Gesundheit

Zu viele Jugendliche in Erwachsenen-Psychiatrie versorgt

Der Stadtrechnungshof stellt in der psychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Wien ein schlechtes Zeugnis aus. Laut den Prüfern gab es zwischen 2015 und 2018 zu wenige Betten, mehrere hundert Minderjährige mussten in psychiatrischen Abteilungen für Erwachsene aufgenommen werden – teils unter schlechten Bedingungen.

Zwischen 2015 und 2018 erfolgte die stationäre Behandlung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien (AKH) und im Neurologischen Zentrum Rosenhügel. Laut den Prüfern war der Kapazitätsengpass in diesem Bereich dermaßen groß, dass nicht einmal die Hälfte der laut Planungsvorgaben vorgesehenen Betten für die jungen Patienten zur Verfügung stand, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht.

542 Minderjährige in Erwachsenen-Psychiatrie

Das führte dazu, dass in dieser Zeit 542 Minderjährige ab zwölf Jahren an psychiatrischen Abteilungen für Erwachsene aufgenommen werden mussten. Die größte betroffene Altersgruppe bildeten dabei die 17-Jährigen.

Zwar wurde im Bericht vermerkt, dass der Stadtrechnungshof den Eindruck hatte, dass in Gesprächen mit den Verantwortlichen ein großes Problembewusstsein ob dieser Situation herrschte. Laut deren Aussagen habe es Bemühungen gegeben, derartige Aufnahmen nur in unbedingt notwendigen Fällen durchzuführen und die Verweildauern gering zu halten. Laut den zur Verfügung stehenden Daten belief sich der Großteil der Aufenthalte auf wenige Tage.

Die Ausstattung sei in keiner Weise altersgerecht gewesen, und überdies verfügten die dort tätigen Fachärzte über keine entsprechende spezielle Expertise in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Das führte dazu, dass die Betroffenen während der Aufenthaltsdauer zum Teil täglich zu Terminen in die Ambulanz einer Kinder- und Jugendpsychiatrie transportiert werden mussten.

Zimmer ohne Tische und Sichtschutz

Doch auch in den eigentlich für die Kinder und Jugendlichen vorgesehenen Stationen im AKH und am Rosenhügel scheint die Situation nicht optimal zu sein. Im AKH beispielsweise seien 20 Quadratmeter große Zimmer oftmals mit vier Patienten belegt gewesen – ohne Platz für Tische und Sessel für Besucher oder gar einen Sichtschutz.

Die Sanitäranlagen befänden sich am Gang, wurde in dem 74-seitigen Bericht illustriert. Auch eine altersstufengerechte Ausstattung fehlte. Überdies gebe es auf der Station zwar Gemeinschaftsräume, aber keine Rückzugsmöglichkeiten, hieß es weiters.

Seit Prüfungsende 40 Prozent mehr stationäre Betten

Im Krankenanstaltenverbund kennt man die Probleme – die Aufnahme von Minderjährigen in Erwachsenenabteilungen war seit 2014 Thema von zahlreichen Besprechungen. Es wurden Aufträge erteilt und Konzepte erstellt, wie dies vermieden werden könnte. Ab Mitte 2018 erfolgte eine Interimslösung im Krankenhaus Hietzing, wo eine Erwachsenenstation zu einer Station für Kinder- und Jugendliche umfunktioniert wurde. Dadurch konnte laut Stadtrechnungshof dieses Ziel „grundsätzlich“ erreicht werden.

Der Krankenanstaltenverbund betonte am Dienstag in einer Aussendung, dass seit Ende der Prüfung etwa die Anzahl der stationären Betten um 40 Prozent aufgestockt worden sei. Der weitere Ausbau sei in Arbeit. Überdies seien derzeit im AKH die Umbauarbeiten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Gang, die noch heuer abgeschlossen werden sollen.

Dadurch sollen sich die räumlichen Gegebenheiten erheblich verbessern, wurde versprochen. Langfristig, bis zum Jahr 2030, ist außerdem eine weitere Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Kaiser-Franz-Josef-Spital (Klinik Favoriten) geplant.