Universität Wien
Alex Schuppich
Alex Schuppich
Bildung

Unis passen wegen KI Abschlussarbeiten an

Programme wie ChatGPT, durch die auch Laien schnell und einfach maßgeschneiderte Texte formulieren lassen können, sorgen für Änderungen bei den Abschlussarbeiten an den Hochschulen. An Unis und Fachhochschulen soll künftig weniger das schriftliche Endprodukt, sondern der Forschungs- und Schreibprozess im Zentrum stehen.

Schon in den vergangenen Jahren hätten die Unis verstärkt Aufmerksamkeit auf den Schreibprozess gelegt, betonte Christa Schnabl, Vizerektorin der Universität Wien und Vorsitzende des Forums Lehre in der Universitätenkonferenz (uniko). Immerhin sei KI weder in der Lehre noch in der Forschung neu. Der neue Hype um Programme wie ChatGPT verstärke nun weiter die Entwicklung, dass der Gesamtprozess (also etwa das Finden der Themenstellung, Recherche, Präsentation der Ergebnisse) mehr in den Blick genommen wird. „Insgesamt ist das eine positive Entwicklung“, befand Schnabl.

Auch an den FHs werden der Begleitprozess zum Schreiben und die Reflexion in der Gruppe über das, was geschrieben wird, „viel wichtiger“, so die Erwartung von Andreas Breinbauer, Rektor der FH des BFI Wien und Sprecher des Ausschusses Lehre in der Fachhochschulkonferenz (FHK). Die Verteidigung der Bachelor- und Masterarbeiten werde wohl ebenfalls intensiviert und ausgebaut, um ein Vortäuschen wissenschaftlicher Leistungen schwerer zu machen, so Breinbauer. „Der springende Punkt ist die Eigenständigkeit der Arbeit.“

Keine reine Literaturarbeit mehr

Auch die Themenstellung werde sich an den FHs ändern müssen, eine reine Literaturarbeit werde es eher nicht mehr geben. „Das ist sinnlos, das kann die KI besser.“ Stattdessen werde es mehr in Richtung Problemstellungen, Anwendungen und eigene Fallstudien gehen – wobei Breinbauer auch hier mittelfristig Probleme durch die KI kommen sieht. Denn auch Daten und Interviews könne man fälschen – und das herauszufiltern werde „sehr, sehr schwierig“.

Schon jetzt sei die Herausforderung groß, denn anders als bei Software zur Erkennung von Plagiaten stoße die KI-Detektionssoftware rasch an ihre Grenzen. An seiner FH werde trotzdem ein solches Programm eingesetzt – „auch um zu signalisieren, dass wir uns das anschauen“. Ähnliche Pläne gebe es auch an den anderen FHs.

Uni-Wien-Vizerektorin Schnabl ist hier reservierter, immerhin seien die Instrumente für die Generierung der Texte über KI dieselben wie die zur Detektion eingesetzten. „Das ist ein Zirkel, in den man sich da hineinbegibt.“ Entscheidend werde ohnehin sein, dass die Lehrpersonen aufgrund ihrer Erfahrungen in der Lehrveranstaltung oder bei Prüfungen einschätzen, ob die abgegebene Arbeit eine eigenständige Leistung ist. Bei Zweifeln kann bei Bachelorarbeiten neben Diskussion in der begleitenden Lehrveranstaltung noch eine Präsentation verlangt werden. Ab der Masterarbeit ist eine Defensio ohnehin Pflicht.

KI wird aktiv genutzt

An den FHs ist bereits beim Bachelor standardmäßig eine Präsentation vorgesehen. Wie Abschlussarbeiten konkret an die neuen Herausforderungen durch KI angepasst werden können, sieht man etwa im Studienbereich Management und Entrepreneurship an der FH Wien der Wirtschaftskammer Wien (WKW): Dort muss zwar weiterhin jeder und jede Studierende eine eigenständige Bachelorarbeit verfassen. Ab dem kommenden Studienjahr wird aber am Ende auf dem Beurteilungssheet neben der Arbeit selbst auch der Erstellungsprozess stärker einfließen.

Die Entwicklung der Bachelorarbeiten wird dafür noch stärker in kleinere Aufgaben aufgeteilt, z. B. Tests für Theorieeinheiten oder Entwicklung von Konzepten und Fragestellungen, die dann in der Gruppe präsentiert und diskutiert werden. Der KI werde dabei „nicht ausgewichen“, betonte FH-Rektorin Beate Huber in einer schriftlichen Stellungnahme. Sie werde vielmehr in gewissen Phasen der Entwicklung der Arbeit aktiv genutzt – „jedoch immer in kontrollierter Art und Weise und kritisch reflektiert“. Der Einsatz müsse außerdem nach den Grundsätzen guter wissenschaftlicher Praxis offengelegt und kritisch hinterfragt werden.

Eine Diskussion, schriftliche Abschlussarbeiten wegen der neuen Herausforderungen durch KI-Programme komplett abzuschaffen, gibt es an den Hochschulen zumindest derzeit noch nicht. Stattdessen setzen die FHs laut Breinbauer auf Regelungen für den KI-Einsatz auch mit Blick auf Herausforderungen wie Urheberrecht, Datenschutz, Verzerrungen bei Gender und Diversität und gleichberechtigtem Zugang zur neuen Technologie (Stichwort: kostenlose- und Bezahlvariante). Diese würden ständig verfeinert. Die Uni Wien hat sich ebenfalls umfangreiche Guidelines für den Umgang mit KI in der Lehre gegeben, auch auf den Websites anderer Universitäten findet man Handreichungen zum Thema.

Umgang mit KI als „Schlüsselkompetenz“

In erster Linie geht es darin auch darum, wie man künstliche Intelligenz sinnvoll und verantwortungsbewusst nutzen kann. Immerhin seien Umgang und Verwendung von KI zu einer Schlüsselkompetenz geworden, und man wolle die Studierenden optimal auf ihr Berufsleben vorbereiten, betonte Breinbauer. Die künstliche Intelligenz könne Lehrenden und Studierenden immerhin viel Arbeit abnehmen, etwa durch Strukturierung von Daten oder das Erstellen von Grafiken.

An den Unis werde es vom jeweiligen Fach abhängen, welche Art von KI-Einsatz jeweils als legitim angesehen wird und wie intensiv die Programme dann auch in der Lehre zum Einsatz kommen, so Vizerektorin Schnabl. Fest stehe aber: „Es ist unsere Aufgabe als Universität, einen konstruktiv-kritischen Umgang damit einzuüben.“ Das sei auch grosso modo die Linie der anderen Universitäten.