Kerzen am Tatort nach Mord an drei Frauen in Rotlicht-Lokal in Brigittenau
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Chronik

Dreifachmord: Beschuldigter psychiatrisch untersucht

Der 27-Jährige, der am Freitag in einem Bordell in Wien-Brigittenau drei junge Frauen erstochen haben soll, wird nun psychiatrisch untersucht. Das Beratungszentrum „SOPHIE“ berichtet von großer Angst bei Sexarbeiterinnen.

Mehr als zehn Sexarbeiterinnen hätten sich seit Samstag gemeldet, viele würde man kontaktieren – vor allem Frauen, die in kleinen Bordellen arbeiten, so Stefani Doynova, Leiterin des Beratungszentrums „SOPHIE“ für Sexarbeiterinnen, in „Wien heute“ : „Die Unsicherheit und die Ängste in der Zielgruppe sind natürlich verständlicherweise groß und wir nehmen sie auch ernst und schauen, dass wir entsprechend auch als soziale Einrichtungen darauf reagieren.“

Sechs Femizide seit Freitag

Fünf Frauen und ein 13-jähriges Mädchen sind seit Freitag in Wien und Niederösterreich getötet worden. Am Montagmorgen soll ein 93-jähriger Mann im Bezirk Lilienfeld seine 84-jährige Lebensgefährtin umgebracht haben. Im Fall der getöteten Mutter und Tochter ist der dringend tatverdächtige Mann und Vater weiter spurlos verschwunden; und bei jenen drei Opfern, die in der Engerthstraße getötet wurden, wird der Tatverdächtige jetzt psychiatrisch untersucht.

Rund 700 Frauen im Jahr kommen hierher, um sich auch in Sachen Sicherheit beraten zu lassen. Am Montag hat die Volkshilfe eine Spendenaktion gestartet, um Sexarbeiterinnen jetzt mehr psychologische Hilfe anbieten zu können. „Wir werden jetzt schon am Freitag die Beratungsstelle öffnen für niederschwellige Beratungs- und Entlastungsgespräche und schauen, dass wir im Laufe der nächsten ein, zwei Wochen dann auch wirklich die professionelle Supervision auf die Beine stellen“, so Doynova.

Gutachten zu Zurechnungsunfähigkeit

Über den mutmaßlichen Täter ist mittlerweile bekannt, dass er in einer Asylunterkunft in Kärnten gelebt und sich dort Ende Jänner abgemeldet hat. Er sei dort unauffällig gewesen, heißt es am Montag von der zuständigen Behördenleiterin.

Die Staatsanwaltschaft Wien lässt ein Gutachten eines Sachverständigen einholen, um eine mögliche Zurechnungsunfähigkeit oder sonstige Schuldausschließungsgründe des Beschuldigten abzuklären, teilte Behördensprecherin Nina Bussek Montagmittag mit.

Der Mann wurde am Sonntagabend in die Justizanstalt Josefstadt eingeliefert, nachdem seine polizeiliche Einvernahme abgeschlossen war. In dieser hatte er sich „grundsätzlich geständig“ gezeigt, hieß es dazu zuletzt seitens der Landespolizeidirektion. „Wir werden heute die Verhängung der U-Haft beantragen“, sagte Bussek.

Identität der Frauen noch unklar

Das Landesgericht hat dann 48 Stunden Zeit, um darüber zu entscheiden. Aufgrund der Tatumstände dürfte das in diesem Fall nur Formsache sein. Der 27-Jährige hatte am Freitagabend mit einem Messer in dem Etablissement in der Engerthstraße ein Blutbad angerichtet. Die Identität der drei getöteten Frauen steht noch immer nicht zweifelsfrei fest.

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Gedenkkundgebung gegen Femizide am Samstagabend in Wien-Brigittenau
APA/Max Slovencik
Am Samstagabend fand in der Engerthstraße in Wien-Brigittenau eine Gedenkkundgebung gegen Femizide statt
Gedenkkundgebung gegen Femizide am Samstagabend in Wien-Brigittenau
APA/Max Slovencik
Gedenkkundgebung gegen Femizide am Samstagabend in Wien-Brigittenau
APA/Max Slovencik
Gedenkkundgebung gegen Femizide am Samstagabend in Wien-Brigittenau
APA/Max Slovencik
Gedenkkundgebung gegen Femizide am Samstagabend in Wien-Brigittenau
APA/Max Slovencik

Eine vierte Frau konnte sich retten, indem sie sich in einem Zimmer einschloss. Sie wurde Ohrenzeugin des Gewaltverbrechens, dessen Ausführung sich über mehrere Räumlichkeiten erstreckte.

Gedenkkundgebungen am Tatort

Der Tatverdächtige konnte in einem Gebüsch vis-a-vis des Rotlichtlokals festgenommen werden, nachdem ein Anrainer gegen 21.00 Uhr die Polizei verständigt hatte, weil ihm eine Blutspur auffiel, die vom Lokal auf die andere Straßenseite führte. Der 27-Jährige dürfte sich bei der Tatausführung im Zuge der Kampfhandlungen selbst Verletzungen zugefügt haben.

Am Tatort fanden am Samstag- und am Sonntagabend Gedenkkundgebungen statt. Zu dieser hatten unter anderem der Österreichische Frauenring und Grüne Kommunalpolitikerinnen aufgerufen.