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Zu Unrecht angeklagt: 31-Jähriger frei

Am Landesgericht Wien ist ein Mann freigesprochen worden, der laut Anklage vier Kilogramm Kokain verkauft haben soll. Die Anklage wurde nach der Aussage des einzigen Belastungszeugen fallen gelassen. Der 31-Jährige saß zwei Monate zu Unrecht in U-Haft.

Wenige Tage nach der Geburt seines Sohnes im vergangenen Jänner nahm die Polizei den Mann als vermeintlichen Drogenverkäufer fest. Weil ihm die Staatsanwaltschaft vorwarf, von Juni 2021 bis Jänner 2023 insgesamt vier Kilogramm Kokain verkauft zu haben, stand er nun vor Gericht. Die Verhandlung endete mit einem rechtskräftigen Freispruch. Der Mann wurde nach zweimonatiger U-Haft auf freien Fuß gesetzt.

Anklage nur aufgrund eines Belastungszeugen

Für Verteidiger Philipp Wolm war es nicht nachvollziehbar, dass die Staatsanwaltschaft in diesem Fall überhaupt Anklage erhoben und seinen Mandanten einsperren hatte lassen. Die Anschuldigungen würden ausschließlich auf den Angaben eines Mannes fußen, der seinem Mandanten ein sexuelles Verhältnis mit seiner Partnerin unterstellt habe.

Dieser Mann habe seinen Mandanten aus Eifersucht sogar niedergestochen, so Wolm. Der entsprechende Prozess endete im Vorjahr mit einer Verurteilung zu mehrjähriger Haft. Dessen ungeachtet griff die Staatsanwaltschaft die Drogenvorwürfe gegen den Niedergestochenen auf, „obwohl es keine sonstigen Beweismittel außer den belastenden Angaben dieses einen Zeugen gegeben hat“, wie Wolm nun vor einem Schöffensenat anmerkte.

Anwalt fordert Haftentschädigung

Der Belastungszeuge hinterließ vor Gericht insofern einen fragwürdigen Eindruck, als er sich in Widersprüche verwickelte und „an sich nicht überzeugend war. Auf so einem Zeugen kann man keine Verurteilung aufbauen“, wie der vorsitzende Richter im Anschluss anmerkte. Man habe auch „die Aggression des Zeugen gegen den Angeklagten gespürt“, meinte der Richter in der Begründung der Senatsentscheidung. Insgesamt gebe es „genug Motive, die dafür sprechen, dass er den Angeklagten zu Unrecht belastet hat“.

Nach dem rechtskräftigen Freispruch will der Rechtsvertreter des 31-Jährigen Haftentschädigung geltend machen. Dieser habe die ersten Wochen des neugeborenen Babys zu Hause verpasst und diese Zeit stattdessen in einer Zelle in der Justizanstalt Josefstadt verbracht, betonte Wolm.