Seziertisch in der Gerichtsmedizin Innsbruck
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Chronik

Personalmangel in Wiener Gerichtsmedizin

Es gibt einen Mangel bei gerichtsmedizinischen Gutachterinnen und Gutachtern für Strafprozesse. Mit dieser Aussage ließ die Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien kürzlich aufhorchen. Das Problem sei jedoch schon seit Jahren bekannt.

Zur Behebung des Problems brauche es zusätzliche Planposten und dementsprechend ein höheres Budget. In Ostösterreich sei das Problem besonders dramatisch. Rechtsmediziner Christian Reiter erklärt: „Weil es hier eine sanduhrartige Ausbildungslücke über zwei Jahrzehnte gegeben hat, sodass es eigentlich lange Zeit keinen Nachwuchs gegeben hat.“ Der Mangel an Sachverständigen mache sich jetzt bemerkbar.

Hintergrund ist außerdem, dass die Lohnkosten für Gerichtsmediziner, für Obduktionsassistenten und Laboranten nicht vollständig von der Justiz über das Gebührenanspruchsgesetz abgedeckt waren. Nachdem die Universitäten angehalten sind, wirtschaftlich zu arbeiten, seien Ausbildungen zu kurz gekommen. Ein Obduktionsassistent koste ein Drittel mehr, als die Justiz dafür einplane. Mehrkosten, die von den Universitäten gedeckt werden mussten.

„Justiz muss Beitrag leisten“

Das habe dazu geführt, „dass Rektoren gesagt haben: Dann reduzieren wir den Betrieb auf gerichtsmedizinischen Instituten, so dass man uns zwar nicht nachsagen kann, wir sperren zu, aber dass Gerichtsmedizin als Fach im Rahmen des Medizinstudiums nicht mehr aufscheint“, so Reiter.

Wolle die Justiz in Zukunft wieder mehr Gerichtsmediziner, müsse diese auch ihren Beitrag leisten. Derzeit sei die Gerichtsmedizin für ein Doktorat der Medizinstudierenden nicht erforderlich. „Und daher braucht man kein gerichtsmedizinisches Institut, um Medizinstudenten auszubilden.“

Interesse bei Studierenden gegeben

In den nächsten Jahren stünden Pensionierungen an, die den Personalmangel zusätzlich befeuern. Rechtsmediziner Reiter erläutert: „Ich stelle mir vor, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren auf der Wiener Gerichtsmedizin vier bis fünf neue Fachärzte notwendig sein werden.“ Damit könne Wien, Niederösterreich und das nördliche Burgenland abgedeckt werden.

Das Interesse an der Gerichtsmedizin bei der Medizin-Studierenden sei gegeben. „Aber es bedarf für die Ausbildung eines Facharztes für Gerichtsmedizin einen gewidmeten Ausbildungsplatz. Der muss auch finanziert werden und daran hapert es“, fasst Reiter abschließend zusammen.