Eingang zum Landesgericht Wien
APA/Hans Punz
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Chronik

Haftstrafen für junge „Sittenwächter“

Zu unbedingten Haftstrafen von sechs bzw. zehn Monaten sind am Donnerstag zwei Burschen im Alter von 16 und 20 Jahren verurteilt worden. Sie sollen im Mai in einem Park in der Wiener Leopoldstadt als selbst ernannte „Sittenwächter“ unterwegs gewesen sein.

Die beiden jungen Männer hatten sich laut Anklage am 29. Mai 2023 in Wien-Leopoldstadt als Sittenwächter aufgespielt, indem sie einen damals 16-Jährigen von einer Bank im Max-Winter-Park zerrten, zum Mitkommen zwangen und zusammenschlugen. Die Angeklagten hatten irrigerweise vermutet, ihr Opfer sei auf einem Video zu sehen, das damals in den Sozialen Medien kursierte. Es zeigte einen jungen Mann beim sexuellen Handlungen mit einer Elfjährigen, wobei der Mann die Szene mit dem eigenen Handy gefilmt und ins Netz gestellt hatte.

Der 16-Jährige versicherte den ihm körperlich überlegenen Burschen, er sei nicht die Person auf dem Video und verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass sein Bart anders aussehe und er keine Narben am Oberkörper habe.

Max Winter Park
ORF
Tatort war der Max-Winter-Park

Bedrohten und schlugen Opfer

Dessen ungeachtet dirigierten die beiden Angeklagten und ein dritter Jugendlicher, der in einem separaten Verfahren als Beitragstäter bereits sechs Monate auf Bewährung ausgefasst hat, ihr Opfer in ein nahe gelegenes Gebäude, wobei sie zwei Pistolen zückten. Sie erklärten dem 16-Jährigen, er werde ein „Loch im Bein“ haben, sollte er einen Fluchtversuch wagen. Im Stiegenhaus wurde dem Jugendlichen dann nahe gelegt, er solle endlich zugeben, dass er der Mann auf dem Video sei.

Als der 16-Jährige das weiter vehement abstritt, bugsierte ihn das Trio in den Keller, wo er intensiver bedroht und eingeschüchtert wurde, indem ihm eine Pistole gegen die Schläfe und die zweite gegen den Bauch gedrückt wurde. Der Jugendliche legte trotzdem kein Geständnis ab. Darauf kassierte er einen Faustschlag und, nachdem er zu Boden gegangen war, mehrere heftige Fußtritte. Als er sich nicht mehr rührte, liefen die Täter mit dem Handy ihres Opfers davon.

Angeklagte umfassend geständig

Vor einem Schöffensenat am Wiener Landesgericht waren die bereits zwei Mal wegen Raubes vorbestraften jungen Männer nun umfassend geständig. Das schlug sich bei der Strafbemessung mildernd zu Buche, wie die Richterin in der Urteilsverkündung betonte. Die Schuldsprüche wegen schwerer Nötigung und – bezogen auf das fremde Handy, das einer der beiden im Davonlaufen in ein Gebüsch geworfen hatte – dauernder Sachentziehung sind bereits rechtskräftig.

Das Opfer der Straftat hatte sich dem Verfahren als Privatbeteiligter angeschlossen, um auf diesem Weg eine finanzielle Wiedergutmachung zu erhalten. Der mittlerweile 17-Jährige bekam 5.460 Euro zugesprochen, die ihm die beiden Angeklagten zu ungeteilter Hand bezahlen müssen. Der Bursch hatte unter anderem eine schwere Kopfverletzung erlitten. Der Jugendliche leidet auch an einer posttraumatischen Belastungsstörung.