Polizisten bei Kundgebung
APA/Herbert Neubauer
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Chronik

Polizei untersagt FPÖ-Kundgebung

Die Wiener Polizei untersagt eine für Sonntag geplante Kundgebung der FPÖ und begründet das mit „Gefahr für die Volksgesundheit“. Die FPÖ reagierte empört und will eine Sondersitzung des Nationalrats beantragen.

„Aus der Versammlungsanzeige war zu entnehmen, dass es sich um eine Versammlung größeren Ausmaßes mit ca. 2.000 Teilnehmern handeln wird. Die Erfahrungen der letzten Wochen bei Versammlungen dieser Art haben gezeigt, dass weite Teile von Versammlungsteilnehmern das Gebot des Tragens eines eng anliegenden Mund- und Nasenschutzes sowie die Einhaltung des Mindestabstandes schlichtweg ignorieren, sodass geradezu erwartbar ist, dass es bei diesen Versammlungen zu Gesetzwidrigkeiten in großem Ausmaß kommen wird“, hieß es in einer Aussendung der Wiener Polizei zur Absage der für Sonntag auf dem Maria-Theresien-Platz geplanten Kundgebung.

Durch die Veranstaltung wäre „große Gefahr für die Volksgesundheit“ entstanden. Die Landespolizeidirektion Wien warnt auch vor Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, die Geldstrafen bis zu 720 Euro bedeuten könnten. Für Missachtung von Abstands- oder Mund-Nasen-Schutz-Regeln sind bis zu 500 Euro Strafen möglich.

FPÖ kündigt Sondersitzung an

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl hat die Absage der Kundgebung „Demokratie, Freiheit und Grundrechte“ als „einmalig in der Zweiten Republik“ bezeichnet. Für Kickl wird gezeigt, dass „die Regierung und insbesondere Innenminister Karl Nehammer nicht davor zurückschrecken, jede Regierungskritik beinhart zu verbieten. Die fadenscheinige Begründung der Untersagungen auf Basis einer höchstwahrscheinlich selbst verfassungswidrigen und möglicherweise sogar amtsmissbräuchlich erlassenen Verordnung des Gesundheitsministers macht die dramatische Situation, in der sich Österreichs Demokratie und Rechtsstaat befinden, deutlich.“

Kickl versichert, dass am Sonntag keine Kundgebung stattfinden wird: "Im Unterschied zu den Vertretern der Bundesregierung halten wir uns an rechtliche Vorgaben. Wir leisten mit dieser Entscheidung einen Beitrag dazu, die Polizistinnen und Polizisten vor Ort nicht in ein moralisches Dilemma zu bringen. In einer Aussendung kündigte er den Antrag für eine Sondersitzung des Nationalrats an: „Die FPÖ wird sämtliche rechtlichen Mittel gegen diese verfassungsfeindlichen Tendenzen der Regierung ausschöpfen.“

Mit „großer Sorge“ reagierte auch FPÖ-Bundesobmann Norbert Hofer. Die Verfassung werde untergraben, sagte Hofer und ersuchte Bundespräsident Alexander Van der Bellen, einzugreifen und zu zeigen, dass er wirklich ein „Präsident aller Bürger“ sei. Der oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter und stellvertretende Bundesparteiobmann, Manfred Haimbuchner, bezeichnet die Demonstrationsverbote als „dunkle Stunde“ für die österreichische Rechtsstaatlichkeit.

Spaziergänge statt Kundgebung

Romana Palmetshofer, die Anmelderin der ursprünglichen und ebenfalls untersagten Kundgebung „Für die Freiheit“ meinte am Samstag, dass „eine große Versammlung bzw. Kundgebung – von wem auch immer organisiert – ein starkes Zeichen der Deeskalation und für die von der Regierung frustrierten und gedemütigten Bürger ein wichtiges Ventil für den strukturierten Protest gewesen wären“.

