Peter Hacker, Gesundheitsstadtrat (SPÖ)
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Chronik

Hacker: Wirtschaftliche Folgen eindämmen

Wiens Spitäler seien gut auf die steigende Zahl der Covid-19-Erkrankten vorbereitet, sagt Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Er appelliert aber auch daran, die wirtschaftlichen Folgen für die Bevölkerung einzudämmen.

„Die existentiellen Sorgen dürfen die Sorgen vor dem Virus nicht übersteigen“, sagte Hacker im Ö1-Morgenjournal. Deshalb sieht er große Eingriffe in das Wirtschaftsleben kritisch. „Auch wenn das Coronavirus in Maximalausbreitung ist, werden wir froh sein, wenn es einen Installateur gibt, der Zuhause das kaputte Klo repariert.“

Generell habe er das Gefühl, dass der Ernst der Lage bei der Bevölkerung mittlerweile angekommen sei. Denn die aktuelle Zahl der Infizierten sei „erst das Vorspiel“, wie er am Donnerstagabend in „Wien heute“ sagte. „Es gibt Bad-Case-Szenarien, wo von vielen hunderttausend Erkrankten gesprochen wird.“

Gast im Studio: Peter Hacker, SPÖ-Gesundheitsstadtrat

Der Besuch an den städtischen Spitälern wird stark eingeschränkt um die Intensivstationen zu schützen. Welche Maßnahmen konkret geplant sind, dazu ist Gesundheitsstadtrat Peter Hacker live zu Gast in Wien heute.

Schutz der Spitäler hat Vorrang

Deswegen beschäftigt sich die Stadt seit vielen Wochen mit den Vorbereitungen von Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. „Das ist auch der Grund, warum wir jetzt mehrere Tage lang diese Maßnahmen, die wir schon zu Beginn unserer Krisenstäbe vor vier, fünf, sechs Wochen festgelegt haben, auch einleiten. Ich hab immer gesagt: die wichtigste Aufgabe im Augenblick ist der Schutz unserer Spitäler“, so Hacker.

„Wenn wir etwas lernen können aus Italien und China, dann zeigt sich, dass das Coronavirus eine Lungenerkrankung verursacht und ein doch beträchtlicher Teil der Patienten eine medizinische, ärztliche Behandlung im Spital braucht – und dafür haben wir uns vorbereitet.“ Nicht garantiert sei jedoch, dass die derzeitige Praxis bei Infektionsfällen in einer Abteilung auch im Maximalfall fortgesetzt wird.

Aktuell wird die gesamte Belegschaft nach Hause geschickt und in Quarantäne gesteckt. „Das wird sich dann eventuell ändern“, sagte Hacker in Ö1. Das derzeitige Vorgehen sei deshalb auch Vorbauen auf den Extremfall, damit die Ärzte eben bei einer größeren Zahl an Infizierten wieder fit sind.

700 Betten für Schwererkrankte

Im Notfall bzw. in einer Worst-Case-Situation kann die Stadt laut Hacker die Spitäler „völlig umschalten und insgesamt 500 Plätze in den Spitälern des KAV und weitere 200 Plätze in den Partnerspitälern zur Verfügung stellen – ausschließlich für die Behandlung von schweren Coronavirus-Erkrankten.“

Ein Problem sei laut dem Gesundheitsstadtrat, dass es sich um ein neuartiges Virus handelt, „das wir erst seit drei Monaten am Menschen kennen. Alles was wir tun, ist Spekulation nach vorne“. Aber man sei vorbereitet für eine sehr, sehr große Ausbreitung in Wien. Eine völlige Abschottung von Wien wegen der Coronavirus-Pandemie kann sich Hacker nicht vorstellen. „Ein Lockdown von Wien ist denkunmöglich“, weil dadurch in einer Zwei-Millionen-Stadt so viele Probleme entstünden, dass die Folgen von SARS-CoV-2 noch in den Hintergrund rücken würden.

Probleme durch Grenzschließungen

Problematisch sieht Hacker Grenzschließungen. Dadurch würden etwa 60.000 24-Stunden-Betreuungskräfte aus dem Land ausgeschlossen. „Wir brauchen eine sofortige Lösung für die Pflegekräfte, denn es sind 25.000 alte Menschen in Österreich betroffen“, appelliert Hacker. Wien sei davon noch am wenigsten betroffen, da es hier mehr mobile Pflegekräfte gibt.

Wirtschaftskammer, Sozial- und Außenministerium beraten derzeit, wie man mit dem drohenden Engpass in der 24-Stunden-Betreuung aufgrund der Krise rund um das Coronavirus umgehen wird. Es gelte rasch personellen Ersatz zu finden, sagte Birgit Meinhard-Schiebel von der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger im Ö1-Mittagsjournal. Die drohenden Ausfälle stellten eine „gewaltige Herausforderung“ dar.

Meinhard-Schiebel plädierte für eine Ausnahmeregelung, etwa die Grenzen für Betreuer und Betreuerinnen aus dem Osten offen zu lassen. Zudem müssten Ersatzmöglichkeiten geschaffen werden.