Die Hand eines Pneumologen (Lungenheilkundlers) zeigt auf ein Röntgenbild einer mit Krebs befallenen Lunge.
APA/dpa/Felix Hörhager
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Wissenschaft

Lungenkrebs: Lehren durch Wiener Forscher

Bei Erkrankten mit einer speziellen Form von Lungenkrebs verringert eine zielgerichtete medikamentöse Behandlung nach der Operation im Vergleich zu Chemotherapie das Rückfallrisiko stark. Das zeigt eine neue Studie mit Wiener Beteiligung.

Pro Jahr erkranken in Österreich rund 5.000 Menschen an einem Lungenkarzinom. Etwa 4.000 Patienten sterben jährlich an Lungenkrebs. Seit einigen Jahren bringen zielgerichtete Therapien gegen „Treiber-Mutationen“ und die moderne Immuntherapie deutliche Fortschritte. Die jetzt im weltweit angesehenen „New England Journal of Medicine“ publizierte Studie betrifft eine dieser zielgerichteten Therapien für Patienten in relativ frühen Stadien, bei denen der Tumor per Operation entfernt werden kann.

ALK-positives Lungenkarzinom trifft meist Nichtraucher

Ursprünglich begann man die Therapien bei Patientinnen und Patienten mit bereits inoperablen Karzinomen. Mittlerweile wird bereits in früheren Krankheitsstadien und vor einem chirurgischen Eingriff therapiert. In der neuen Studie widmeten sich die Wissenschaftler Patienten mit einem sogenannten ALK-positiven Lungenkarzinom.

Maximilian Hochmair, Pneumologe und Lungenkrebsspezialist des Karl Landsteiner Instituts für Lungenforschung und pneumologische Onkologie an der Klinik Floridsdorf und Co-Autor der internationalen Studie erklärte: „Kranke mit einem ALK-positiven Lungenkarzinom haben zumeist nie geraucht. Sie sind im Durchschnitt 45 bis 50 Jahre alt und verstehen buchstäblich die Welt nicht mehr, wenn sie mit dieser Diagnose konfrontiert werden.“

Todesrate deutlich zurückgegangen

Das betreffe in Österreich zwischen zwei und drei Prozent der Lungenkrebskranken. Die meisten Erkrankten seien deutlich älter und – anders als die ALK-Betroffenen – Raucher oder Ex-Raucher. Chemotherapie helfe bei jenen mit einem ALK-positiven Lungenkarzinom nicht im Ausmaß der neuen Behandlungsmethode. „Wir wollten in der Studie wissen, ob das auch bei Erkrankten der Fall ist, bei denen ein ALK-positives Karzinom in einem relativ frühen Stadium erkannt und erfolgreich operiert werden konnte“, sagte der Pneumologe.

Bisher war die Todesrate für solche Patientinnen und Patienten innerhalb von fünf Jahren hoch, je nach Erkrankungsfortschritt bei bis zu 76 Prozent. Ein Vergleich zwischen der Chemotherapie und der Medikation mittels ALK-Inhibitor zeigte: „Der Prozentsatz der Patienten am Leben und ohne Rückfall betrug nach zwei Jahren in der Gruppe mit Alectinib 93,8 Prozent, in der Chemotherapie-Gruppe hingegen 63 Prozent“, heißt es in der Publikation. „Das bedeutet, dass wir Patienten eben das Rutschen in Stadium vier deutlich verzögern konnten oder auch Patienten in der Situation heilen konnten. Und das ist erstaunlich“, so Hochmair gegenüber Radio Wien.

Einsatz bereits in der Praxis

Die Todesrate ging folglich deutlich zurück, auch Gehirnmetastasen traten deutlich seltener auf. Vorteilhaft an der neuen Behandlungsmethode: Nebenwirkungen, wie sie bei Chemotherapien mit Cisplatin auftreten, seien in ihrer Schwere verringert.

Man kenne jetzt fast 50 unterschiedliche Lungenkrebsarten, die individuell behandelt werden müssen. „Das Tolle ist, dass wir in dieser systemischen Therapie viel besser geworden sind. Und für die Patienten, die diese Mutation haben, die operiert werden, ist das eine maximale Sensation.“ Diese gezielte Therapie werde bereits auch abseits der Studie in der Praxis eingesetzt.