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Zentralfriedhof: Ort der Ruhe und des Sports

Der Wiener Zentralfriedhof ist die letzte Ruhestätte für Menschen aller Religionen und vieler Prominenter – von Beethoven bis Falco. In seiner Parklandschaft finden sich auch versteckte Plätze mit so manch interessanter Geschichte und sogar eine eigene Laufstrecke.

„In Wien musst erst sterben, damit sie dich hochleben lassen. Aber dann lebst lang,“ sang der Wiener Popstar Falco einst – er hat am Zentralfriedhof seine letzte Ruhe gefunden, genauso wie rund drei Millionen andere Menschen aller Religionen. Der Friedhof ist mit fast 2,5 Quadratkilometern Fläche die zweitgrößte Friedhofsanlage Europas, nach der von Ohlsdorf in Hamburg.

Der überwiegende Teil des Hauptfriedhofs besteht aus katholischen Gräbern. Der alte und der neue jüdische Friedhof und der evangelische Friedhof sind in das Areal integriert. Wege, den Friedhof zu erkunden, gibt es viele. Und es gibt Bereiche, die nicht so bekannt sind, und die es besonders lohnt, sie zu entdecken. Geplant wurde der Zentralfriedhof um 1870 von den Gartenarchitekten Karl Jonas Mylius und Alfred Friedrich Bluntschli.

Wiener Zentralfreidhof
Josef Bollwein
Ludwig van Beethoven wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Währing auf den Zentralfriedhof übersiedelt

Fast tausend Ehrengräber

In den ersten Jahrzehnten nach seiner Eröffnung 1874 war er wegen der großen Entfernung zur Stadt und der damals öden Flächen nicht sehr beliebt. Mit der Errichtung der Ehrengräberanlage hat sich das geändert. Viele berühmte Persönlichkeiten, die schon vor der Entstehung des Friedhofes verstorben und auf anderen Wiener Friedhöfen beigesetzt worden waren, wurden hierher überführt.

Fast tausend Ehren- und ehrenhalber gewidmete Gräber finden sich hier – von dem von Romy Schneiders Großmutter, der Schauspielerin Rosa Albach-Retty, über Komponisten wie Johann Strauß bis zu Udo Jürgens. Auf den Spuren ihrer letzten Ruhestätten zu wandeln, ist schon ein eigener Spaziergang, zum Beispiel vom Ehrenhain etwa in der Mitte des Friedhofs bis hin zu einzelnen verstreuten Ehrengräbern, wie dem von Basilio Calafati, dem ehemaligen Zauberkünstler und Gasthausbesitzer im Wiener Wurstelprater.

Beethoven, Mozart und Schubert

Eine geheimnisvolle Geschichte rankt sich etwa um Komponist Ludwig van Beethoven, der Ende des 19. Jahrhunderts von Währing auf den Zentralfriedhof übersiedelt wurde. Allerdings wurden möglicherweise nicht alle Knochen des Komponisten begraben. Nach seinem Tod sollen Teile des Schädels an einen Arzt verkauft worden sein. Beethovens sterbliche Überreste liegen in direkter Nachbarschaft seiner Komponisten-Kollegen Mozart und Schubert, wenn man bei Tor 2, dem Haupteingang, Richtung Friedhofskirche geht, auf der linken Seite.

Nicht sofort als Grabstätte zu erkennen ist die Präsidentengruft direkt vor der Friedhofskirche, der Karl-Borromäus-Kirche. Hier wird an alle verstorbenen Bundespräsidenten seit 1945 erinnert. „Ja, aber nur mit meiner Frau!“ soll Renner zu der Idee gesagt haben. Nach seinem Tod zu Silvester 1950 wurde an der Errichtung der Gruft gearbeitet. 1951 wurde der erste Bundespräsident der Zweiten Republik provisorisch an dieser Stelle beerdigt – seine Frau Aloisia dann mit ihm in der Gruft. Deswegen liegen auch die jeweiligen Gattinnen der nachfolgenden Präsidenten am Zentralfriedhof in dieser Gruft.

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Wiener Zentralfreidhof
Josef Bollwein
Wiener Zentralfreidhof
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Jogger am Zentralfriedhof
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Zwei Laufstrecken und 17.000 Bäume

Auf dem Zentralfriedhof gibt es seit Mai 2019 auch zwei ausgeschilderte Laufstrecken. Ausgehend vom Tor 2 führt der kürzere, zwei Kilometer lange Weg zuerst durch die breite Allee zur Präsidentengruft. Danach umrundet man entlang der Arkaden die Kirche und läuft zum Ausgangspunkt zurück. Auf der fünf Kilometer langen Route zwei geht es tiefer ins Friedhofsareal hinein. Dabei passiert man auch das älteste Einzelgrab, das mit 1874 datiert ist: darin liegt der Josefstädter Privatier Jakob Zelzer.

Rund 17.000 Bäume wachsen auf dem Friedhof. Einige von ihnen im „Park der Ruhe und Kraft“, beim Tor 3, im Nordosten des Haupteingangs. Diese Anlage ist nach der alten Tradition der Geomantie gestaltet – also eine ganzheitliche, auf Harmonie und Ausgleich orientierte Gartengestaltung. Sie wurde 1999 eröffnet. Wenn man den sehr verborgenen Eingang findet, geht es durch einen Torbogen hinein.

Standorthinweis

Der Zentralfriedhof befindet sich im 11. Bezirk. Der Haupteingang Tor 2 ist in der Simmeringer Hauptstraße 234. Erreichbar via Straßenbahnlinien 11 und 71, die auch zu den Toren 1 und 3 führen. Die Autobuslinie 171 fährt zu Tor 3, die Schnellbahn S7 zu Tor 11. Parkmöglichkeiten befinden sich bei den Toren 1, 2, 3, 9 und 11. Die Einfahrt mit dem Auto ist gegen Gebühr möglich.

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Making Of Fotos Zentralfriedhof
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Frieden und neue Energie finden

Ein Weg aus Bodenplatten führt an den einzelnen Stationen vorbei, die es Besuchern ermöglichen sollen, mit der Natur in Kontakt zu treten. Etwa bei einem ganz besonderen Brunnen. Das Ziel: Frieden und neue Energie finden, und: meditativ die Trauer verarbeiten zu können. Am gegenüberliegenden Ende des Friedhofs, bei Tor 9, kann man in fast unberührte Natur eintauchen, im „Naturgarten“, knapp 40.000 Quadratmeter groß.

Dort kann man mit Glück etwa im Gras liegende Rehe sehen. Oder auch wunderschöne Libellen am kleinen Teich, mit Schilfgürtel. Leben und Tod liegen am Zentralfriedhof eng beieinander. Und viele auf den ersten Blick verborgene Geschichten sind es wert, entdeckt zu werden.