Lorenz-Böhler Unfallkrankenhaus Traumazentrum Brigittenau
ORF.at/Dominique Hammer
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chronik

Lorenz-Böhler-Schließung „alternativlos“

Das Traumazentrum Wien Brigittenau (Lorenz Böhler) muss wegen Mängeln beim Brandschutz geschlossen werden. Laut AUVA, gibt es keine Alternative. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ist eine ungestörte medizinische Versorgung wichtig.

„Aufgrund der seit Montag vorliegenden neuen behördlichen Festlegungen“ sei eine „Verlagerung des Betriebs im Sinne der Sicherheit von Leib und Leben alternativlos“, so die Allgemeine Unfallversicherungs Anstalt (AUVA) in einer Aussendung am Dienstag. Erst ein am 21. Februar übermitteltes Gutachten der Kern+ Ingenieure ZT GmbH habe das wahre Ausmaß des Brandschutzmangels offengelegt: „Die fundamentalen Mängel sind auf Versäumnisse bei Baumaßnahmen vor über 30 Jahren zurückzuführen“.

Die AUVA versicherte, dass alle geplanten und akuten Operationen sowie notwendige Therapien an alternativen Standorten durchgeführt werden. Dafür stehe etwa das Traumazentrum in Meidling bereit. Es seien auch keine Entlassungen geplant. Die Anstalt bedauerte „ausdrücklich“ diverse Fehlinformationen bedingt durch die „Dynamik der vergangenen Tage“. Künftig werde die Kommunikation aller notwendigen Schritte zeitnah sichergestellt.

Derzeit seien sechs weitere Schritte geplant: Der laufende Betrieb soll sofort abgesichert werden. Letzte offene Fragen zur medizinischen Versorgung im Haus und anderen Standorten würden geklärt und bis Mitte März eine Mittelfristplanung bis Ende 2024 vorliegen. Bis Anfang April soll die Absiedlung beendet sein. Die Wiederaufnahme des Betriebs sei Anfang 2025 geplant. Als sechster und letzter Schritt soll der Standort bis zum Jahr 2030 als Forschungs-, Wirtschafts- und Gesundheitscampus Brigittenau bezogen werden.

Hacker: Weniger Gesundheitsversorgung inakzeptabel

Hacker bestätigte im ORF-Radio, dass die Arbeit an anderen Standorten fortgeführt werde. Dafür stünden OP-Ressourcen und eine gesamte Station im AKH bereit. Die Lorenz-Böhler-Teams sollten nicht zerrissen werden, „sondern wir wollen, dass die gesamte Mannschaft, die den Betrieb jetzt im Lorenz-Böhler-Krankenhaus im stationären Bereich macht, auf die Standorte Meidling und (…) AKH einzieht und dort weiter ihre Aufgabe macht, so wie sie es gewohnt sind im Lorenz-Böhler-Krankenhaus“, so Hacker.

Die Situation sei keine Übung, es müssten dauernd in intensiven Gesprächen etwa rechtliche Probleme gelöst werden. Hacker betonte, dass Absiedlung und Eingliederung an anderen Orten in einer solchen Situation machbar sein müssten, weil es keine Alternativen gebe. Seine Vorgabe sei ganz klar, sagte Hacker: „Wir müssen als Stadt da helfen in der Situation. Denn die Alternative wäre eine Reduktion der Leistungen der Gesundheitsversorgung in Wien. Und das ist inakzeptabel.“

Es sei klar, dass diese Situation für Gesundheitspersonal und Patienten herausfordernd sei. Hacker hoffe nicht zuletzt wegen der guten Gesprächsbasis mit AUVA-Obmann Mario Watz darauf, dass sich die Gesundheitsversorgung in Wien nicht verschlechtere. Es sei die Aufgabe der AUVA, dass sich ihre Mitarbeiter rasch an den neuen Standorten zurechtfinden, etwa bei der Medikamentenbestellung, und dass die Kommunikation mit Patienten funktioniere. Das laufe im Augenblick nicht gut, er habe aber die Zusage, dass sich das rasch verbessern werde.

