Anwalt Alfred J. Noll, „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk und Anwalt Peter Zöchbauer am Montag, 15. April 2024, anl. der Verhandlung gegen Felix Baumgartner wegen Paragraf 6 Mediengesetz (Tatbestand der üblen Nachrede, der Beschimpfung, der Verspottung oder der Verleumdung) am Landesgericht in Wien.
APA/Helmut Fohringer
APA/Helmut Fohringer
GERICHT

Prozess: Schuldspruch für Baumgartner

Extremsportler Felix Baumgartner ist am Montag am Wiener Straflandesgericht wegen übler Nachrede schuldig gesprochen worden. Der 54-Jährige hatte „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk in sozialen Netzwerken als „festen Trottel“ und „pharmaHure“ bezeichnet.

Baumgartner muss jetzt 5.000 Euro Entschädigung zahlen, das Urteil veröffentlichen und das ursprüngliche Posting löschen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Klenk teilte Ende des Vorjahres in sozialen Netzwerken mit, dass er zum zweiten Mal Covid durchmache. „Auch weil ich fünfmal geimpft bin, verläuft es moderat, aber dennoch ist es anstrengend“, hielt er fest und appellierte, den Ärzten und nicht „den Scharlatanen“ Glauben zu schenken.

Baumgartner entdeckte das Posting Ende Jänner und teilte seiner 1,2 Millionen Personen zählenden Followerschaft mit: „Da musst du schon ein fester Trottel sein, wenn du fünf Mal (!) geimpft bist, immer wieder Corona kriegst und dann noch die Impfung verteidigst.“ Als Hashtag fügte er unter anderem „pharmaHure“ an. Der Anwalt von Klenk, Alfred Noll, sprach in der Verhandlung am Montag von einer „zusehenden Verrohung“ in sozialen Netzwerken und einer „unentwegten Lust, andere Leute persönlich herabzusetzen“.

Zeichen gegen Hass im Netz

Man wolle ein öffentliches Zeichen dagegen setzen und dem Hass im Netz einen Riegel vorschieben. Klenk habe Baumgartner zuvor in keiner Weise behelligt, die Beleidigung sei aus heiterem Himmel erfolgt. Wenn einem der meistausgezeichneten Journalisten des Landes vorgeworfen werde, dass er sich von der Pharmaindustrie für seine Postings bezahlen lasse, sei das ein klarer Fall der üblen Nachrede, meinte Noll.

Baumgartner selbst erschien nicht vor Gericht. Er ließ sich von Anwalt Peter Zöchbauer vertreten. Dieser meinte, dass Klenk in sozialen Netzwerken selbst gerne austeile. Zudem sei der Begriff „Pharmahure“ – der zugegeben „nicht die feinste Klinge“ sei – nicht so zu verstehen, dass man für etwas bezahlt werde, sondern sich für etwas einsetze.

Laut Gericht ist spürbare Geldbuße notwendig

Der Richter folgte dieser Argumentation nicht. Er verurteilte Baumgartner wegen übler Nachrede zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von 5.000 Euro. „Trottel“ sei eine Beleidigung und „Pharmahure“ so zu verstehen, dass man gegen Entgelt für die Pharmaindustrie tätig sei und seine journalistische Arbeit beeinflussen lasse. Die hohe Zahl von Baumgartners Follower mache eine „spürbare Geldbuße“ erforderlich.

Da der Anwalt von Baumgartner keine Erklärung abgab, ist das Urteil nicht rechtskräftig. Klenk verzichtete auf Rechtsmittel und zeigte sich im Anschluss mit dem Urteil „zufrieden“. Es sei ein Zeichen gesetzt worden, dass man im Internet nicht einfach so Leute beschimpfen dürfe. Er selbst wolle sich nicht bereichern und werde die Entschädigung an das mobile Kinderhospiz Momo überweisen.

Klage oder Geldüberweisung ans Kinderhospiz

Klenk klagte nicht nur Baumgartner wegen übler Nachrede, sondern forderte auch all jene Personen, die Baumgartners Beitrag in sozialen Netzwerken geteilt hatten, auf, 500 Euro an das Kinderhospiz Momo zu überweisen. Andernfalls werde er auch sie klagen, ließ er wissen. Eine Person habe den Betrag überwiesen, und viele andere hätten sich bei ihm entschuldigt, so Klenk. Da er kein „Prozesshansl“ sei, belasse er es dabei. Laut Anwalt Zöchbauer spendete Baumgartner ebenfalls 5.000 Euro an Momo.

Baumgartner fiel nicht nur mit seinem vor Jahren absolvierten Stratosphärensprung auf, sondern auch wiederholt mit Postings in sozialen Netzwerken. Zuletzt beleidigte er den ORF-Wetterexperten Marcus Wadsak, der die Häufung extremer Wetterereignisse als eindeutig menschengemacht bezeichnete und damit den allergrößten Teil der Wissenschaft hinter sich weiß, als „Clown“. Baumgartner schrieb von einer „Klima-Lüge“ und zog Parallelen zur CoV-Pandemie.

„Es gibt viele Narren da draußen, die glauben was Politiker, Medien und drittfinanzierte Wissenschaftler sagen“, schrieb Baumgartner. Der ORF teilte mit, dass divergierende Meinungen selbstverständlich zu respektieren seien. „Allerdings wird dann eine rote Linie überschritten, wenn Menschen dabei beleidigt und verunglimpft werden“, so der ORF.