Mordprozess um 2005 verschwundene Frau
ORF
ORF
Chronik

Mordprozess ohne Leiche: Tochter als Zeugin

Im Fall der seit 2005 vermissten Architektin hat am Montag am Wiener Landesgericht für Strafsachen die Tochter ausgesagt. Sie war zum Zeitpunkt des Verschwindens ihrer Mutter zweieinhalb Jahre alt. Ihr Vater wird verdächtigt, die Frau getötet zu haben.

Der mittlerweile 65 Jahre alte Pensionist soll laut Anklage Elisabeth G. „auf bisher unbekannte Art“ getötet und an einem unbekannten Ort abgelegt haben soll. Er bestreitet das und will mit dem Verschwinden der damals 31-Jährigen nichts zu tun gehabt haben. Nachdem sie am vorangegangen Wochenende aus der ehelichen Wohnung ausgezogen war, hatte sie am Nachmittag des 6. Dezember 2005 die letzten Sachen aus dieser geholt, wobei sie die seinerzeit zweieinhalbjährige Tochter dabei hatte.

Diese wollte dann beim Vater bleiben, was die angeblich depressive Mutter dessen Darstellung zufolge weiter verstimmt haben soll. Seit diesem Tag fehlt von Elisabeth G. jede Spur. Die Staatsanwaltschaft glaubt beweisen zu können, dass sie vom Angeklagten vorsätzlich getötet wurde.

Tochter: „Bin sehr glücklich aufgewachsen“

Die mittlerweile 18-jährige Tochter hatte an den Abend des 6. Dezember 2005 keine frühkindliche Erinnerung. Ihren Vater, dem nun im Fall eines Schuldspruchs zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft droht, begrüßte sie eingangs ihrer Zeugenbefragung mit einem kurzen „Hallo“, am Ende der Einvernahme reichte sie ihm kurz die Hand und drückte diese.

„Ich bin sehr glücklich aufgewachsen“, schilderte die 18-Jährige. Sie könne sich über ihre Kindheit „nicht beschweren“. Sie sei ihrem Vater „sehr dankbar“, er sei immer einfühlsam gewesen: „Er ist der wichtigste Mensch in meinem Leben.“ Sie habe immer zu ihm gehen und über alles mit ihm reden können.

Mordprozess ohne Leiche: Tochter als Zeugin

Im Fall der seit 2005 vermissten Architektin hat am Montag am Wiener Landesgericht für Strafsachen die Tochter ausgesagt. Sie war zum Zeitpunkt des Verschwindens ihrer Mutter zweieinhalb Jahre alt. Ihr Vater wird verdächtigt, die Frau getötet zu haben.

Tochter hofft, dass Mutter lebt

Der Vater habe nach dem Verschwinden der Mutter nie schlecht über diese geredet: „Er hat sie immer sehr positiv dargestellt. Ich habe durch ihn ein sehr gutes Bild von der Mama gehabt.“ Wohin diese auf einmal verschwunden sei, habe sie als Kind nicht sehr beschäftigt: „Ich habe darüber nie groß nachgedacht. Ich war es gewohnt, mit meinem Papa allein aufzuwachsen.“ Er habe ihr seinerzeit gesagt, „dass er nicht weiß, wo sie ist.“ Auf die Frage, was sie dazu heute glaube, erwiderte die Tochter: „Wir wissen nicht, was mit ihr passiert ist. Ich glaube, dass sie lebt, so lange ich es nicht weiß.“

„Unglücklich in ihrer Beziehung“

Die ehemalige Psychotherapeutin beschrieb Elisabeth G. als zwar depressiv, aber nicht lebensmüde. Die Frau war bei ihr von August 2004 bis wenige Tage vor ihrem Verschwinden in Therapie. „Sie war sehr unzufrieden in ihrer Rolle und sehr unglücklich in ihrer Beziehung und in ihrer Funktion als Mutter“, stellte die Therapeutin fest. In der Weihnachtszeit 2004 sei es ihr „besonders schlecht“ gegangen: „Akuter Suizid war aber kein Thema.“ Die Architektin habe „unbedingt etwas zum Positiven verändern“ wollen.

