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Gericht

Schutzgeld erpresst: Teenie-Bande angeklagt

Die Staatsanwaltschaft Wien hat eine Anklage gegen eine jugendliche Schutzgeld-Erpresserbande eingebracht, die im vergangenen September drei Brandanschläge auf ein Geschäftslokal in Meidling verübt haben soll. Die Staatsanwaltschaft ortet generell mehr schwere Gewalt bei der Jugendkriminalität.

Die bisherige Anklageschrift umfasst mehr als 130 Seiten. Vor Gericht werden sich zehn Beschuldigte im Alter zwischen 14 und 21 Jahren verantworten müssen. Von ihnen befinden sich sechs in U-Haft. Als Hauptangeklagte gelten ein im Tatzeitpunkt 16-Jähriger und ein junger Erwachsener, der sich im Ermittlungsverfahren teilweise schuldig bekannt hat. Der 16-Jährige hat bisher von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Vorgeworfen wird der Bande versuchte Brandstiftung, schwere Erpressung, versuchte absichtlich schwere Körperverletzung, kriminelle Vereinigung und verbrecherisches Komplott. Auch schwerer Raub ist inkriminiert, wobei Macheten und Messer als Tatwaffen verwendet wurden – mehr dazu in Bande wollte Schutzgeld von Handyshop.

Kugelbomben in Tschechien gekauft

Der mutmaßliche Kopf der Bande – er ist mittlerweile 17 – soll in Tschechien verbotene Kugelbomben gekauft haben und mit diesen zusammen mit einem Komplizen im Kinderzimmer und später in den Räumlichkeiten einer Moschee hantiert haben. Aus ausgewerteten Chats geht hervor, dass die Bande auch zwei AK-47-Sturmgewehre besessen haben dürfte. Von der Polizei konnte allerdings nur ein funktionsfähiges Sturmgewehr sichergestellt werden.

Seit September 2023 hatten die Angeklagten einen Handyshop-Besitzer in der Steinbauergasse terrorisiert, indem sie ihm zunächst einen Molotowcocktail ins Geschäft warfen. In weiterer Folge überfielen sie das Geschäft und operierten mit Böllern, um ihre finanzielle Forderung zu untermauern. Der Geschäftsmann sollte ihnen 25.000 Euro zahlen, um wieder seine Ruhe zu haben. Der Mann ging allerdings stattdessen zur Polizei.

Wann gegen die zehn Angeklagten verhandelt wird, ist noch offen. Die Verteidiger haben 14 Tage Zeit, um gegen die Anklage eine Beschwerde einzubringen, mit der sich dann das Wiener Oberlandesgericht (OLG) auseinander setzen müsste.

Mehr Raub und schwere Gewalt bei Jugendlichen

„Im Bereich der Jugendkriminalität beobachten wir seit einiger Zeit, dass Raub, Erpressung, schwere Gewaltdelikte zunehmen. Die Gewaltbereitschaft ist in diesem Bereich gestiegen. Während wir früher vor allem minderschwere Raube hatten, sind es nun oft Raubüberfälle mit Waffen und in organisierter Form“, sagte die Behördenleiterin Michaela Obenaus bei einem Hintergrundgespräch.

Gegen einen 17-Jährigen ermittelt die Staatsanwaltschaft sogar wegen Doppelmordes. Er soll im vergangenen Sommer in Wien zwei wohnungslose Männer mit einem Messer getötet und eine Frau ohne feste Unterkunft schwer verletzt haben. „Dazu sind die eigentlichen Ermittlungen abgeschlossen“, teilte Mediensprecherin Nina Bussek mit. Man warte jetzt noch auf zwei Gutachten – zum einen auf die Expertise einer Kinder- und Jugendpsychiaterin zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten, zum anderen auf eine weitere Expertise zur Gefährlichkeitsprognose, die separat beurteilt wird. „Beide Gutachten werden bis Ende Mai erwartet“, erklärte Bussek.

Zunahme auch bei Cybercrime

Auch unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen gebe es immer mehr Vergehen und Verbrechen im digitalen Raum. Die Staatsanwaltschaft Wien trägt diesem Trend mit 13 ausschließlich auf Jugendkriminalität spezialisierten Staatsanwältinnen und Staatsanwälten Rechnung, die auch Präventionsarbeit und Bewusstseinsbildung leisten. Monatlich nehmen die Anklagevertreterinnen und -vertreter an Workshops in Schulen teil und stehen für Fragen zu Cyber-Mobbing, körperlicher bzw. sexueller Gewalt und anderen Themen zur Verfügung.