„Es ist ein Projekt, das schon lange in meinem Herzen gewachsen ist“, sagte Faber am Dienstag bei der Enthüllung der Kunstwerke Helnweins. Die Tradition des Fastentuches als Verhüllung der Altarbilder wird seit einigen Jahren in St. Stephan von zeitgenössischen Künstlern und Künstlerinnen über den ganzen Osterfestkreis ausgedehnt. Mit Helnwein hat man heuer einen Künstler gewählt, dessen Arbeiten oft schockieren „und uns aufrütteln“ würden, meinte Faber.
Helnwein: Aufregung um Fastentuch im Stephansdom
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„Die bedeutenden Kunstwerke, die im Auftrag der katholischen Kirche entstanden sind, haben zu ihrer Zeit immer für Aufregung und Skandale gesorgt“, entgegnete Helnwein darauf. Er nannte als Beispiel die Fresken der Sixtinischen Kapelle. Sie hätten nicht der bekannten Ikonografie entsprochen. Ein Papst habe diese entfernen lassen wollen. „Dazu kam es aber nicht, weil ihn der Schlag getroffen hat. Was man als Gottesbeweis betrachten könnte“, so Helnwein.
Kunstprojekt in drei Teilen
Am Dienstag wurde das erste der drei Triptycha Helnweins vorgestellt. Die drei Darstellungen von Helnwein – auf Leinwand gesprüht, kombiniert mit Lichtinstallation – sollen den Abstieg in das Reich des Todes, die Auferstehung und die Aussendung des Heiligen Geistes zum Ausdruck bringen. Sie werden deshalb zu unterschiedlichen Zeitpunkten enthüllt.
Für die Fastenzeit wird in liturgischen Bildtönen vor dem Hochaltar das Antlitz Jesu des Turiner Grabtuchs nach unten gerichtet, auf den beiden seitlichen Kredenzaltären Motive des „Memento mori“ (etwa: „bedenke deine Sterblichkeit“), Totenschädel, zu sehen sein.
Mit der Osternacht soll dann das zweite, in weiß gehaltene Triptychonbild das Glaubensgeheimnis der Auferstehung Christi erkennbar werden. Kurz vor Pfingsten schließlich wird bis zur „Langen Nacht der Kirchen“ am 7. Juni in einem dritten Triptychon die Geistaussendung durch rötliche Flammen des Heiligen Geistes auf den vielen dargestellten Menschen gezeigt.
Helnwein „stark katholisch geprägt“
Der in Wien geborene, aber auch in Irland und Los Angeles lebende Helwein ist laut eigenen Angaben stark katholisch geprägt. Es habe ihn immer fasziniert, dass die großen Werke der bildenden Kunst lange Zeit das einzige Mittel gewesen seien, mit den Gläubigen zu kommunizieren, erklärte Helnwein. Er sehe sich zudem zutiefst verwurzelt mit der katholischen Kultur.
„Lange Zeit konnte niemand lesen und schreiben“, erläuterte Helnwein, „Geschichten mussten durch Bilder und Skulpturen erzählt werden.“ Das entspreche auch seiner Intention, denn Kunst sei für ihn auch Dialog. Dieser Dialog ziehe sich durch die ganze Geschichte der katholischen Kirche. „Dieser Tradition fühle ich mich zutiefst verbunden. Daher ist es für mich ein ganz besonderer Augenblick, hier jetzt im Stephansdom eine dreiteilige Arbeit zeigen zu können“, so der Künstler.
Starke Verbindung von Christentum und Kunst
In der Geschichte über das Christentum werde oft angesichts der Verbrechen im Namen Gottes auf etwas Wichtiges vergessen, so Helnwein – „nämlich auf die Förderung der Künste, der Philosophie und der abendländischen Kultur“. „Wenn man sich die Geschichte der Bilder in der katholischen Kirche anschaut: Das war jedes Mal zeitgenössische Kunst, aufregend, radikal.“
Viele der Werke – Helnwein verwies etwa auf Hieronymus Bosch – würden heute einen Shitstorm erzeugen, „weil wir im Zeitalter des ‚Woke‘ vieles nicht mehr aushalten“. Anders als etwa Calvinisten und Puritaner habe sich die katholische Kirche mutig für die Kunst geöffnet.
Er selbst halte Religion für überaus wichtig für den Menschen, so Helnwein, und er begegne verschiedenen Glaubensüberzeugungen mit Respekt. Auch ein Atheist wie Napoleon und der homosexuelle und kommunistische Filmemacher Pier Paolo Pasolini hätten die Bedeutung von Kirche und Glauben anerkannt. Und ohne Kunst wäre Religion nicht zu vermitteln.