Feuerwiderstand viel zu gering

„Wir haben einen brandschutztechnischen Mangel (…). Und dieser Mangel ist bei laufendem Betrieb nicht zu sanieren und stellt ein Risiko dar, welches man nicht eingehen kann. Und deshalb ist eine Absicherung erforderlich“, hatte der Gerichtssachverständige Erich Kern zuvor im Ö1-Morgenjournal erklärt. Dieser Mangel war seit etwa der ersten Februar-Woche bekannt, seit einer Woche sei klar, dass dieser Mangel bei laufendem Betrieb nicht behoben werden könne.

Aufgetaucht war das Problem laut den Angaben bereits im vergangenen Sommer, als umfangreiche Umbauten im Spital geplant wurden. Dabei wurde festgestellt, dass der bestehende Feuerwiderstand der Stahlkonstruktion 30 Minuten beträgt. Feuerwehr und Behörden halten aber einen Feuerwiderstand von 90 Minuten für notwendig. Das bedeute, so Kern, dass seit dem Sommer eine Diskrepanz beim Feuerwiderstand zwischen 30 und 90 Minuten bekannt gewesen sei.

Ende Jänner entscheidenden Missstand entdeckt

Ein Schließen des Spitals sei aber damals noch kein Thema gewesen, Die Behörde habe vielmehr ein Sicherheitskonzept verlangt, um diese Diskrepanz auszugleichen. Darin enthalten gewesen seien unter anderem eine Betriebsfeuerwehr sowie ein Nachweis, dass die Evakuierung des Gebäudes innerhalb von 30 Minuten gelinge. Das funktioniere auch, allerdings nur, wenn das Gebäude stehen bleibe, wenn die Stahlkonstruktion versage, so Kern.

Er habe dann im Dezember/Anfang Jänner den Auftrag erhalten, das zu prüfen. „Wir haben den Auftrag bekommen, das statisch, brandschutztechnisch nachzuweisen, und haben bei dieser Gelegenheit dann auch die Brandschutzbeschichtung, die den Brandschutz für die Umsetzung sicherstellen sollte, überprüft. Und bei dieser Überprüfung haben wir festgestellt – das war Ende Jänner/Anfang Februar –, dass die Schichtdicke dieser Brandschutzbeschichtung nicht ausreichend ist“, so Kern.

Dieser Mangel, dass es nicht einmal 30 Minuten Feuerwiderstand gebe, sei also erstmals Anfang Februar entdeckt worden. Dann sei noch versucht worden, diesen Mangel zu kompensieren. Allerdings gelang kein theoretischer Nachweis, dass tatsächlich ein Feuerwiderstand von 30 Minuten im rund 30 Jahre alten Spital gegeben sei. In dem Spital mit rund 120 Betten werden jährlich etwa 65.000 Patienten und Patientinnen versorgt.

Schonfrist von einem Monat

Es blieb schließlich keine andere Wahl als die Räumung des Spitals. Nach Gesprächen mit den Behörden sei eine Schonfrist von einem Monat eingeräumt worden, um eine ordnungsgemäße Absiedlung zu ermöglichen. Für diese Zeit sei auch mit der Stadt vereinbart worden, die Berufsfeuerwehr Wien beim Spital in Bereitschaft zu halten.

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Protestkundgebung wie geplant am Mittwoch

Unabhängig der aktuellen Entwicklung will die Belegschaft am Mittwoch eine Protestkundgebung abhalten. Gefordert wird unter anderem die Einholung eines zweiten Gutachtens. Falls sich das erste Gutachten bestätige, seien längere Übergangsfristen nötig. Es sei zudem auch zu prüfen, ob eine Containerlösung am Standort möglich wäre.