Laut Palmetshofer wollen viele Menschen am Sonntag stattdessen einen Spaziergang unternehmen: „Alle wichtigen Proponenten unseres Netzwerks versuchen, auf die Bürger einzuwirken, ihre Spaziergänge friedlich abzuhalten und ihren Unmut nicht gegen die Polizei zu richten, denn die Polizistinnen und Polizisten können rein gar nichts für diese Entwicklung.“

Mehr als 200 Anzeigen bei Demos

Mehr als 200 Anzeigen gab es am Samstag bei Demos in der Stadt – wegen der Nichteinhaltung der Corona-Regeln. Eine Demo der FPÖ am Sonntag wurde untersagt.

Aktivistin festgenommen

Am Samstag hat die Wiener Polizei eine Aktivistin und Organisatorin von Protesten gegen die Coronavirus-Maßnahmen festgenommen. Die Frau hatte sich nicht an die Abstandsregeln und die Tragepflicht eines Mund-Nasen-Schutzes gehalten. Wiederholt wurde sie darauf aufmerksam gemacht und ihr eine Anzeige angedroht", sagte Polizeisprecher Christopher Verhnjak. Weil sie sich „trotz aller Bemühungen geweigert hat, wurde sie nach dem Verwaltungsstrafgesetz festgenommen“.

Die Aktivistin aus der rechtsextremen Szene wurde unter anderem bekannt, weil sie bei einer Kundgebung von teils rechtsextremen Gegnern der Coronavirus-Maßnahmen auf offener Bühne eine Regenbogenfahne zerrissen und einen Zusammenhang zwischen Homosexualität und Pädophilie behauptet hatte. Sie gilt als Sprachrohr der „Querdenker“.

Polizisten bei Corona-Demo
APA/Herbert Neubauer
Bei einer Kundgebung ist eine Aktivistin festgenommen worden

Kundgebung am Ballhausplatz

Eine Veranstaltung auf dem Ballhausplatz war am Samstag als Kundgebung gegen zehn Demonstrationen mit Kritik an den Coronavirus-Maßnahmen geplant gewesen. Diese zehn Demonstrationen sind ebenso wie fünf Kundgebungen am Sonntag von der Polizei untersagt worden. Begründet wurde das mit dem Interesse an öffentlicher Volksgesundheit und zu erwartenden Verstößen gegen die CoV-Maßnahmen – mehr dazu in Polizei untersagt Demos am Wochenende.

Insgesamt waren laut Polizei etwa 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Kundgebung am Ballhausplatz dabei. Sie hielten sich sowohl an den Mindestabstand und trugen Mund-Nasenschutz, es kam laut Polizei zu keinen Vorfällen.

Dagegen wurde von der Polizei eine Person abseits der Kundgebung wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz angezeigt, die eine Armschleife in symbolischer Form eines Judensterns trug. Insgesamt kam es in Wien zu 182 Anzeigen wegen Nichteinhaltung des Mindestabstandes sowie 31 Anzeigen wegen Nichtbeachtung der Maskenpflicht.

Kickl: „Tabubruch und Sündenfall“

Noch vor der Absage der FPÖ-Demonstration hatte Klubobmann Kickl in einer Pressekonferenz scharfe Kritik an der Absage von Demonstrationen von Gegnern der Coronavirus-Maßnahmen geübt. Das sei „ein Tabubruch, Sündenfall, demokratiepolitischer Skandal“ und erstmals „direkte Zensur“.

Eine Großdemo am Sonntag sei „auf Geheiß des Innenministers untersagt“ worden, meinte er, Minister Karl Nehammer und Kanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) hätten verhindern wollen, dass sie von „Tausenden Menschen“ Kritik an ihrer Vorgangsweise gegen das Coronavirus hören – und mit einer „Einschüchterungsstrategie“ eine Demobilisierung versucht. Mittlerweile werde „beinhart“ die Linie gefahren, „dass Regierungskritik in diesem Land nicht mehr geduldet ist“. Das „passt in eine Demokratie nicht im Mindesten hinein“, befand Kickl.