Bürgermeister Michael Ludwig  bei einer Pressekonferenz
APA/Herbert Pfarrhofer
APA/Herbert Pfarrhofer
Politik

Ludwig hat Zweifel an „autofreier“ City

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) will sich das neue Verkehrskonzept für die City von Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) und Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) erläutern lassen. Er bezweifelt, dass das Verfahren bis Herbst abgeschlossen sei.

Hebein und Figl werden nun „zeitnah“ zu einem Gespräch geladen, so Ludwig in einer ersten Reaktion am Mittwoch. Die Ausführungen heute seien doch „sehr allgemein“ gehalten gewesen. „Die Bandbreite ist recht groß“, so der Stadtchef. Sie reiche von autofreier Stadt hin zu einem Plan mit vielen Ausnahmen. Er hätte gerne gewusst, „wie das alles zu verstehen ist“.

„Muss schlüssiges Konzept geben“

„Es muss ein schlüssiges Konzept geben“, forderte er. Aus der Pressekonferenz hätte er dies noch nicht herausgelesen. Prinzipiell sei er für verkehrsberuhigende Maßnahmen, bekräftigte der Bürgermeister, der über ein etwaiges Veto zum City-Vorhaben nicht spekulieren wollte.

Verwundert zeigte er sich aber auch darüber, dass nicht ein – von Figl schon länger angekündigtes – Konzept vorgelegt worden sei, sondern wichtige Fragen erst nun im Begutachtungsverfahren geklärt würden. Die Punkte hätte man vorher besprechen sollen, meinte Ludwig. Er sei auch gespannt, ob das Verfahren bis zur Wahl im Oktober überhaupt abgeschlossen werden könne.

„Auswirkungen auf angrenzende Bezirke zu prüfen“

Als sehr wichtig erachtete Ludwig, die Auswirkungen auf die angrenzenden Bezirke zu prüfen: „Man muss alle einbeziehen, die betroffen sind. Weil natürlich wird es meiner Meinung nach einen Verdrängungseffekt geben.“ Der Stadtchef hatte zuletzt betont, bisher nichts über das genaue Vorhaben zu wissen und damit gedroht, bei Bedarf einzugreifen – also ein Veto einzulegen – mehr dazu in Ludwig droht mit Veto (wien.ORF.at; 16.6.2020).

Karte von Wien
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

City-SPÖ mit weiteren Forderungen

Die SPÖ Innere Stadt forderte am Mittwoch eine „gewissenhafte Vorbereitung“ des neuen Verkehrskonzeptes und warnte vor einer zu raschen Umsetzung. Gleichzeitig wurden weitere Forderungen erhoben bzw. Kritik an Teilen der Pläne geübt. So werden etwa Lösungen für Bezirksbewohner verlangt, die kein eigenes Auto haben, aber ein solches gelegentlich benötigen.

Prinzipiell begrüße man den Vorschlag einer Verkehrsberuhigung, wurde in einem der APA übermittelten Positionspapier betont. Doch es gebe noch „Nachschärfungsbedarf“. So sei auf die Bedürfnisse von Anrainern zu achten, die kein eigenes Kraftfahrzeug besitzen. Denn im vorliegenden Modell sei etwa keine Ladetätigkeit mit einem Mietwagen oder anderweitig ausgeborgte Fahrzeuge gestattet.

„Gehen auf Fahrbahn erlauben“

Verlangt wird die Einführung eines Kontingents an erlaubten Zufahrten für Bewohnerinnen und Bewohner, die mangels eigenem Kfz über kein Parkpickerl verfügen. Möglich seien hier etwa Berechtigungskarten, so der Vorschlag der SPÖ. Auch für Carsharing-Autos solle die Einfahrt uneingeschränkt möglich sein, heißt es. Gefordert wird weiters, dass das Gehen auf der Fahrbahn uneingeschränkt erlaubt wird. Auch die Errichtung neuer Radabstellanlagen oder die Verbannung des Verkehrs von weiteren Plätzen und Straßen wird verlangt.