Im darauf folgenden Frühjahr habe sich die Frau „ein Stück erholt“ und die Therapie von Mai bis September 2005 unterbrochen. Dann sei sie wieder gekommen: „Es ging ihr erneut sehr schlecht. Ganz klar ausgesprochen war ihre Beziehung zum Mann. Sie hat eine totale Ohnmacht empfunden durch die absolute Kontrolle, die ihr Mann ausgeübt hat. Alles musste nach seiner Vorstellung, nach seinem Willen geschehen.“ Der Ehemann habe die Mutter „aktiv von ihrer Beziehung zum Kind ferngehalten“, sie habe dieses nicht wickeln, zu Bett bringen, versorgen dürfen.

Gleichheit in Partnerschaft ersehnt

Dabei habe die Frau eine „Gleichheit in der Partnerschaft“ ersehnt, hielt die Therapeutin fest. Dass dies nicht und nicht zu erreichen war, habe ihr die Aussicht genommen, „dass sich das zum Guten wendet“. Der Entschluss, sich scheiden zu lassen, sei dann für die Frau „eine Entlastung“ gewesen. Bei der letzten Sitzung am 1. Dezember fünf Tage vor ihrem Verschwinden sei Elisabeth G. zwar „sehr verzweifelt und belastet“ gewesen, weil sich der Mann wieder nicht an Vereinbarungen gehalten hatte. Dessen ungeachtet sei sie aber „zuversichtlich und mit einem Blick in die Zukunft gestärkt“ aus der Sitzung gegangen.

Die Psychotherapeutin betonte abschließend, Elisabeth G. sei nicht schwer depressiv gewesen: „Die Diagnose war Anpassungsstörung mit längeren depressiven Verstimmungen. Aber mit einer leichten Depression ist man alltagsfähig.“

Einige Zeugen abgesagt

Eine enge Freundin wusste im Anschluss zu berichten, dass Elisabeth G. unter der Gefühlskälte ihres Ehemannes litt. Speziell im Frühjahr 2005 sei es ihr „sehr schlecht“ gegangen, von Selbstmord sei aber nie die Rede gewesen. Sie habe sich von ihrem Mann „oft als Gebärmaschine benutzt gefühlt“, sagte die einstige Studienkollegin: „Sie hat mir das Gefühl vermittelt, dass sie benutzt wurde, um ein Kind zu bekommen.“ Von diesem Zeitpunkt an habe ihr in der Partnerschaft „der liebevolle Austausch“ gefehlt, der Mann habe sich vielmehr „ein zweites Schlafzimmer eingerichtet“. Ihre Freundin sei aber nicht am Boden zerstört gewesen: „Sie ist nicht herumgelegen, war depressiv und hat nichts geschafft.“ Sie habe Veränderungen herbeiführen wollen.

Ein Mann, der mit dem Angeklagten eigenen Angaben zufolge seit 1970 befreundet ist, betonte als Zeuge, er habe mit diesem „immer das beste Einvernehmen gehabt“. Am 9. Dezember 2005 – wenige Tage nach dem Verschwinden von Elisabeth G. – habe sich dieser wie schon öfter zuvor seinen Ford Transit ausgeborgt – die Anklagebehörde vermutet, dass dieser damit die Leiche seiner Frau weggebracht haben könnte. „Er hat den Transit nicht geputzt zurückgegeben. Er war so wie vorher“, bemerkte dazu der Zeuge. Das Fahrzeug sei auch zwei Mal von der Kriminaltechnik auf Blut- und sonstige Spuren untersucht worden: „Sie haben nix gefunden.“

Die Verhandlung wird am kommenden Donnerstag mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt. Ob es danach – wie geplant – auch ein Urteil geben wird, ist insofern nicht ganz klar, als einige der geladenen Zeugen krankheitsbedingt abgesagt haben.