimbiss-Lokal in der Wiener Innenstadt einen wehrlosen Mann geschlagen und ins Gesicht getreten. Das Vorgehen von zwei Beamten und einer Beamtin wurde von einer Überwachungskamera festgehalten. Das Bildmaterial wurde zentraler Bestandteil des Ermittlungsakts.

Ungeachtet der Bilder und der zunächst relativierenden Verantwortung des Polizisten erschienen einem Schöffensenat am Landesgericht bei einer Strafdrohung von einem bis zu fünf Jahren zwölf Monate auf Bewährung tat- und schuldangemessen. In einem schriftlichen Urteil hieß es, die Milderungsgründe würden die Erschwernisgründe eindeutig überwiegen. Mit dem Urteil fiel die Strafe exakt so aus, dass für den Beamten mit der Verurteilung nicht automatisch der Verlust der Amtsstellung einherging.

Staatsanwältin blitzte beim OLG ab

Die zuständige Staatsanwältin war mit dieser Entscheidung überhaupt nicht einverstanden. Sie verlangte mit Nachdruck eine höhere Strafe, da der Polizist einen „Akt rohester Gewalt“ gesetzt habe, wie sie in der Verhandlung mehrfach betont hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte auch gegen die Kollegin des 32-Jährigen und den Ex-Kollegen, der mittlerweile den Polizeidienst quittiert hat, Anklage erhoben. Beide bekannten sich schuldig und wurden separat zu bedingten Haftstrafen von fünf bzw. neun Monaten verurteilt.

„Wuchtige Kniestöße ins Gesicht“

Die Amtshandlung hatte sich in einem Schnellimbiss-Lokal in der Rotenturmstraße zugetragen. Das spätere Opfer der Polizeigewalt war vom Geschäftsführer Monate zuvor einvernehmlich gekündigt worden. Zu seiner Überraschung kam der gekündigte Mitarbeiter wieder in die Filiale und nahm die Arbeit in der Küche auf. Als er sich weigerte, das Lokal zu verlassen, rief der Geschäftsführer die Polizei.

Der Aufforderung der drei Polizisten, sie in die Büroräumlichkeiten zu begleiten, folgte der Mann noch. Dann aber eskalierte die Lage – ohne dass der Ex-Angestellte einen nachvollziehbaren Grund geliefert hätte. Der Polizist versetzte dem Mann einen heftigen Stoß mit dem Handballen, dem ein Handgemenge folgte, bei dem der Betroffene von der Polizei mit Pfefferspray „eingenebelt“ wurde.

Obwohl der Mann mit den Beamten zugewandtem Rücken unter Einwirkung des Pfeffersprays stand und sichtlich keine Gefahr von ihm ausging, wurde er ein zweites Mal eingesprüht. Dann packte ihn der Polizist und bedachte ihn mit wuchtigen Stößen mit dem linken und mit dem rechten Knie ins Gesicht.