CHRONIK

Vergewaltigung: Verfahren eingestellt

Ein 27-jähriger Polizeischüler ist beschuldigt worden, eine 22-jährige Mitschülerin im polizeilichen Grundausbildungszentrum in der Marokkanerkaserne in Wien-Landstraße vergewaltigt zu haben. Die Staatsanwaltschaft Wien hat das Verfahren nun eingestellt.

Der 27-Jährige war am 21. Februar unter dem Vorwurf festgenommen worden, er habe in der vorangegangenen Nacht die jüngere Mitschülerin in ihrem Zimmer in der Polizeikaserne mit Gewalt zur Duldung von Geschlechtsverkehr gezwungen. Der Verdächtige verantwortete sich mit einvernehmlichem Sex.

Er behauptete, die 22-Jährige habe ihn nach einer ausgedehnten Lokaltour mit einer Gruppe von Kollegen, die in der „Bettelalm“ zu Ende ging, mit in die Kaserne und dort auf ihr Zimmer genommen. Da sei „es“ dann passiert, obwohl beide zu diesem Zeitpunkt jeweils anderweitig vergeben waren.

Staatsanwalt: Aussage der 22-Jährigen nicht glaubwürdig

Zunächst wurde der 27-Jährige am 23. Februar mit Hilfe seines Anwalts gegen gelindere Mittel enthaftet – mehr dazu in Vergewaltigungsverdacht: Polizeischüler enthaftet . Nun kam die Anklagebehörde nach umfangreichen Ermittlungen zum Schluss, seine leugnende Verantwortung sei mangels Glaubwürdigkeit der 22-Jährigen nicht widerlegbar.

Wie sich herausstellte, hatte die junge Frau nämlich am Morgen nach der angeblichen Vergewaltigung ausgerechnet gemeinsam mit dem 27-Jährigen gelernt und dem Verdächtigen später einen Teil ihres Mittagessens überlassen. Erst am Abend desselben Tages erstattete sie Anzeige, nachdem sie mit ihrem Freund und ihrem Vater über den Sex in der Kaserne gesprochen hatte, der – wie sie beiden versicherte – gegen ihren Willen passiert sei.

Als Zeugen vernommene Kollegen der Beteiligten und ihr Ausbildner, der die angehenden Polizisten mit durch die Nacht bis in die „Bettelalm“ begleitet hatte, bestätigten die von der 22-Jährigen geschilderten laufenden Annäherungsversuche des 27-Jährigen nicht. Vielmehr soll diese an einer Stange Poledance getanzt und den Kollegen – wenn auch unbeabsichtigt – damit möglicherweise überhaupt erst erregt haben.

Keine Spuren auf gewaltsamen Sex

Ein beigezogener gynäkologischer Sachverständiger fand bei einer Untersuchung der jungen Frau keine eindeutigen Spuren für gewaltsamen Sex. Dafür entdeckte der Verteidiger Fotos, die die 22-Jährige am Tag nach der angeblichen Vergewaltigung verkleidet auf einem Faschingsumzug zeigten – ein Verhalten, das nach Ansicht des Anwalts nicht mit einem wenige Stunden zuvor erlebten sexuellen Missbrauch in Einklang zu bringen war.

Obwohl der 27-Jährige vorerst als rehabilitiert gilt – formal kann seine ehemalige Mitschülerin eine Fortsetzung des eingestellten Verfahrens beantragen –, hat sich die Sicherheitsakademie mittlerweile von ihm getrennt. Dass die Staatsanwaltschaft gegen die 22-Jährige ein Verfahren wegen Verleumdung bzw. falscher Zeugenaussage einleitet, erscheint im Hinblick auf die Beweislage, im Kern steht Aussage gegen Aussage, wenig wahrscheinlich.