Regal mit Akten
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Politik

Bezirksgerichte im Notfallmodus

Der Rechtsstaat sei in Gefahr, wenn die Gerichte nicht bald mehr Personal bekämen, schlägt die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, Alarm. An den Wiener Bezirksgerichten dauern Verfahren daher immer länger.

Es mangelt wegen rigoroser Sparprogramme besonders an Kanzleikräften, die die administrativen Arbeiten erledigen. Laut Personalvertretung fehlen rund 150 Kanzleikräfte. Viele Kanzleimitarbeiterinnen und -mitarbeiter seien derzeit an der Grenze der Belastbarkeit, sagte Franz Gschiel, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, am Sonntag im „Wien heute“-Interview.

Kisten mit Aktenordnern
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Die Regale in den Bezirksgerichten gehen über, Kisten mit Aktenbergen reihen sich auf dem Boden

Krankenstände und fehlende Motivation seien die Folge. Viele lassen sich wegen der widrigen Arbeitsbedingungen in andere Dienststellen versetzen. Dazu kommt seit 2015 die Vorgabe, dass nach Abgängen nur jede zweite Planstelle nachbesetzt wird.

Verfahrensdauer wird länger

Die Situation werde von Monat zu Monat drastischer, so Matejka gegenüber „Wien heute“. Durch die Verzögerungen bei den Budgetverhandlungen und durch die Neuwahl spitze sich die Lage noch mehr zu. Wenn nicht bald Maßnahmen ergriffen würden, sei der Rechtsstaat in Gefahr, so Matejka.

Appell der Bezirksgerichte

Die Präsidentin der Richtervereinigung sendet im „Wien heute“-Interview einen Hilferuf. Der Rechtsstaat sei bald in Gefahr.

Die Verhandlungssäle müssen zwischenzeitlich bereits oft geschlossen bleiben, weil die nötige administrative Vorarbeit sich verzögert. Dadurch dauern für die Bürgerinnen und Bürger die Verfahren länger. Besonders betroffen ist laut Matejka der familienrechtliche Bereich: Obsorge, Kindesunterhalt, Scheidungsverfahren. Hier gebe es besonders viele Abgänge.

Jabloner will Nachfolger Empfehlungen geben

Richter und Personalvertreter sind sich einig, dass das System derzeit am Kollabieren ist. Sie fordern schnellstmöglich Verbesserungen: Man brauche Ausbildungsplanstellen, so der Gewerkschaftler Gschiel: „Sicher 200“ für die Wiener Gerichte für die nächsten zwei Jahre. „Akut wäre ein Stopp des Personalabbaus“, so Matejka – damit sich die angespannte Situation nicht noch weiter verschlechtere.

Im Justizministerium verweist man auf den aktuellen Status einer Übergangsregierung. Man sei sich des Problems aber bewusst, heißt es. Justizminister Clemens Jabloner würde nun Fakten sammeln und seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger mit Handlungsempfehlungen übergeben.