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Armut trotz Job und Wohnung

Jede zehnte Person in Österreich leidet unter Ernährungsarmut. Das bedeutet, dass Geld für Nahrungsmittel fehlt, obwohl die Menschen Arbeit und Wohnung haben. Als Folge werden oft Mahlzeiten ausgelassen. Ein Sozialmarktbetreiber spricht von katastrophalen Umständen.

Die hohe Inflation und gestiegene Energiekosten führten dazu, dass sich viele Menschen die Lebenserhaltungskosten nur mehr schwer leisten können. Dazu zählen etwa Miete oder eben das Essen. Laut einer aktueller Studie fallen von 1,2 Millionen von Ernährungsarmut Betroffenen 420.000 Personen sogar in die Kategorie schwere Ernährungsarmut.

Das bedeutet, so Andrea Schmidt von der Gesundheit Österreich, dass der Kühlschrank dieser Menschen leer ist: „Das heißt, sie müssen wirklich ungewollt Mahlzeiten auslassen. Das heißt auch, dass sie manchmal einen ganzen Tag lang nichts zu essen haben. Und in Familien kann das zum Beispiel bedeuten, dass es am Ende des Monats nur mehr die Toastbrot-Woche gibt.“

Immer mehr Kunden in Sozialmärkten

Demnach sind besonders jüngere Menschen im Alter von 15 bis 39 Jahren und ältere Menschen im Alter von 60 bis 69 Jahren betroffen. Dazu kommen noch kranke Menschen, Menschen mit niedrigem Bildungsstand und Arbeitslose. Für all diese Menschen sind Sozialmärkte ein wichtiger Anlaufpunkt. Rund 20 solcher Märkte gibt es in Wien, in denen Menschen mit niedrigem Einkommen günstiger einkaufen können. Diese Märkte von Non-Profit-Organisationen verzeichneten im letzten Jahr um ein Drittel mehr Kunden.

Alexander Schiel betreibt drei solcher Sozialmärkte in Wien. Er spricht aktuell von katastrophalen Zuständen: „Also, ich sehe es schon bei meinen Kunden. Sie waren noch nie so pessimistisch wie jetzt. Also das ist schon ziemlich erschreckend, weil gerade die Wiener haben immer einen Schmäh, die Wiener kommen immer irgendwie durch, aber mittlerweile sieht man nicht mehr so viele freudige Gesichter bei uns.“

Kosten zwingen selbst arbeitende Menschen in Sozialmärkte

Für Schiel ist es logisch, dass Menschen, wenn sie sparen müssen, beim Essen sparen. Denn Budgetposten wie Strom oder Miete müssten einfach gezahlt werden, da bleibe als einzige Möglichkeit zur Einsparung eben nur noch Essen übrig. Und er beobachtet auch einen Wandel bei seiner Kundschaft. Es würden viele kommen, die einen Job haben: „Früher war es mehr mit einem AMS-Bescheid oder Pensionsbescheid, mittlerweile kommen auch viele schon mit Lohnzettel, weil sie einfach nicht mehr über die Runden kommen.“

Die oft katastrophale Lage der Menschen, die Lebenserhaltungskosten, würde sie dann auch zwingen, die Hemmschwelle zu überwinden, die mit dem Gang in einen Sozialmarkt verbunden ist. Es bleibe keine andere Möglichkeit mehr. Aber einmal überwunden, seien die Menschen froh, einkaufen zu können, so Schiel.