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Gastronomie gehen Fachkräfte aus

In Wien fehlen Fachkräfte in der Gastronomie. Viele haben der Branche in den vergangenen Pandemiejahren den Rücken gekehrt. Gleichzeitig kämpft die Gastronomie mit der hohen Preisentwicklung – und fordert die Bundesregierung zum Handeln auf.

Für Wiens Lokale geht die Rechnung bald nicht mehr auf: Gelernte Köche und Kellnerinnen haben sich wegen der CoV-Lockdowns umschulen lassen und sind oft nicht mehr zurückgekommen. Viele Lokale werden mit Hilfskräften oder Quereinsteigern betrieben. Schließtage und kürzere Öffnungszeiten bei gleichzeitig gestiegenen Kosten sind die Folge.

Forderungen nach Energiepreisdeckel

Einen Betrieb aufrechtzuerhalten wird immer schwieriger, sagt der Wiener Branchenobmann Peter Dobcak gegenüber Radio Wien. „Denn Schließtage heißen weniger Umsatz, die Kosten steigen aber und das ist die große Herausforderung, wo wir dringend Lösungen seitens der Regierung brauchen.“

Gefordert wird ein Energiepreisdeckel und eine Entkoppelung des Strom- vom Gaspreis. Eine kostendeckende Kalkulation geht sich eigentlich nicht mehr aus, sagt Dobcak: „Denn es ist sinnlos für ein Schnitzel 40 Euro zu verlangen, das dann niemand mehr kauft.“

Wirte mit Sommersaison zufrieden

Das Sommergeschäft ist laut Dobcak gut verlaufen. „Knapp die Hälfte der Wirtinnen und Wirte hat gesagt, dass sie eine sehr gute Saison gehabt haben. 20 Prozent haben gesagt ‚eher schlecht‘ und der Rest war zufrieden bis mittelmäßig zufrieden.“

Jene, die unzufrieden waren, befinden sich vor allem am Stadtrand. „Natürlich haben sich die Kostenbelastungen auch auf die Preise niedergeschlagen. Und es kommt auf die Kaufkraft der Gäste an“, sagte Dobcak.

Martinigansl als teure Angelegenheit

Auch das traditionelle Martinigansl ist heuer eine teure Angelegenheit. Die Saison ist „voll im Laufen“, so der Branchenobmann. Zu den Preisen wurde vor Kurzem eine Umfrage durchgeführt. „Eine zehnprozentige Preiserhöhung wird von den Gästen noch angenommen, zwanzig Prozent auch noch ein bisschen, aber für alles über zwanzig Prozent haben die Gäste kein Verständnis mehr“, erklärte Dobcak.

Es führe aber kein Weg an höheren Preisen vorbei. „Man darf nicht vergessen. Wir machen das nicht zum Spaß. Die Preise sind gewaltig gestiegen bei der Energie – zum Teil bis zum 13-Fachen. Auch beim Wareneinkauf und auch beim Personal sind höhere Kosten zu tragen, das wir ja auch gut bezahlen müssen oder wollen.“

Extrakosten für Heizstrahler-Tische

Bei manchen Betrieben muss Kundschaft für Heizstrahler im Schanigarten nun extra bezahlen. Auch diese Maßnahmen würden die Wirtinnen und Wirte nicht machen, „weil es ihnen gefällt“, sondern „weil auch wir hier enorm höhere Kosten zu tragen haben“, betonte Dobcak.

Die Betreiberinnen und Betreiber dürfen selbst entscheiden, ob sie Heizstrahler im Schanigarten anbieten oder nicht, und ob sie dafür Geld verlangen. „Grundsätzlich muss gesagt werden, dass wir für die Heizstrahler sowieso schon eine Abgabe bezahlt haben und weiterhin bezahlen, aber ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, das generelle Verbot von Heizstrahlern abzuwenden“, sagte Dobcak.

Heizschwammerl im Schanigarten
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Manche Wiener Lokale verlangen für einen Tisch unter einem Heizstrahler extra Geld

Die Kostenkalkulation würde es verlangen, dass sich die Wirtinnen und Wirte genau anschauen, ob sie in Kauf nehmen, dass sie durch fehlende Heizstrahler Kundschaft verlieren, oder ob sie eben dafür extra Geld verrechnen. Dobcak: „Aber mir ist auch vollkommen bewusst, dass das eine Gratwanderung ist, weil auch unsere Gäste schauen müssen, was sie sich noch leisten können“.

Kampagne „Mei Wirt is’ wert“

Mit einer Werbekampagne unter dem Titel „Mei Wirt is’ wert“ wollen die Wiener Wirte eine Initiative für mehr Wertschätzung, Anerkennung und Respekt schaffen. Denn die Gastronomie sei nicht nur eine Dienstleistung, die Speisen und Getränke serviert.

Mit rund einem Drittel der Beschäftigten sei Wien das Herzstück der österreichischen Gastrolandschaft und Arbeitsplatz von zehntausenden Menschen, sagte Dobcak. Konkret sind es 33.500 Beschäftigte, 6.500 Wirtinnen und Wirte sowie 600 Lehrlinge.

Inflation im Oktober bei elf Prozent

Die Verbraucherpreise ziehen in Österreich weiter kräftig an. Laut Schnellschätzung der Statistik Austria dürfte die Inflationsrate im Oktober auf elf Prozent geklettert sein und damit weiter im zweistelligen Bereich bleiben.

Laut einer aktuellen Umfrage des Handelsverbands schlägt sich die Teuerung deutlich auf das Einkaufsverhalten vieler Verbraucherinnen und Verbraucher nieder. Demnach schränken sich mehr als 80 Prozent der Befragten in ihrem Einkaufsverhalten ein, 74 Prozent kaufen vermehrt günstige Lebensmittel statt Premiumprodukte, 18 Prozent können sich nur noch lebensnotwendige Güter leisten.

„Die Teuerung hat mittlerweile fast alle Bereiche erfasst, neben Nahrungsmitteln und Gastronomie sind deutliche Preissteigerungen nun auch bei der Bekleidung zu verzeichnen“, so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Die größten Einsparpotenziale sahen die Befragten bei Restaurants und Gastronomie (51 Prozent), Nachtleben, Theater und Kino (44 Prozent) sowie bei Kleidung, Uhren und Schmuck (36 Prozent). Insgesamt nahmen 1.000 Konsumentinnen und Konsumenten an der Umfrage teil.