Gernot Blümel
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Politik

Blümel: „Braucht scharfen Budgetvollzug“

ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel, der als künftiger Finanzminister gilt, sieht in dem türkis-grünen Regierungsprogramm „das Beste aus beiden Welten“. Neue Einnahmen brauche es für die Umsetzung nicht – sondern „einen strukturierten und scharfen Budgetvollzug“.

„Wir haben in Österreich nicht das Problem, dass es zu wenige Einnahmen gibt, sondern wir haben meistens das Problem gehabt, dass zu viel ausgegeben wird", sagte Blümel im Interview mit „Wien heute“ auf die Frage, wie man beispielsweise Steuersenkungen und den geplanten Ausbau des öffentlichen Verkehrs finanzieren wolle.

Es brauche eine solide und effiziente Verwendung der Steuermittel und „eine punktuelle Schwerpunktsetzung, wo man eben Schwerpunkte setzen will“, erklärte Blümel. Wichtig sei auch ein „scharfer Budgetvollzug“, um trotz Schwerpunktsetzung keine neuen Schulden zu machen: „Wir haben das in den letzten Jahren immer wieder gesehen, dass ein Budget beschlossen worden ist – und dann sind neue Ideen dazugekommen, und es ist mehr Geld ausgegeben worden.“

Studiogespräch: Gernot Blümel (ÖVP)

Er wird als neuer Finanzminister gehandelt, und er ist ÖVP-Spitzenkandidat für die kommende Wien-Wahl: Gernot Blümel. Im „Wien heute“-Studio stellt er sich den Fragen von Ulrike Dobes.

„Ist möglich, Grenzen und Klima zu schützen“

Dass er der nächste Finanzminister und Regierungskoordinator sein wird, wollte Blümel im „Wien heute“-Jahreswechselinterview nicht bestätigen. Die ÖVP-Gremien würden erst am Freitag tagen, außerdem brauche es danach noch die Angelobung durch den Bundespräsidenten.

Gesprächiger war Blümel zum am Donnerstag präsentierten, 300 Seiten starken türkis-grünen Regierungsprogramm. „Ich glaube, das kann etwas Gutes werden, eine Vorbildwirkung für ganz Europa“, so der ÖVP-Wien-Chef. Beide Seiten könnten sich in dem Programm wiederfinden, auch wenn man inhaltlich sehr unterschiedliche Zugänge habe.

Die ÖVP sei für den Kampf gegen illegale Migration, bessere Integration Steuersenkungen und einen ausgeglichenen Haushalt gewählt worden – die Grünen für den Schutz des Klimas. „Wir haben mit dem Regierungsprogramm und den verschiedenen Maßnahmen, die darin abgebildet sind, gezeigt, dass es möglich ist, die Grenzen und das Klima zu schützen“, so Blümel.

Kurz und Kogler bei der Programmpräsentation
APA/AFP/Alex Halada
Die Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) präsentierten am Donnerstag ihr gemeinsames Programm

Haltung zum Lobautunnel unverändert

Zu den umstrittenen Plänen für eine Sicherungshaft erklärte Blümel: „Da geht es darum, dass man eine verfassungskonforme Lösung für potenzielle Gefährder sicherstellt. Das gibt es in einigen europäischen Ländern bereits.“ Eine konkrete Ausformulierung müsse erst passieren.

Das türkis-grüne Regierungsprogramm sieht auch Maßnahmen gegen Übertourismus vor. Die aktuellen Forderungen der Wiener ÖVP nach Tourismuszonen in Wien, wo man auch am Sonntag einkaufen können soll, widersprechen dem aus Sicht von Blümel nicht. „Uns geht’s nur darum, dass die Touristen, die schon da sind, und das sind ja viele, am Sonntag auch hier ihr Geld ausgeben können – und nicht nach Bratislava fahren.“ Laut Studien der Wiener Wirtschaftskammer brächten Tourismuszonen Wien 800 neue Arbeitsplätze und 140 Millionen Euro zusätzliche Steuereinnahmen.

Thema in den Koalitionsverhandlungen war auch der Lobautunnel – die ÖVP ist dafür, die Grünen sind gegen das Bauprojekt. Die Meinung der Wiener ÖVP zu dem Tunnel habe sich jedenfalls nicht geändert, betonte Blümel: „Die ÖVP Wien kämpft seit Jahren dafür, dass der Lobautunnel kommt, und die Haltung der ÖVP Wien ändert sich nicht, nur weil es auf Bundesebene einen neuen Koalitionspartner gibt.“

„Vielleicht kann man ja Wien neu regieren“

Ob nun Finanzminister und Regierungskoordinator oder nicht – bei der Wien-Wahl im Herbst will Blümel als Spitzenkandidat der Wiener ÖVP antreten. Ein konkretes Wahlziel wollte er im Interview mit „Wien heute“ nicht nennen: „Ich hoffe auf ein sehr gutes Ergebnis, und vielleicht kann man ja auch Wien neu regieren.“

Die Wahrscheinlichkeit dafür sei so hoch, wie wahrscheinlich seit hundert Jahren nicht. Aber die ÖVP starte von einem sehr niedrigen Niveau, so Blümel: „Da muss man auch demütig sein. Wahlsiege muss man zuerst einmal erringen, bevor man dann in Koalitionsverhandlungen eintreten kann.“