Straßenschild Tempo 30 und Kurzparkzone
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Politik

Ludwig will „individuelles“ Parkpickerl

Die Parkraumbewirtschaftung könnte mittelfristig reformiert werden. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) denkt über Änderungen des bestehenden Modells nach. So soll das Parkpickerl künftig nicht mehr nur streng innerhalb eines Bezirkes gelten.

In einem Interview mit der Tageszeitung „Österreich“ schlug Ludwig vor, die derzeitige bezirksweise Regelung durch flexiblere Lösungen zu ersetzen. Ein Sprecher Ludwigs bestätigte am Donnerstag die Überlegungen. Fix ist allerdings noch nichts: „Das ist ein Vorschlag von mehreren“, so der Sprecher. Ziel sei es jedenfalls, einfachere und flexiblere Lösungen zu erarbeiten. Denn durch die historisch gewachsenen Bezirkslösungen sei über die Jahre eine Art Fleckerlteppich entstanden.

Aktuell in 19 Bezirken Parkpickerl

Zeithorizont gebe es aber keinen. „Es gibt keinen Zeitdruck“, versicherte der Sprecher. Denn das bestehende Modell funktioniere ja. Gespräche mit den zuständigen Fachabteilungen, dem grünen Koalitionspartner und den Bezirken würden jedenfalls laufen. Es gehe auch um die Frage, ob etwaige Änderungen rechtskonform seien.

Aktuell muss man in 19 von 23 Bezirken – ausgenommen sind Hietzing, Floridsdorf, Donaustadt und Liesing – für das Abstellen des Autos bezahlen. Das betrifft aber oftmals nicht das gesamte Bezirksgebiet, sondern fix definierte Zonen. Will man dort parken, muss man einen Parkschein ausfüllen, wobei sich Abstellzeiträume und zulässige Parkdauer innerhalb und außerhalb des Gürtels unterscheiden. Anrainer können eine Dauerplakette für ein oder zwei Jahre beantragen und sind somit von diesen Beschränkungen in ihrem Bezirk (inklusive Überlappungszonen) ausgenommen.

Bezirke in Überlegungen eingebunden

„Ich kann mir gut vorstellen, dass man nicht nur die Bezirksgrenzen heranzieht, sondern Zonen, die der Lebenssituation vieler Menschen näher liegen, etwa vom Wohnort zum Schulort“, sagte Ludwig gegenüber „Österreich“. Die Bezirke sollen in die Reformüberlegungen jedenfalls eng eingebunden werden, bekräftigte der Bürgermeister-Sprecher.

Ob die Bezirke bei der Parkraumbewirtschaftung weiterhin das letzte Wort haben sollen, dürfte aber noch offen sein. Nur soviel: „Dass das Rathaus ein neues Modell verordnet und die Bezirke haben nichts mehr zu melden, das wird es sicher nicht geben“, versicherte der Sprecher.

Ludwig gegen Gratis-Pickerl

Die Parkpickerl-Debatte hat in jüngster Zeit erneut Schwung bekommen. Auslöser war ein Vorschlag des Donaustädter Bezirksvorstehers Ernst Nevrivy (SPÖ). Er plädierte unlängst für ein wien-weites kostenloses Pickerl. Gleichzeitig sollten Auto-Einpendler „schon an der Stadtgrenze abgefangen werden“. Unterstützung für eine stadtweite Plakette gab es in Folge sowohl aus dem ebenfalls SPÖ-regierten Bezirk Floridsdorf als auch von den ÖVP-Bezirken Hietzing und Döbling. Die FPÖ fordert seit langem ein Pickerl für das gesamte Stadtgebiet.

Ludwig zeigte sich dieser Idee gegenüber allerdings eher ablehnend. Man würde den Lenkungseffekt verlieren. „Der innerstädtische Raum würde dadurch enorm belastet“, warnte der Stadtchef im „Österreich“-Interview.

Hebein will über städtische Verkehrspolitik diskutieren

Wiens Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) nimmt die Parkpickerl-Reformideen Ludwig zum Anlass, um generell einen Prozess über die Zukunft der städtischen Verkehrspolitik zu starten. Ein erstes Treffen mit allen im Gemeinderat vertretenen Parteien sowie den Sozialpartnern soll es im Herbst geben, kündigte sie am Donnerstag an.

„Die Klimakrise, die PendlerInnenproblematik und den knappen zur Verfügung stehenden öffentlichen Raum sehe ich momentan als größte Herausforderungen an. Ich vernehme von allen Beteiligten großes Interesse an gemeinsamen Lösungen“, kommentierte Hebein in einem schriftlichen Statement die jüngste Parkpickerl-Debatte. Der Vorschlag des Bürgermeisters, die Parkraumbewirtschaftung künftig nicht mehr strikt nach Bezirksgrenzen zu organisieren, werde dabei selbstverständlich in die Überlegungen aufgenommen, meinte ein Sprecher.

Ludwig denkt über Reform nach

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) denkt über Änderungen des bestehenden Parkpickerl-Modells nach. Die Idee eines wien-weiten Pickerls sieht er aber skeptisch.

ÖVP fordert mehr Tempo

Die ÖVP forderte indes mehr Tempo ein. „Nicht nur nachdenken, sondern auch endlich umsetzen“, appellierten der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch und Verkehrssprecher Manfred Juraczka in einer gemeinsamen Aussendung an Rot-Grün. Der Fleckerlteppich bei der Parkraumbewirtschaftung müsse endlich der Vergangenheit angehören. Gewünscht wird ein „gut durchdachtes Gesamtsystem für Wien, anstatt Insellösungen, bei denen sich die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr auskennen“.

Der Wiener FPÖ-Verkehrssprecher Toni Mahdalik sieht in einer Aussendung die eigene Verkehrspolitik bestätigt. „Das FPÖ-Modell eines kostenlosen Parkpickerls für ganz Wien macht Schule“, so Mahdalik. Er fordert darüber hinaus in einem ersten Schritt 25.000 neue Park-and-Ride-Plätze.

Pläne für Wirtschaftskammer zu wenig

Der Wirtschaftskammer gehen Rathaus-Reformüberlegungen zum Parkpickerl und zur Verkehrspolitik in Wien zu wenig weit. „Es braucht mehr als nur eine Lösung für die Wiener Parkraumbewirtschaftung. Das Verkehrssystem in der gesamten Ostregion muss modernisiert und auf das steigende Mobilitätsbedürfnis von immer mehr hier lebenden Menschen angepasst werden“, sagte Standortanwalt Alexander Biach.