Mann mit Plakat bei Protestaktion von Greenpeace vor dem Hotel Marriott
APA/Alex Halada
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CHRONIK

Pfefferspray-Einsatz vor Verwaltungsgericht

Der Pfefferspray-Einsatz im Vorfeld der europäischen Gaskonferenz in Wien im März 2023 ist am Montag einmal mehr vor dem Landesverwaltungsgericht Wien erörtert worden. Die Richterin ließ am Vormittag weitere Zeugen befragen. Das Urteil wird in mehreren Wochen schriftlich zugestellt.

Darunter war unter anderem eine Juristin der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die den unangemeldeten Protest in der Johannesgasse in der Wiener Innenstadt am 27. März beobachtet hatte. Mehr als 150 Demonstrantinnen und Demonstranten versuchten damals am ersten Tag des Lobbying-Treffens eine polizeiliche Sperrkette zu durchbrechen, um in Richtung des abgesperrten Bereiches rund um das Hotel Marriott am Parkring zu gelangen.

Der Pfefferspray sei von der Polizei „gegen sehr viele Demonstrantinnen und Demonstranten eingesetzt worden“, sagte die NGO-Vertreterin vor der Richterin aus. Kurze Zeit danach sei es zu einem erneuten Durchbruchsversuch gekommen. „Später hat die Polizei sie eingekesselt und willkürlich auf alle Demonstrantinnen und Demonstranten gesprüht“, erklärte die Zeugin.

Aggression der Beamten gegen Demonstranten

Sie berichtete auch über Aggressionen der Beamtinnen und Beamten gegen die Protestierenden. „Ich habe beobachtet, wie ein Polizist einem Demonstranten in die Nierengegend geboxt hat“, sagte sie. Zudem seien Schlagstöcke gegen bereits aus der Menge flüchtende Aktivistinnen und Aktivisten eingesetzt worden. Wahrnehmungen über Waffen oder gefährliche Gegenstände bei den Protestierenden habe im Gegenzug jedoch sie keine gemacht.

Die Richterin begann am Montag auch mit der Befragung von zehn Beamten der Einsatzeinheit Tirol. Die Polizisten waren im Rahmen des Großeinsatzes zur Unterstützung der Wiener Polizei in die Bundeshauptstadt abkommandiert worden und gaben die Sprühstöße ab. Die Aktivistin war damals gegen 8.00 Uhr von der U-Bahn-Station Stadtpark gemeinsam mit mehr als 150 weiteren Protestierenden über die Johannesgasse in Richtung Marriott marschiert, hatte mit ihnen versucht die Sperrkette zu durchbrechen und sei dann ein bis zwei Minuten mit Pfefferspray eingesprüht worden.

Strafverfahren wurden eingestellt

Etwa eine Stunde später beteiligte sich die junge Frau erneut an einem Versuch, in das Platzverbot zu gelangen und wurde durch den Pfefferspray verletzt. Ihr Rechtsanwalt Clemens Lahner argumentiert, die Verwendung des Pfeffersprays sei nicht mehr notwendig gewesen, da der Demozug bereits angehalten hatte. Die Landespolizeidirektion Wien bestritt diese Darstellung jedoch.

Die Polizei hatte damals mindestens 143 Personen wegen des Verdachts der schweren gemeinschaftlicher Gewalt, des Widerstands gegen die Staatsgewalt und der schweren Körperverletzung festgenommen. Im Februar wurde das Verfahren jedoch von der Staatsanwaltschaft Wien gegen alle beschuldigten Klimaaktivistinnen und Klimaaktivsten eingestellt.

Richterin erklärte Verhandlung am Nachmittag für beendet

Darauf berief sich auch Lahner. „Die Information über Wurfgeschosse stammt von der Landespolizeidirektion (LPD) Wien und erwies sich als unzutreffend“, so Lahner. Die LPD hatte damals erklärt es seien pyrotechnische Gegenstände bei den Protestierenden gefunden worden. Lahner verwies in diesem Zusammenhang auf den Ermittlungsakt. Die Pyrotechnika seien nämlich außerhalb des Kessels sichergestellt worden, so Lahner. „Das ist also auch kein Argument dafür, die Menschen im Kessel großflächig zu pfeffern“, sagte er der APA. Die Behörde könne solche Maßnahmen nicht mit „unrichtigen Informationen“ rechtfertigen.

Der Vertreter der Landespolizeidirektion betonte vor Gericht, die Sperrkette sei das gelindeste Mittel gewesen. „Die Demonstranten haben sich dieser jedoch bewusst widersetzt“, so der Jurist. Die Einsatzkräfte hätten in der Folge alleine deswegen Pfefferspray großflächig einsetzen müssen, um ein Nachlassen des Drucks der Demonstrantinnen und Demonstranten zu bewirken. Die Verwendung des Reizgases sei zudem durch eine Art Zeichen angekündigt worden.

Die Richterin erklärte die Verhandlung am Nachmittag kurz vor 16.00 Uhr für beendet. Ein Urteil in der Causa wird nun schriftlich in mehreren Wochen erwartet. Die Taktik der Polizei im Zuge der Demonstrationen gegen die Europäische Gaskonferenz hatte vergangenes Jahr breite Diskussionen ausgelöst. Amnesty International zeigte sich damals „besorgt über die Kriminalisierung friedlicher Proteste“. Die Grünen, die FPÖ sowie die NEOS brachten daraufhin Anfragen an das Justiz- sowie an das Innenministerium ein.