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Ein Drittel outet sich als „Hassposter“

Hass im Netz hat deutlich zugenommen. Ein Randphänomen sei der digitale Hass nicht mehr, sagen Forscher der Universität Wien. In einer Studie wurden 1.500 Menschen befragt. Ein Drittel gab an, selbst schon online jemanden beleidigt oder bedroht zu haben.

An der Universität Wien läuft dazu derzeit eine fünfjährige Studie. Systematisch soll untersucht werden, warum digitaler Hass – also hasserfüllte oder feindselige Kommentare – entsteht und welche Folgen das hat. Das erste Jahr der Studie ist bereits um, und da zeigt sich: Ein großer Teil der Menschen erlebt oder beobachtet Hass online. Und viele Menschen sind auch selbst „Hass-Poster“. Einfache Lösungen sehen die Forscher nicht.

„Ist schon mal vorgekommen“

Kommunikationswissenschaftler Jörg Matthes von der Universität Wien führt seine Studie zu Hass im Internet seit vergangenem Jahr durch: Wie er entsteht, warum er oft toleriert wird, und welche Auswirkungen er hat. Dazu befragten Matthes und sein Team 1.500 Menschen, und stellten dabei erschreckende Zahlen fest.

„Da sehen wir, dass ein Drittel unserer Befragten tatsächlich auch sagt: ‚Ist schon mal vorgekommen, dass mir so was passiert ist, dass ich auch solche Beleidigungen ausgesprochen habe.‘ Das ist schon ein relativ hoher Anteil“, sagte Matthes am Montag im Ö1-Morgenjournal.

Zwei Typen von „Hasspostern“

Ein, zwei Sätze sind schnell getippt, wie man weiß, und so kann aus einem Posting etwa zum Thema Klimawandel auf Social Media sehr rasch eine feindselige Debatte werden. Die Hemmungen seien gesunken, so Matthes weiter. Mittlerweile hätten sich zwei Typen von „Hasspostern“ herausgestellt.

Es gebe zum einen „die Anstifter. Das sind meist Menschen, die sehr starke, extreme politische Positionen einnehmen und dann oftmals auch sehr stark emotional reagieren.“ Trittbrettfahrer seien zum anderen diejenigen, die „vielleicht gar nicht so stark ideologisiert“ sind, es aber als „normal“ erleben, Hass im Internet zu posten und „einfach mitmachen, weil es die anderen tun“, so der Experte. Wir alle könnten ab und an zu solchen Trittbrettfahrern werden, führte Matthes weiter aus.

Negative Kommentare werden „belohnt“

Die ÖVP hatte zuletzt auch eine Klarnamenpflicht Online gefordert. Aber immer wieder ist zu beobachten, dass Menschen auch unter ihrem echten Namen Beleidigungen oder sogar Drohungen posten. Gefördert wird dieses Verhalten auch durch die Social Media Plattformen selbst, sagt Matthes: „Die Algorithmen sind oft so ausgelegt, dass Dinge, die eine starke Resonanz hervorrufen, auch höher und höher gelistet werden. Und das sind vor allem negative Inhalte oder eben auch hasserfüllte Inhalte.“

Hasserfüllte oder negative Kommentare werden also mit Aufmerksamkeit, Likes und Antworten auch noch belohnt. Betroffen von Gewalt sind dabei oft Minderheiten, aber auch sogenannten „Eliten“ wie Politiker – und besonders stark Frauen.

Sexismus als „treibender Faktor“

„Eine Erklärung sind sexistische Einstellungen als treibender Faktor von Hass im Netz.“ Eine einfache Lösung gegen diesen Umgangston im Netz gebe es nicht, so der Kommunikationswissenschaftler. Gesetze könnten dabei helfen, aber auch Meldungen und Regulierungen der Plattformen selbst. Und: „Zum Dritten ist natürlich die Politik gefragt und auch, wie weit die Politik Polarisierung fördert.“

Denn auch die Politik trage zu dem veränderten Umgangston bei. Verbesserungen seien nur gesamtgesellschaftlich möglich – denn eines zeige sich jetzt schon, so Matthes abschließend, „dass der Hass aus dem Netz nicht mehr wegzubekommen ist. Er gehört leider zum Alltag im Internet dazu“. Die Studie der Uni Wien zum Hass im Netz läuft noch bis 2027.