Zahl der Betretungsverbote steigt

Österreichweit sind im vergangenen Jahr 15.115 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen worden. Im Bundesländervergleich gibt es in Wien die meisten Wegweisungen. Nach den jüngsten Femiziden rief der Österreichische Frauenring dazu auf, am Freitag gegen Gewalt an Frauen auf die Straße zu gehen.

Österreichweit wurden im vergangenen Jahr 15.115 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen. Diese Zahlen gab das Bundeskriminalamt auf APA-Anfrage bekannt. Die meisten entfielen dabei (sowohl absolut als auch pro 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner) auf die Bundeshauptstadt. Dort kam es im vergangenen Jahr zu 4.272 Betretungsverboten bzw. 2,2 Betretungsverboten/1.000 Einwohnerinnen und Einwohner.

Die weiteren Zahlen je Bundesland bewegen sich zwischen 1,2 und 1,7 Betretungsverboten/1.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Dabei bilden Vorarlberg und Tirol die Schlusslichter in der Statistik mit jeweils einem Wert von 1,2. Davor liegen die Steiermark (1,4), Salzburg (1,5), das Burgenland (1,5), Kärnten (1,6), Niederösterreich (1,6) und Oberösterreich (1,7).

Zahl der Betretungsverebote steigt kontinuierlich

Bei Betrachtung der absoluten Zahlen entspricht die Statistik dagegen in etwa der Reihung der neun Bundesländer nach Einwohnerzahlen. Niederösterreich mit 2.784 Betretungsverboten liegt hinter der Bundeshauptstadt, gefolgt von Oberösterreich mit 2.656 Wegweisungen. Dahinter befinden sich die Steiermark (1.715), Tirol (946), Kärnten (933), Salzburg (850), Vorarlberg (503) und das Burgenland (456).

Die Anzahl der Betretungs- und Annäherungsverbote ist österreichweit seit 2020 kontinuierlich gestiegen: So weist der Gewaltschutzbericht des Bundeskriminalamts für das erste Pandemiejahr 11.652 Maßnahmen aus, 2021 stieg die Zahl auf 13.690, 2022 auf 14.643.

„Dringender Handlungsbedarf“ nach Femiziden

Seit Freitag wurden fünf Frauen und ein 13-jähriges Mädchen getötet. Der Frauenring will mit seinen Verbündeten an die Regierung appellieren, Männergewalt an Frauen und Femizide unverzüglich zu stoppen, hieß es in der Aussendung. „Wir fordern daher eine Gesamtstrategie und einen ganzheitlichen Ansatz gegen Gewalt an Frauen und Femizide: Die Regierung, alle Ministerien, Landesregierungen, Städte und Gemeinden müssen gemeinsam wirksame nachhaltige Maßnahmen gegen Gewalt setzen. Jede Frau in Österreich muss sicher leben können“, so Klaudia Frieben, Vorsitzende des Frauenrings.

Gefordert sind laut Frauenring mindestens 250 Millionen Euro jährlich und eine Aufstockung von mehr als 3.000 Vollzeitarbeitsplätze für die Gleichstellung und Gewaltprävention. „Dazu gehört der flächendeckende Ausbau an Primärprävention durch ‚StoP-Stadtteile ohne Partnergewalt‘ in allen Gemeinden und Städten bundesweit“, sagte Maria Rösslhumer, stellvertretende Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings.

Dass die ausgesprochenen Betretungs- und Annäherungsverbote zunehmen, könnte laut ihr auch mit dem Umstand zu tun haben, dass das Angebot für Frauen in Not stetig größer wird und auch die Polizei vermehrt für das Thema sensibilisiert wird. Allerdings: „Die Gewalt wird leider nicht weniger, das zeigt die konstante Mordzahl“, sagte Andrea Brem, Sozialarbeiterin und Leiterin der Wiener Frauenhäuser, dem „Standard“.

„Schreitag“ nach Femiziden

Nach einer Reihe von Femiziden in Österreich hat der Frauenring gemeinsam mit anderen Organisationen zum landesweiten „Schreitag“ gegen Frauenmorde aufgerufen. Der wortwörtliche Aufschrei in Trauerkleidung soll am Freitag auf dem Wiener Minoritenplatz und an anderen Orten in Österreich von 10.00 bis 11.00 Uhr stattfinden, hieß es am Mittwoch. Der Protest soll die Trauer über die getöteten Frauen zum Ausdruck bringen.

„Das Jahr 2024 hat mit sieben brutalen Femiziden begonnen. Seit 2018 sind es somit bereits 144 Femizide. Das ist ein untragbarer Zustand“, so Frieben. Österreich wird von Frauenschutzorganisationen immer wieder als „Land der Femizide“ bezeichnet, das im europäischen Vergleich regelmäßig traurige Spitzenplätze bei Femiziden belegt.

„Dunkelfeld kleiner machen“

Vom Innenministerium hieß es zu diesem Trend, die Zahlen zeigten, dass die Bereitschaft zur Anzeige „hoch“ sei. Ein „deutliches Zeichen, dass man der Polizei vertraut und sich die gefährdeten Personen an uns wenden“, teilte eine Sprecherin des Bundeskriminalamts mit. „Auf diese Weise wird das Dunkelfeld von häuslicher Gewalt kleiner“, ergänzte sie. Für diese Bemühungen sei die Zahl von Betretungsverboten „ein direkter Gradmesser“, sagte zudem ein Ressortsprecher des Ministeriums.

Es wurde erneut darauf verwiesen, dass sich die Fallkonferenzen seit 2020 beinahe verzehnfacht hätten. Des Weiteren wurde betont, dass mit 2021 verpflichtende, mindestens sechsstündige Gewalttrainings für Gefährder und ein Jahr später 2022 obligate Waffenverbote für Gefährder eingeführt wurden. Zudem seien in der Vergangenheit Polizistinnen und Polizisten laufend sensibilisiert und die Anzahl an Präventionsbeamten erhöht worden.

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