Frau wird von Polizistinnen und Anwalt in Gerichtssaal geführt
ORF Wien
ORF Wien
Gericht

Erstes Urteil nach Kindesentziehung

Jene 38-jährige Frau, die ihre vierjährige Tochter über Monate hinweg der Kinder- und Jugendhilfe entzogen haben soll, ist heute in Wien zu 18 Monaten Haft verurteilt worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Frau wurde Kindesentziehung und Gefährdung der körperlichen Sicherheit vorgeworfen. Sie soll ihr Kind an Leintüchern abgeseilt haben, um es nicht den Behörden übergeben zu müssen. Das Abseilen, zu dem die 38-Jährige laut ihrem Verteidiger nicht geständig ist („Das hat sie nicht begangen“), wird zu einem späteren Zeitpunkt separat verhandelt.

Zur Kindesentziehung war die Frau geständig. Sie habe nicht verstanden, weshalb ihr die Kinder weggenommen wurden, behauptete die Mutter: „Sie (MA 11, Anm.) haben mich gezwungen zu unterschreiben.“ Danach hätten ihr ihre Kinder bei einem Besuch von Misshandlungen im Krisenzentrum berichtet. Ihre jüngste Tochter habe zu weinen begonnen: „Sie hat sich auf den Boden geschmissen und geschrien. Sie hat ein Trauma. Ich konnte sie nicht zurückgeben. Das war so ein Schmerz.“ „Sie war in Sorge“, betonte Verteidiger Salzborn, „es geht da nicht um eine hohe kriminelle Energie.“

Erstes Urteil nach Kindesentziehung

Jene 38-jährige Frau, die ihre vierjährige Tochter über Monate hinweg der Kinder- und Jugendhilfe entzogen haben soll, ist heute in Wien zu 18 Monaten Haft verurteilt worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

„Keine Haftgründe mehr“

Bei einer Strafdrohung von bis zu drei Jahren fasste die einschlägig Vorbestrafte 18 Monate aus, wobei nur zwei Monate unbedingt ausgesprochen wurden. Den Rest bekam die 38-Jährige bedingt nachgesehen. Die aus der Vorverurteilung resultierende offene neunmonatige Vorstrafe wurde der Frau nicht widerrufen, die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

Den unbedingten Strafteil aus der nunmehrigen Verurteilung muss die Frau auch nicht bis zum 15. April absitzen – die U-Haft wurde Montagmittag in nicht öffentlicher Verhandlung aufgehoben, wie der Verteidiger danach Medienvertreterinnen und -vertretern darlegte. „Das Gericht hat meinem Antrag stattgegeben. Es liegen keine Haftgründe mehr vor“, sagte Salzborn. Die Frau wurde unmittelbar danach – sehr zur Freude ihrer im Grauen Haus anwesenden Angehörigen und Freunde – enthaftet.

Überforderung und Vernachlässigung

Der dreifachen Mutter war am 8. Mai 2023 das Sorgerecht für ihre Kinder vorläufig entzogen worden. Ihre Kinder sollen aufgrund der Überforderung der allein erziehenden Mutter keinen strukturierten Tagesablauf und kein kindgerechtes adäquates Zuhause gehabt haben. Zudem hatten sie nur unregelmäßig die Schule besucht und wirkten teilweise ungepflegt und vernachlässigt. Den Behörden lagen auch mehrere Gefährdungsanzeigen vor.

Die Kinder wurden in ein Krisenzentrum gebracht. Unmittelbar danach tauchte die Mutter mit der jüngsten Tochter nach einem Tagesbesuch unter. Die beiden Älteren liefen wiederum weg, vermutlich gleich zur Mutter. Schließlich suchte die Polizei nach den verschwundenen Kindern. Mitte Februar wurden die 13-Jährige und der Elfjährige in der Wohnung in Döbling angetroffen, die die Mutter erst geöffnet hatte, nachdem Wega-Beamte angedroht hatten, sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen.