Weggesperrte Schanigartentische und -Sesseln vor geschlossenem Lokal
APA/Roland Schlager
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Wirtschaft

Gastro: Für fast ein Drittel wird es eng

Während Schulen und Handel am Montag wieder aufsperren, bleibt die Gastronomie weiter zu. Die Besitzer erhalten für Dezember 50 Prozent des Vorjahresumsatzes. Für fast ein Drittel wird es bald eng, befürchtet die Wirtschaftskammer.

Momentan hoffen alle, dass sie am 7. Jänner wieder öffnen können. Bis dahin gibt es teilweise Entschädigung für das verpasste Geschäft: Gastrobetriebe bekommen wegen des Lockdowns im November 80 Prozent des Umsatzes ersetzt, 50 Prozent sind es im Dezember. Der Umsatzersatz ist allerdings aufgrund der EU-Förderrichtlinie auf 800.000 Euro gedeckelt.

„Wir freuen uns zumindest über den 50-prozentigen Umsatzersatz. Natürlich hätten wir mehr erhofft, aber das ist das, womit wir nun leben müssen“, sagte Peter Dobcak, Spartenobmann für Gastronomie in der Wirtschaftskammer Wien, am Samstag gegenüber „Wien heute“. Wobei zumindest keine Beschaffungskosten für Essen entstehen. Das Personal ist größtenteils in Kurzarbeit.

Frau mit Maske bei Kaffeezubereitung
ORF
Viele Lokale bieten derzeit Abhol- und Lieferservice an

„Zwischen 25 und 30 Prozent wird es nicht schaffen“

Diese Argumente ließ Dobcak aber nicht gelten. „Wir wollen aufsperren und wir freuen uns, dass wir einen Umsatzersatz bekommen und diese ganze Zahlenspielerei, dass das eine Überförderung sein könnte, das ist nicht zu akzeptieren. Wir sind eine schwer getroffene Branche.“

Für einige wird es das baldige Aus bedeuten, befürchtete Dobcak: „Zwischen 25 und 30 Prozent der Gastronomen wird es nicht ins kommende Jahr schaffen, vor allem dann, wenn die Stundungen ablaufen, dann wird es sehr, sehr bitter.“

Viele setzen auf Lieferservice

Dennoch blieb der WK-Spartenobmann optimistisch. Viele würden jetzt einmal aber auf das Lieferservice setzen. Diese Rechnung ging aber zumindest für die Wiener Traditionskonditoreiketta Aida bisher nicht auf. Zwölf der insgesamt 33 Wiener Filialen seien derzeit für Abholungen geöffnet, sagte Aida-Sprecher Stefan Ratzenberger am Samstag gegenüber Radio Wien.

Doch das habe sich nicht gerechnet. Der Umsatz sei um 95 Prozent eingebrochen. Der Aida-Sprecher warnte vor einem radikalen Jobabbau und Filialschließungen. Betroffen wären rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Hälfte der Filialen.

November-Zuschlag „sicherlich nicht genug“

„Der November-Zuschuss hat geholfen“, sagte einer der bekanntesten Vertreter der schwer getroffenen Gastronomiebranche, Bernd Schlacher, am Samstag im „Wien heute“-Gespräch mit Patrick Budgen. „Aber es ist sicherlich nicht genug.“ Wegen der Deckelung bekomme er für seine Lokale im Dezember nichts mehr. Die Fixkosten betragen inklusive Kurzarbeit 200.000 bis 250.000 Euro im Monat. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei von über 200 auf 120, 130 geschrumpft.

Bernd Schlacher im Gespräch

Szenegastronom Bernd Schlacher im „Wien heute“-Interview.

Schlacher ist fixer Teil der Wiener High Society und Besitzer zahlreicher Lokale – als erstes übernahm er vor fast 30 Jahren das Motto im fünften Bezirk, das er bis 2014 führte. Bei der Schiffanlegestelle am Schwedenplatz folgte vor zehn Jahren das Motto am Fluss. Zwischenzeitlich gehörten auch das Kunsthallencafe und das Cafe Halle im Museumsquartier zu Schlachers Gastronomieimperium.

Und demnächst soll es Zuwachs geben – das Schloss-Restaurant Cobenzl wird bis Herbst 2022 saniert. Schon im Sommer 2021 soll auf der Mariahilfer Straße das ehemalige Hotel Kummer unter seiner Führung eröffnen. Als erster Vorgeschmack eröffnete im selben Gebäude unlängst seine Bäckerei „Motto Brot“.

„Im März, April wird es wieder losgehen“

Schlacher zeigte sich für die Zukunft zuversichtlich: „Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass es im März, April wieder losgehen wird.“ Im Catering werde es aber erst im Sommer oder Herbst soweit sein. Bis April oder Mai werde er es schaffen, dann werde er weitersehen, so Schlacher. Mit seiner ganz neu eröffneten Backstube laufe es indes aber sehr gut.

Hotel Sacher „wird diese Krise überstehen“

Das Hotel Sacher werde die Krise überstehen, zeigte sich auch Sacher-Chef Matthias Winkler im Interview mit dem Ö1-Magazin „Saldo“ am Freitag optimistisch. „Das Sacher und die Sacher-Betriebe sind ein Familienunternehmen, das über Jahrzehnte sehr sparsam gewirtschaftet hat. Das heißt, wir haben Reserven, um durch diese sehr schwierige Zeit zu kommen.“ Und weiter: „Das Sacher wird diese Krise überstehen, aber viele andere werden und müssen bereits jetzt hart kämpfen.“

Auch Winkler sieht in den 80 Prozent Umsatzersatz für die Hotellerie keine Überförderung: „Wenn man sich den November anschaut, dann sieht das auf den ersten Blick fast wie Überförderung aus. Aber wenn man sich das ganze Jahr anschaut, merkt man, dass diese Branche vielleicht so stark wie keine andere getroffen ist und dass das notwendige Hilfsmaßnahmen sind.“ Zuletzt machte das Hotel Sacher im Herbst Schlagzeilen, als Winkler bekanntgab, dass 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Standorten Wien und Salzburg gekündigt werden müssen.