Chronik

15 Jahre Haft nach brutalen Überfällen

Der mutmaßliche Boss einer Carjacking-Bande ist in Wien zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Dem Angeklagten waren versuchter Mord und zweifacher schwerer Raub vorgeworfen worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Verteidiger Michael Dohr bat um Bedenkzeit, die Staatsanwältin war mit der Entscheidung einverstanden. Das Urteil – 15 Jahre Haft – ist damit nicht rechtskräftig. Dem Mann hatte eine lebenslange Haft gedroht.

Die Staatsanwaltschaft sah im Angeklagten einen Schwerstkriminellen mit Hang zur Brutalität. Dem hielt der Angeklagte zu Beginn des Prozesses im Vorjahr entgegen, „zahm“ gewesen zu sein. Gewalttätig seien in erster Linie seine Mittäter gewesen. „Mamma mia“, entfuhr es da dem Cousin des Angeklagten, als dieser übersetzt bekam, wie sein in Wien angeklagter Verwandter seine Rolle an einem Überfall auf einen damals 53-jährigen Wiener „verniedlicht“ hatte. Der Cousin verbüßt in Italien eine Haftstrafe, weil er an einer Tat beteiligt gewesen war.

Nach Überholmanöver ausgerastet

Der 36-Jährige gilt als Kopf einer Bande, die im Oktober 2016 einen 53-Jährigen lebensgefährlich verletzt hatte. Dieser dürfte den Angeklagten durch ein gewagtes Überholmanöver verärgert haben. Der Angeklagte zwang den Mann mit quergestelltem Pkw zum Stehenbleiben. Der Angeklagte, sein Cousin und drei Männer zerrten das Opfer aus seinem Auto, schlugen es zusammen, fesselten es und droschen in einem Industriegebiet in Simmering so lange auf es ein, bis der Mann bewusstlos war.

„Er war in einem schlimmen Zustand“, so der Cousin: „Ich dachte, dass er zu dem Zeitpunkt tot wäre, da voll brutal auf den gefesselten Mann eingeschlagen wurde.“ Das Opfer wurde lebensgefährlich verletzt: multiple Rippenfrakturen, Knochenbrüche im Kopf- und Gesichtsbereich und ein infolge von Schlägen und Tritten beschädigter Lungenflügel. Das Auto des Mannes wurde nach Serbien verschafft. Der Angeklagte sagte, er sei im Auto sitzen geblieben, während die anderen Männer auf das Opfer einschlugen. Das wies sein Cousin nun aber zurück: „Er ist ausgestiegen, er hat geschlagen.“

19-Jährigen verprügelt und misshandelt

Die Anklage gegen den 36-Jährigen, der die rumänische und die serbische Staatsbürgerschaft besitzt, betraf auch einen weiteren brutalen Raub. Im Oktober 2016 hatte er gemeinsam mit vier Rumänen in Deutsch-Wagram (Bezirk Gänserndorf) einen 19-jährigen Burschen angehalten, der mit einem alten Mercedes 180 C unterwegs war. Sie fragten den jungen Mann nach dem Weg, indem sie vorgaben, nicht zu einer Hochzeit zu finden, und stiegen schließlich zu ihm in den Wagen.

Während der Fahrt begannen die Männer plötzlich auf den 19-Jährigen einzuschlagen. Sie zerrten ihn aus dem Auto, misshandelten und demütigten ihn, fesselten ihn mit Gürtel und Schuhbändern an Händen und Füßen und warfen ihn in den Kofferraum. Sie ließen den erheblich verletzten 19-Jährigen schließlich irgendwo frei, nahmen ihm Wertsachen ab und zwangen ihn, den Bankomatcode preiszugeben. Das Auto brachten sie nach Ungarn. Das Opfer fand erst nach stundenlangem Herumirren nach Hause.

Dazu war der Angeklagte geständig: „Ich bin schuld, ich war dabei. Ich habe ihn auch geschlagen, einmal, zweimal.“ Die insgesamt vier Mittäter des 36-Jährigen sind allesamt bereits rechtskräftig zu Haftstrafen zwischen vier und zehn Jahren verurteilt worden. Sie hatten den 35-Jährigen als Chef ihrer Gruppierung bezeichnet, was dieser stets abgestritten hat.

Bei Einreise im April 2023 festgenommen

Der Mann war für die heimische Justiz jahrelang nicht greifbar, da er sich in Serbien aufhielt und ein Europäischer Haftbefehl nicht vollzogen werden konnte. Er wurde im April 2023 bei der Einreise nach Österreich festgenommen, als er seine hier lebende Frau besuchen wollte, mit der er fünf Kinder hat. Seither sitzt der 36-Jährige in U-Haft.