Wien Energie Spittelau
ORF.at/Patrick Bauer
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Politik

Wien Energie: RH-Kritik an Risikomanagement

Der Rechnungshof (RH) übt Kritik am Liquiditätsrisikomanagement der Wien Energie. Es gebe „systemische Schwächen“ in der Risikobewertung, -begrenzung, -steuerung und -berichterstattung, zitierte der „Kurier“ aus dem RH-Rohbericht.

Der Rechnungshof hatte am 30. August 2022 die Prüfung der Wien Energie eingeleitet. Anlass war, dass die Wien Energie für den Börsenhandel mit Strom und Gas infolge der Preissprünge hohe Sicherheitsleistungen hinterlegen musste und diese ab dem Sommer 2022 nicht mehr aus eigener Kraft aufbringen konnte.

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte deshalb ab Juli 2022 per Notkompetenz insgesamt 1,4 Mrd. Euro bereitgestellt. Der Liquiditätsengpass und die Notkredite des Bürgermeisters wurden Ende August publik, als auch diese Mittel knapp wurden. In der Folge gewährte der Bund über die Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) weitere zwei Mrd. Euro. Das Wiener Darlehen wurde zurückgezahlt, jenes des Bundes nicht benötigt.

Keine Spekulation, aber viel Kritik

Der Rechnungshof stellte in seinem Bericht fest, dass es keinen Hinweis auf den Abschluss spekulativer Geschäfte gebe. Die Prüfung des Rechnungshofs ergab jedoch „systemische Schwächen“ im Risikomanagement. „So wurde das Liquiditätsrisiko angesichts der hohen Preisvolatilität ungenügend bewertet und nicht begrenzt, obwohl dieses Risiko ab Herbst 2021 laufend anstieg und letztlich eine existenzbedrohende Dimension erreichte“, zitierte der „Kurier“ aus dem Bericht.

Die Geschäftsführung habe ab Frühjahr 2022 keine Handlungsoptionen entwickelt, um das Liquiditätsrisiko des Börsenhandels zu reduzieren und eine breitere Risikostreuung zu erreichen, wurde kritisiert. Der steigende Liquiditätsbedarf wurde zunächst aus dem Cashpool des Mutterkonzerns Wiener Stadtwerke gedeckt. Dafür benötigte es keine Zustimmung des Aufsichtsrats, auch ein Bericht der Geschäftsführung an den Aufsichtsrat blieb aus, hieß es in dem Bericht.

Der Aufsichtsrat „nahm seine Überwachungsfunktion im Hinblick auf das Liquiditätsrisiko nicht umfassend wahr und intensivierte seine Tätigkeit in einer kritischen Phase nicht“, kritisierte der Rechnungshof, der auch an der Zusammensetzung des Aufsichtsrats Kritik übte. Diese sei nach der Nähe zur Stadt Wien und nicht nach fachlichen Kriterien zusammengesetzt, so der RH.

Stadt verteidigt Maßnahmen

Die Stellungnahme des Stadtsenats folgt im Wesentlichen den Argumenten, die bereits in der U-Kommission 2022/23 vorgebracht wurden. Die krisenhafte Entwicklung des Energiemarkts sei nicht vorhersehbar gewesen. Hätte man nicht finanziell unterstützt, wären massive Verluste die Folge gewesen. Die Stadt sah zudem ein gutes Zusammenspiel zwischen Politik, Verwaltung und Beteiligung.

Die Wien Energie hielt in einer Aussendung fest, dass die Umsetzung der Empfehlungen bereits läuft. „Wir haben in der damaligen Situation nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Heute wissen wir aber, dass auch solche Extremereignisse eintreten können. Genau deshalb haben wir unsere Schutzmauern noch höher gebaut. Es ist natürlich in unserem Interesse, uns laufend zu verbessern“, wurde Michael Strebl, Vorsitzender der Wien-Energie-Geschäftsführung, zitiert.

ÖVP sieht „massive Verfehlungen“

Die ÖVP Wien hingegen sieht „massive Verfehlungen“ und einen „gewaltigen SPÖ-Finanzskandal“. Klubobmann Markus Wölbitsch und Finanzsprecher Manfred Juraczka kritisierten, dass „seitens der SPÖ, assistiert von den NEOS, nichts unversucht gelassen wurde, diesen Skandal zu vertuschen“. Weiterhin ausständig seien eine Professionalisierung des Beteiligungsmanagements der Stadt Wien, eine Reform der Bestellung des Aufsichtsrats sowie die Änderung des Geschäftsmodells der Wien Energie.