Der Mikrobiologe Michael wagner von der Universität Wien
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Coronavirus

Experte: Müssen uns andere Ziele setzen

Der Molekularbiologe Michael Wagner von der Universität Wien hält es für einen Fehler, über die Dauer von Lockdowns zu diskutieren. Vielmehr müsse man Infektionszahlen erreichen, „die langfristig kontrollierbar sind“.

Für Wien gilt nach derzeitigem Stand ein Lockdown von elf Tagen, auch wenn Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) nicht ausschließt, dass der Lockdown bis nach dem 11. April verlängert wird. Ein Lockdown von elf Tagen „kann funktionieren, allerdings ist das schon ein kurzer Zeitraum“, sagte Wagner gegenüber „Wien heute“. Es hänge größtenteils davon ab, wie die Bevölkerung mitmacht.

Generell findet Wagner eine Diskussion über die Länge von Lockdowns aber falsch. „Ich glaube, es ist wie bei den Öffnungsdiskussionen ein Fehler, über Zeiten zu reden, sondern man muss sich Ziele setzen. Man muss sagen, was müssen wir erreichen, bevor wir etwas verändern können, wie zum Beispiel Öffnungsschritte setzen. Da muss man Infektionszahlen erreichen, die langfristig kontrollierbar sind“, so Wagner. Er findet das Minimalziel einer Sieben-Tages-Inzidenz von 50 als das „eigentlich richtige Ziel. Das ist möglich, das machen uns andere Länder vor“.

Talk mit Michael Wagner über das Corona-Virus

Der Mikrobiologe der Uni Wien, Michael Wagner, über die aktuelle Corona-Lage in Wien.

„Alle jetzt noch einmal am Riemen reißen“

Denn so könne es dann mit den saisonalen Effekten und mit der langsamen Schutzwirkung, die durch die breiter ausgerollte Impfung hinzukommt, „ein recht entspannter Spätfrühling und Sommer werden, wenn man es schafft, die Zahlen einmal auf solche Werte zu drücken, dass sie kontrollierbar sind“, sagte Wagner. Allerdings müssten sich da „alle jetzt noch einmal am Riemen reißen und sagen, da kommen wir hin, das gibt uns Freiheit für den Frühling und Sommer und verhindert viele, viele schwerste Erkrankungen“.

Für Wagner wäre das auch eigentlich der einzige Weg, „der aus dem ewigen Kreislauf von versuchten Lockerungen und dann wieder Lockdowns“ herausführen kann. „Wenn wir immer nur rumdoktoren und es dann schaffen die Zahlen ein bisschen zu senken, dann fallen die Belegungszahlen in den Krankenhäusern wieder ein bisschen, dann verliert man die Geduld auf den letzten Metern eigentlich und macht die Ouvertüre für den nächsten Lockdown“, so Wagner.

Zu einer Maskenpflicht im Freien, wie sie die Stadt Wien für stark frequentierte Orte überlegt, sagte Wagner, es sei alles, was Übertragung verhindert, sinnvoll. Wagner glaubt aber nicht, dass im Freien der Hauptübertragungsweg ist. „Aber ich glaube, man muss es viel genereller angehen, und sagen, wir müssen die Zahlen massiv senken, um dann mit den Maßnahmen die wir schon haben, das würde dann schon reichen, um mit den Impfungen und saisonalen Effekten in eine wesentlich ruhigere und für alle angenehmere Phase zu kommen“.