Fachhochschule, Studierende, Hörsaal
ORF/Nina Pöchhacker
ORF/Nina Pöchhacker
Bildung

Strenge Auslese an Fachhochschulen

Derzeit laufen die Bewerbungsfristen an den Wiener Fachhochschulen. Da das Platzangebot begrenzt ist, sind die Aufnahmeverfahren echte Hürden. An der FH Campus Wien werden je nach Studiengang bis zu sechs von sieben Bewerbungen abgelehnt.

Für Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen steht derzeit nicht nur das Lernen für die Matura am Plan. Zusätzlich müssen sich viele bereits auf den Eintritt ins Studium vorbereiten. Als bekanntestes Beispiel findet im Juli der Medizin-Aufnahme-Test (MedAT) statt, bei dem heuer wieder tausende Menschen teilnehmen werden. Doch auch wer auf einer Fachhochschule (FH) studieren will, steckt vermutlich gerade im Bewerbungsstress. Denn im Gegensatz zur Uni Wien muss an allen FH-Lehrgängen in Wien ein Aufnahmeverfahren durchlaufen werden. Das kann je nach Hochschule unterschiedlich aussehen.

Körperliche Eignung und Lernverhalten als Teil des Tests

Die meisten FHs setzen auf einen Aufnahmetest, da gibt es primär Prüfungen zu Textverständnis, logischem Denken, Mathematik- und Englischskills. Auch studiengangspezifisches Wissen kann je nach FH abgefragt werden. Auf der FH Technikum stehen zusätzlich Fragen zum Durchhaltevermögen sowie dem Lernverhalten am Plan.

Für einige Studienrichtungen gibt es sogar mehrstufige Prozesse. So muss am FH Campus Wien nach dem Aufnahmetest generell ein Bewerbungsgespräch durchlaufen werden. Bei Einzelfällen wie dem Studiengang Physiotherapie ist danach noch ein praktischer Berufseignungstest notwendig, bei dem unter anderem körperliche Voraussetzungen geprüft werden.

Beim Journalismus-Studium auf der FH der Wirtschaftskammer Wien (WKW) folgt nach dem allgemeinen Aufnahmetest noch ein dreiteiliges Assessment Center. Die strenge Auswahl wird mit der geringen Zahl von nur 34 Vollzeit-Studienplätzen für diesen Bachelorstudiengang begründet.

Gesundheitsberufe im Vormarsch

Eine limitierte Anzahl an Plätzen sowie die hohe Beliebtheit gewisser Studiengänge sind meistens der Grund für die starken Reglementierungen. „Zu den Spitzenreitern bei den Bewerbungszahlen zählen etwa Gesundheits- und Krankenpflege oder auch Angebote im Bereich Applied Life Sciences. Ebenso sind zukunftsweisende technische Bachelorstudiengänge im Bereich der Informationstechnologien aktuell sehr gefragt“, so Heimo Sandtner, Rektor der FH Campus Wien. In Zahlen heißt das etwa: Nur eine/r von sechs Bewerberinnen und Bewerbern wird beim Studiengang als Hebamme angenommen.

Bei Physiotherapie, dem beliebtesten Studiengang der FH Campus, ist das Verhältnis sogar nur 1:7. Für das letzte Studienjahr haben sich 1.339 Personen beworben, es gab aber insgesamt nur 185 freie Studienplätze. Auch mit Blick auf die heurigen Bewerberzahlen erkennt die FH einen Anstieg an Bewerbungen in allen angebotenen Disziplinen. Besonders bei den Gesundheitsberufen könnte es einen hohen Andrang geben, da etwa Physiotherapie oder Ergotherapie nicht nur als Vollzeit-, sondern auch als berufsbegleitendes Studium angeboten werden, so die FH Campus.

Bewerbungs-Boom während Pandemie

Bei der FH der WKW sind die Bewerberzahlen ebenfalls hoch, doch einen richtigen Boom habe es während der Pandemie gegeben, so Rektorin Beate Huber: „Die beiden Corona-Jahre 2020 und 2021 sind mit besonders vielen Bewerbungen herausgestochen. Danach haben sich die Bewerbungszahlen wieder jenen vor Corona angenähert, sie sind aber auf einem höheren Niveau geblieben als vor der Pandemie.“ Bei den beliebtesten Studiengängen Marketing & Sales sowie Kommunikationswirtschaft habe es im letzten Jahr jeweils rund 600 Bewerbungen gegeben. Zum Vergleich: Bei beiden Studienrichtungen sind heuer jeweils 68 Studienplätze frei.

Allgemein würden sich rund fünfmal so viele Personen auf der FH der WKW für ein Bachelorstudium bewerben, als es freie Plätze gibt. Allerdings sind nicht alle Bewerberinnen und Bewerber bereit, den Studienplatz tatsächlich anzunehmen, man werde auch mit Absagen konfrontiert, so Rektorin Huber: „Ein Grund für die Nichtannahme von Studienplätzen liegt darin, dass sich zahlreiche Bewerberinnen und Bewerber an mehreren Hochschulen bewerben. Wenn sie dann zwei oder mehr Zusagen bekommen, können sie nur einen Studienplatz annehmen.“

1.000 Personen abgelehnt

Zu internen Absagen kann es auch kommen, wenn die Möglichkeit besteht, sich für mehrere Studienrichtungen an einer FH gleichzeitig zu bewerben. Bei der FH Technikum sind etwa bis zu drei Bewerbungen pro Person möglich, so ergibt sich eine Gesamtzahl von 7.800 qualifizierten Bewerbungen im letzten Jahr. Das sind dennoch 800 Bewerbungen mehr als 2022/23. Auch heuer erwartet die FH Zahlen auf einem ähnlichen Niveau zum Vorjahr.

Als „qualifiziert“ wird eine Bewerbung bezeichnet, wenn die Bewerberinnen und Bewerber die nötigen Zugangsvorraussetzungen erfüllen (z.B. Matura) und somit zum Aufnahmetest antreten dürfen.

Die beliebtesten Bachelorstudiengänge auf der FH Technikum sind Informatik und Wirtschaftsinformatik. Bei ersterem habe man letztes Jahr mehr als 1.300 Bewerbungen auf 237 Plätze erhalten, bei zweiterem 1.000 zu 142 Plätzen. Auf Menschen gerechnet, habe man im letzten Jahr insgesamt rund 1.000 qualifizierte Personen ablehnen müssen, so die FH Technikum.

Bewerbungsfristen teils noch offen

Auch die FH des BFI kann nicht jeden Bewerber und jede Bewerberin aufnehmen, hier herrschte die letzten Jahre ein ungefähr gleichbleibendes Verhältnis von einer aufgenommenen Person zu 3,5 Bewerbungen. Allerdings kommt es auch auf dieser FH zu internen Mehrfachbewerbungen, die in das Ergebnis miteinspielen. Für das heurige Studienjahr ist die FH des BFI optimistisch: Die Bewerbungsphase läuft noch bis Mitte Mai, dennoch seien bereits 35 Prozent mehr Bewerbungen eingetroffen, als es zur selben Zeit im Vorjahr der Fall gewesen sei. Als Grund für den Anstieg sieht die FH ein Interesse an dem Mix aus Digitalisierung und Nachhaltigkeit, die ihre Studiengänge vermitteln sollen.

Insgesamt ist es derzeit noch möglich, sich auf den meisten FHs, abgesehen von der FH der WKW, zu bewerben. Die Fristen können sich je nach Studiengang unterscheiden. Spätestens im September und nach bestandenem Auswahlverfahren zeigt sich dann, wer einen Platz auf einer Wiener Fachhochschule ergattern konnte.