Dirigent Teodor Currentzis im Juli 2019 bei den Salzburger Festspielen
APA/BARBARA GINDL
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Kultur

Wiener Festwochen laden Currentzis aus

Ursprünglich hatte Intendant Milo Rau zwei Requien mit dem umstrittenen greco-russischen Dirigenten Teodor Currentzis und der ukrainischen Maestra Oksana Lyniv geplant. Lyniv kritisierte die prorussische Haltung ihres Kollegen. Die Festwochen haben Currentzis nun ausgeladen.

„In den Gesprächen der letzten Tage hat sich herauskristallisiert, dass eine Präsentation beider Konzerte im Rahmen der Wiener Festwochen aktuell nicht machbar ist“, hieß es am Montag in einer Aussendung der Festwochen. Nun wird lediglich das Werk von Jewhen Stankowytsch wie geplant am 2. Juni im Konzerthaus erklingen. „Wir respektieren Lynivs Wunsch, aktuell nicht in einen inhaltlichen Kontext mit Currentzis gestellt zu werden. Leider war dadurch unsere Entscheidung für die Absage des geplanten Konzerts unter dem Dirigat von Teodor Currentzis, den wir als Künstler sehr schätzen, alternativlos“, sagte Rau.

„Ich habe nichts gegen Currentzis, ich kann aber nicht akzeptieren, dass mein Name und jener von Musikern, die aus einem Land kommen, das immer noch täglich bombardiert wird und so viele Tote zu beklagen hat, mit dem von jemandem in Verbindung gebracht wird, der sich nie offen gegen den Krieg ausgesprochen hat und dessen künstlerische Ensembles von Bankinstituten finanziert werden, die dem Kreml sehr nahe stehen“, hatte Lyniv gegenüber der ANSA zuletzt betont.

Lyniv begrüßt Entscheidung

Bereits kurz nachdem Rau seine Idee zweier Antikriegsrequien präsentiert hatte, hatte sich die 46-Jährige gegenüber dem Musikjournalisten Axel Brüggemann ablehnend geäußert und betont, dass mit ihr nicht verabredet worden sei, dass die beiden Konzerte in einen thematischen Zusammenhang gebracht werden. „Ich habe seit Mai vergangenen Jahres an diesem Projekt gearbeitet, aber erst in den letzten Tagen wurde ich über die Anwesenheit von Teodor Currentzis informiert“, sagte die Dirigentin in Italien.

Nun begrüßte die Künstlerin die Entscheidung der Festwochen und kündigte überdies an, dass für die Wiener Aufführung des Requiems nun zusätzlich ein zeitgenössisches ukrainisches Stück von einem Schüler des Komponisten Jewhen Stankowoitsch komponiert werde.

Teodor Currentzis beim Dirigieren im März 2019 in Paris
AFP/Stephane de Sakutin
Der Dirigent hat sich bisher nicht zum Ukraine-Krieg geäußert

Currentzis: Bisher keine Kritik an Ukraine-Krieg

Currentzis war für Benjamin Brittens „War Requiem“ mit seinem SWR Symphonieorchester vorgesehenen. SWR-Programmdirektorin Anke Mai zeigte Verständnis, „dass sich Oksana Lyniv und die Mitglieder des Kyiv Symphony Orchestra ein öffentliches Bekenntnis von Teodor Currentzis gegen den russischen Angriffskrieg gewünscht hätten. Mit Rücksicht auf die Konsequenzen, die ein solches Bekenntnis für Currentzis in Russland mit sich brächte, haben wir dies aber nie von ihm verlangt.“ Man akzeptiere die Entscheidung der Wiener Festwochen und hoffe auf ein Wiedersehen in friedvolleren Zeiten.

Currentzis hat sich bis dato öffentlich nie dezidiert gegen den Angriffskrieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin geäußert. Der naheliegenden Diskussion wolle man gar nicht ausweichen, hatte Rau bereits anlässlich der Bekanntgabe im APA-Gespräch unterstrichen: „Wären wir eine schwache, feige Institution, würden wir sagen: Currentzis bringt zu viele unkontrollierbare Diskussionen.“ Da man das aber nicht sei, plane man flankierende Gesprächsformate etwa zu Fragen des Boykotts in der Kunst. „Es kann dann auch das Ergebnis sein, dass wir im Jahr darauf solch einen ‚Fall‘ anders betrachten.“ Nun ist die Frage bereits vor Beginn der Festwochen geklärt.