Winfried Göschl, Chef von AMS Wien
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WIRTSCHAFT

Mehr Arbeitslosigkeit: „Aufschwung verzögert“

In Wien ist die Arbeitslosigkeit im April deutlich gestiegen – um 10,2 Prozent: Der prognostizierte Aufschwung habe sich etwas verzögert, erklärte AMS-Wien-Chef Winfried Göschl. Im Lauf des Jahres erwartet er jedoch wieder niedrigere Zahlen.

„Auch der Herr Minister meint, dass sich im restlichen Jahr der Inlandskonsum gestärkt ist und dadurch sich die Situation wieder stabilisieren sollte", verwies Göschl auf Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP). Die Zunahme der Arbeitslosigkeit werde sich also abschwächen. „Ob es gegen Null geht im Vergleich zum Vorjahr mit Jahresende, wissen wir nicht“, so Göschl in „Wien heute“, aber es würden jedenfalls keine zehn Prozent mehr sein wie aktuell.

151.915 Menschen suchen derzeit in Wien einen Job: Konkret waren im April 113.503 beim AMS als arbeitslos vorgemerkt, weitere 38.412 Personen waren in AMS-Schulungen. Nach wichtigen Branchen betrachtet stieg die Arbeitslosigkeit im Wiener Einzelhandel um 9,1 Prozent, in der Gastronomie um 15,5 Prozent und regelrecht explodiert ist sie am Bau: Hier gibt es gleich fast ein Viertel mehr, die einen Job suchen.

AMS-Chef: Arbeitslosigkeit werde wieder abnehmen

AMS-Chef Winfried Göschl ist zu Gast im Studio und spricht über die aktuell steigende Arbeitslosigkeit. Bei den Unter-25-jährigen ist die Arbeitslosigkeit fast um 15 Prozent gestiegen.

Fachkräftemangel und Arbeitslosigkeit in Gastronomie

Die Arbeitslosigkeit in der Gastronomie und im Tourismus stieg also, obwohl gleichzeitig dringend nach Fachkräften in diesem Bereich gesucht wird. „Das ist ein Widerspruch, der fällt uns auch auf“, sagte dazu AMS-Wien-Chef Göschl. „Es scheint so zu sein, dass immer weniger Leute im Tourismus arbeiten wollen, dass das kein Traumberuf ist für viele.“ Das habe mit Betreuungspflichten und Work-Life-Balance, immer weniger Menschen würden offenbar abends und am Wochenende arbeiten wollen.

Zum starken Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Baubranche meinte Göschl, diese sei durch die Einbrüche in der Baukonjunktur erklärbar: "Wir nehmen auch an, dass sich das wieder bessert, auch durch die öffentlichen Investitionen und die öffentlichen Förderungen, die es ja in diesem Bereich jetzt gibt.“

Arbeitslosigkeit um 10,3 Prozent gestiegen

Überdurchschnittlich viele junge Menschen arbeitlos

Von der Arbeitslosigkeit im April waren überdurchschnittlich Menschen unter 25 Jahren betroffen – das zeigt sich am Plus von 14,3 Prozent. „Diese Gruppe ist besonders stark gewachsen, weil wir viele Migrantinnen hatten, also aus dem In- und Ausland. Wien wächst als Stadt und da wandern eher jüngere Menschen zu", erklärte Göschl. Jüngere seien auch die ersten, die bei schlechterer Wirtschaftslage ihre Arbeitsplätze verlieren, sie würden aber auch als erste wieder eingestellt, wenn es besser werde. Daher hoffe man, dass sich die Situation auch für die unter 25-Jährigen bis Jahresende verbessern werde.

Weniger offene Stellen als im Vorjahr

Die Zahl der dem AMS Wien gemeldeten offenen Stellen sank im April im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozent auf 16.558, viele Angebote sind zur Teilzeitjobs. Deutlich mehr offene Stellen gibt es in den anderen Bundesländern.

Göschl hob hervor, dass man hierbei auch auf die Besetzungsgeschwindigkeit achten müsse. Wenn man sich nur die neu gemeldeten offenen Stellen ansehe, seien diese im April nämlich um neun Prozent gestiegen, ebenso in den Monaten davor. „Also die Vakanzen haben sich nicht schlecht entwickelt“, betonte Göschl.

Sogenannte Betriebsbetreuerinnen und -betreuer sollen Arbeitssuchende und Jobs jetzt indes zusammenbringen. Bis Ende Mai touren 120 durch Wiener Betriebe, um sie bei der Personalsuche zu unterstützen.

Knapp Hälfte aller Arbeitslosen mit Pflichtschulbildung

Rund 45 Prozent der arbeitslosen Personen hatten im Vorjahr unterdessen lediglich Pflichtschulbildung, rund 29 Prozent verfügten über einen Lehrabschluss. Die Arbeitslosenquote für Personen mit maximal Pflichtschulabschluss lag österreichweit bei 19,6 Prozent und im Bundesländervergleich zwischen 10,8 Prozent (Tirol) und 29 Prozent (Wien), geht aus einer aktuellen AMS-Spezialauswertung hervor. Zum Vergleich: 1990 lag die Arbeitslosenrate von Pflichtschulabsolventen bei 10 Prozent.