Sie bedaure, dass niemand von der SPÖ bei der Pressekonferenz teilnehme, so Hebein bei der Pressekonferenz am Mittwoch auf Nachfrage von Journalisten. Aber man sei in gutem Einvernehmen mit der SPÖ. Ludwig sei laufend informiert gewesen. Er sei am Dienstag unmittelbar nach der Einigung mit Figl in Kenntnis gesetzt worden.

NEOS, Grüne und ÖVP im Boot

Anwesend bei der Pressekonferenz waren neben Hebein und Figl auch Bezirksvertreter von ÖVP, Grünen und NEOS. Auch beim letzten Treffen am Dienstag waren Vertreter aller Bezirksfraktionen mit Ausnahme der FPÖ anwesend. Figl sagte, die FPÖ sei von Anfang dagegen gewesen. Die SPÖ habe sich hingegen konstruktiv eingebracht.

Aus Sicht von NEOS handle es sich um einen großen Erfolg, man freue sich auf die Umsetzung ihrer „langjährigen Forderung“ nach einer verkehrsberuhigten Innenstadt. Sie wünschen sich ebenfalls noch bauliche Maßnahmen, „um das volle Potenzial und den neu gewonnenen Platz der verkehrsberuhigten Innenstadt nutzen zu können“, sagte Verkehrssprecherin Bettina Emmerling in einer Aussendung. Christoph Hilscher, Chef der Bezirks-Pinken in der City, pochte in der Pressekonferenz zudem auf eine Ausweitung der Fahrzeiten und -strecken der Innenstadtbusse, um die Mobilität der Bürger zu gewährleisten.

Wölbitsch: „Richtige Vorgehensweise“

Alexander Hirschenhauser von den Grünen im ersten Bezirk sagte auf der Pressekonferenz, dass es sich seit Jahren um eine Herzensangelegenheit handle und man schon seit acht Jahren daran arbeite. „Unsere Überzeugungsarbeit lohnte sich.“ Viele Anliegen seien berücksichtigt worden.
Auch die ÖVP begrüßte die Maßnahme.

Dass Bezirksvorsteher Figl auf die Einbindung der Wirtschaft und der Innenstadtbewohner setze, sei die richtige Vorgehensweise, sagten ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch, ÖVP-Verkehrssprecher im Nationalrat, Andreas Ottenschläger, und ÖVP-Verkehrssprecher im Gemeinderat Manfred Juraczka in einer gemeinsamen Aussendung. Ein fixer Zeitpunkt für eine übereilte Umsetzung wäre aber falsch.

Kritik von Nepp und Strache

Der Wiener FPÖ-Chef, Vizebürgermeister Dominik Nepp, forderte Ludwig in einer Aussendung auf, seinen Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen und das „schwarz-grüne Pantscherl für die autofreie Innenstadt“ zu stoppen. Das Einfahrverbot werde die Unternehmen, die ohnehin schon von der Coronavirus-Krise schwer gebeutelt seien, weiter belasten, so seine Warnung. Dass Ludwig laut eigener Aussage nicht informiert sei, ist für den ehemaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, als würde ein Lokomotivführer nicht wissen, wohin der Zug fährt. Stattdessen brauche es mehr Tiefgaragen und Parkplätze, so der Spitzenkandidat für „Team HC Strache“ am Mittwoch in einer Pressekonferenz.

Kritik kam auch von der Interessensgemeinschaft der Kaufleute der Wiener Innenstadt: Die Coronavirus-Krise habe alle stark und nachhaltig getroffen. „Unseres Erachtens nach wären die Auswirkungen einer Zufahrtsbeschränkung bzw. eines Verbotes eine Katastrophe“, heißt es in einer Aussendung. Die Bezirksliste „Wir im Ersten“ übte ebenfalls Kritik. Mit dem Projekt werde der Startschluss zur „Klamauk-Zentrale Innere Stadt“ gegeben, sagte Klubvorsitzender Karl Newole per Aussendung.