Teilnehmer an einer Protestkundgebung der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft anl. der KV-Verhandlungen am Donnerstag, 27. Februar 2020 in Wien.
APA/Hans Punz
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Wirtschaft

Sozialberufe: 3.000 bei Demo vor Ministerium

Im Streit um eine 35-Stunden-Woche für Sozialberufe hat am Donnerstag in Wien ein großer Protestmarsch stattgefunden. Etwa 3.000 Menschen zogen vom Praterstern zum Sozialministerium am Wiener Ring.

Etwa 1.500 Menschen hatten sich am Nachmittag zur Auftaktkundgebung am Praterstern versammelt. Auf dem Weg Richtung Sozialministerium wurden weitere Belegschaften von am Weg liegenden Standorten aufgesammelt, die Anzahl der Streikenden wuchs stetig. „Wir sind so viele“, hieß es immer wieder, auch bei einer Zwischenkundgebung in der Taborstraße.

Begleitet von Trommeln, Pfeifen, Schildern und einem selbst gebastelten Bourn-out-Monster wurde die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich durch Wien getragen – Solidaritätsbekundungen von Passanten inklusive.

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Teilnehmer an einer Protestkundgebung der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft anl. der KV-Verhandlungen am Donnerstag, 27. Februar 2020 in Wien.
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Demonstration vor dem Sozialministerium am Mittwoch, 12. Februar 2020
APA/Helmut Fohringer
Teilnehmer an einer Protestkundgebung der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft anl. der KV-Verhandlungen am Donnerstag, 27. Februar 2020 in Wien.
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Teilnehmer an einer Protestkundgebung der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft anl. der KV-Verhandlungen am Donnerstag, 27. Februar 2020 in Wien.
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Teilnehmer an einer Protestkundgebung der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft anl. der KV-Verhandlungen am Donnerstag, 27. Februar 2020 in Wien.
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Teilnehmer an einer Protestkundgebung der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft anl. der KV-Verhandlungen am Donnerstag, 27. Februar 2020 in Wien.
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Kritik an SWÖ-Verhandlungsführer Marschitz

Eva Scherz, Verhandlerin für die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp), freute sich über die breite Unterstützung. Für die weiteren Verhandlungen sah sie sich dadurch gestärkt und sagte: „Ich hab’s leichter als die Arbeitgeber, mit 3.000 Leuten im Rücken.“ Aufseiten der Arbeitgeber ortet sie weiterhin Uneinigkeiten. „Es werden immer mehr, die sich öffentlich dazu bekennen“, sagte sie in Anspielung auf die geforderte Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden. Innerhalb der Arbeitgeberkurie brauche es aber eine Dreiviertelmehrheit, um einer Lösung näher zu kommen.

Als Feindbilder wurden bei der Streikdemonstration am Donnerstag vor allem Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer (ÖVP) und der Chefverhandler der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ), Walter Marschitz, ausgemacht. Mahrer hatte sich zuletzt ablehnend über die 35-Stunden-Woche geäußert und erntete dafür den Hohn der Streikenden. Auch Marschitz wurde als Buhmann dargestellt. Er sei immer nur Chef und Manager gewesen, hieß es in mehreren Reden. Daher habe er keine Ahnung, was es heißt, in dieser Branche wirklich zu arbeiten. „Reiche werden immer reicher, Arme immer ärmer“, rief man bei dem Protestmarsch zum Klassenkampf auf.

„Arbeitgeber, ihr seid nun am Zug“

In mehreren Reden sprachen sich Beschäftigte klar für die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich aus. Die Branche leiste physisch und psychisch anstrengende Arbeit – die Arbeitnehmer pflegen, unterstützen und erziehen so viele Menschen, hieß es vor dem Sozialministerium. Politiker und Arbeitgeber würden sich aus der Verantwortung stehlen und sich den Ball gegenseitig zuspielen. Damit würden sie das Vertrauen der Arbeitnehmer verspielen, wurde kritisiert.

Demonstration vor dem Sozialministerium am Mittwoch, 12. Februar 2020
APA/Helmut Fohringer
Schon am 11. Februar protestierten mehr als tausend Streikende vor dem Sozialministerium

Solidarisch erklärten sich auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Caritas, die zwar einen eigenen Kollektivvertrag hat, am Montag aber auch schon gestreikt hat. Ein Betriebsrat versprach volle Unterstützung für die gemeinsame Forderung nach einer 35-Stunden-Woche, die für eine Attraktivierung der Branche notwendig sei.

Zum Abschluss gab es noch musikalische Streikunterstützung durch Eva Stern von „Geschichten im Ernst“. Mit einem eigenen 35-Stunden-Song brachte sie die Menge vor dem Ministerium zum Singen: „35 Stunden sind genug, Arbeitgeber, ihr seid nun am Zug. Arbeitszeiten runter, Löhne rauf – was anderes nehmen wir nicht in Kauf“, hieß es da. Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) lockte der Gesang jedoch nicht vor die Tore seines Ministeriums – im Gegensatz zur Streikversammlung vor zwei Wochen.

Nächste Verhandlungsrunde am 2. März

Die Streikdemo war der Abschluss der zweitägigen Warnstreiks in der Sozialwirtschaft, die 125.000 Menschen in privaten Sozial-, Gesundheits- und Pflegeberufen beschäftigt. Insgesamt beteiligten sich mehr als 400 Standorte an den Kampfmaßnahmen.

Die Kollektivvertragsverhandlungen in der Sozialwirtschaft laufen nun schon seit mehreren Wochen. Die sechste Verhandlungsrunde war zuletzt unterbrochen worden, nachdem Arbeitnehmer und Arbeitgeber Bewegungsbereitschaft beim Gegenüber vermisst hatten.

Die Gewerkschaften hatten einen Etappenplan zur Umsetzung einer Arbeitszeitverkürzung vorgeschlagen, die SWÖ-Verhandler konterten mit einem aufgebesserten Lohnangebot von 2,7 Prozent für 2020 und 2021. Eine Einigung konnte aber nicht erzielt werden. Am kommenden Montag gehen die KV-Verhandlungen dann in die siebente Runde. Vorsorglich wurde mit dem 10. März allerdings schon einmal ein weiterer Streiktag festgelegt.