Sigrid Beckenbauer
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Ex-Lehrerin: „Hatte Eindruck, jede Frage stört“

Sie werden wegen des Lehrkräftemangels dringend gebraucht: Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen. Doch das Schulsystem zermürbt viele. „Ich hatte den Eindruck, jede Frage, die ich stelle, stört“, erzählt Sigrid Beckenbauer in „Bei Budgen“, warum sie das Handtuch warf.

Sigrid Beckenbauer arbeitete ursprünglich in der Erwachsenennildung, aber beispielsweise auch als Theaterpädagogin in Schulen. Die Arbeit mit Kindern habe sie daher schon immer interessiert, schilderte sie in der Gesprächsreihe „Bei Budgen“ in „Wien heute“. Daher entschied sie sich, als Lehrerin in Deutschförderklassen quereinzusteigen.

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„Wien heute“, 10. Februar 2024, ab 19.00 Uhr in ORF 2

Im Jänner quittierte sie den Dienst jedoch wieder, weil sie sich bei der Arbeit in einer Neuen Mittelschule in Wien-Floridsdorf allein gelassen fühlte. „Wenn man 15 Kinder hat mit acht oder neun verschiedenen Sprachen in fünf verschiedenen Deutschniveaus – das alleine zu bewältigen ist eigentlich fast unmöglich, so sehr man sich bemüht“, sagte Beckenbauer.

Langfassung: Sigrid Beckenbauer in der Gesprächsreihe „Bei Budgen“

Schwindelanfälle durch große Belastung

Zudem seien im Lauf des Schuljahres immer wieder neue Kinder dazugekommen, und zwei Kinder seien verhaltensauffällig gewesen und hätten eigentlich sozialpädagogische Betreuung gebraucht. Von der Direktorin fühlte sich Beckenbauer nicht unterstützt und teils respektlos behandelt: „Ich hatte auch den Eindruck, jede Frage, die ich stelle, stört.“

Die Belastung habe sich schließlich auch durch Schwindelanfälle geäußert. Im Interview mit Patrick Budgen erzählte die Ex-Lehrerin auch, warum die Arbeit an einer anderen Schule in Wien-Meidling gut funktionierte – und welche Änderungen es im System aus ihrer Sicht bräuchte.

Bisher 261 Quereinstiege über Programm „Klasse Job“

261 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger gibt es bisher in Wien über das Programm „Klasse Job“ des Bildungsministeriums, berichtete das „Profil“ in seiner aktuellen Ausgabe. Aufgehört haben demnach nur acht Personen. Eine gute Quote, laut Gewerkschaft würden aber deutlich mehr über einen Ausstieg nachdenken.

Walter Emberger, Gründer von „Teach for Austria“, bildet mit seinem Team seit zwölf Jahren Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger aus, mit einer Bleibequote im Lehrberuf von rund 40 Prozent. Das Bildungssystem in seiner derzeitigen Form würden die nicht retten können: „Ich bin überzeugt, dass der Bedarf weiterhin groß ist und dass wir auf Dauer nicht die 120.000 Lehrkräfte in Österreich haben werden, sondern uns damit abfinden müssen, dass man 70.000, 80.000 haben.“