Obdachlose
APA/dpa/Hauke-Christian Dittrich
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Soziales

Immer mehr junge Obdachlose

Je kälter es wird, umso wichtiger sind warme Schlafplätze für Obdachlose. Unter den Wohnungslosen gibt es immer mehr junge Menschen. Ein Drittel der Obdachlosen in Wien ist unter 30 Jahre alt. Juca, das Haus für junge Erwachsene, bietet ihnen Hilfe und Unterstützung an.

Das Juca – Haus für junge Erwachsene der Caritas gibt es seit 40 Jahren und ist die älteste Wohnungslosen-Einrichtung der Caritas. Immer schon sei der Schwerpunkt auf jungen Erwachsenen gelegen, sagte Juca-Leiterin Maria-Theresa Kienzer gegenüber Radio Wien. Der Altersschnitt habe sich in den vergangenen Jahrzehnten von ursprünglich 30 Jahren auf heute 21 Jahre gesenkt. Hauptsächlich seien es junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren, die aktuell konkret Unterstützung suchten.

Ziel von Juca sei es, einerseits jungen Erwachsenen, die obdachlos sind, einen Wohnraum zu bieten, wo sie Stabilität erfahren und Beziehungen aufbauen können. Andererseits sei es Ziel, den jungen Erwachsenen „einen Rucksack voll mit Handwerkszeug irgendwie mitzugeben, damit sie dann, wenn sie eigenständig sind oder selbstständig wohnen, einfach wissen, wohin sie sich wenden können, wie sie tun können, was es für Möglichkeiten überhaupt gibt, damit dann das eigene und selbstständige Wohnen erleichtert wird“.

Kein Bock auf längere Betreuung

Das Thema Obdachlosigkeit junger Erwachsener bestehe einfach schon länger, so Kienzer weiter. Gemeinsam mit der MA 11 arbeitet man daran. Die MA 11 verlängert auch vielfach bereits die Betreuung über 18 Jahre. Doch es gebe verschiedenste Gründe für die Obdachlosigkeit junger Erwachsener.

Einerseits müssten sich diese, einmal 18 geworden, auch aktiv für eine längere Betreuung entscheiden, was aber viele nicht tun. Denn gerade, wenn man schon länger in Betreuung war, freue man sich einfach, mit 18 auch einmal sagen zu können „Danke, das braucht jetzt niemand, die Betreuung da um mich herum und eigentlich bin ich selbstständig und möchte auch endlich einmal selbstständig leben können“.

Andererseits liege es einfach auch an finanziellen und personellen Ressourcen, dass die Verlängerung der Betreuung für Menschen, „die vielleicht mit 18 nicht so super funktionieren“, gar nicht möglich sei, so Kienzer.

Eine Einrichtung mit drei Angeboten

Caritas und Stadt Wien arbeiten seit rund 15 Jahren in dieser Frage zusammen. So werde Juca drei Monate vor dem 18. Geburtstag bestimmter Klienten informiert, wenn deren Betreuung nicht verlängert werden könne und der Kontakt zwischen dem Jugendlichen und Juca eingeleitet. Es gibt also schon früheren Kontakt, mit dem verhindert werde, dass Menschen obdachlos werden oder irgendwo prekär bei Freunden unterkommen.

Juca bietet als eine Einrichtung den jungen Erwachsenen drei Angebote. Im Haupthaus Juca Chances in der Römergasse 64-66 finden bis zu 16 Personen für maximal drei Monate Platz. Im Juca Courage an derselben Adresse gibt es 67 Einzelwohnplätze, wo man länger wohnen kann. In beiden Häusern ist ein Betreuerteam 24 Stunden vor Ort. Als drittes Angebot gibt es noch das Juca Capacity in der Raxstraße 28/2, eine Wohngemeinschaft mit acht kleinen Garconieren und insgesamt zwölf Wohnplätzen, die Juca mobil betreut.

Blick in einer der Werkstätten von „Juca“
APA/GEORG HOCHMUTH
Arbeiten in der Werkstatt als kleiner Schritt zur Selbstständigkeit

Strukturen erlernen und Orientierung finden

Zur Betreuung gehört oft auch das Erlernen von Strukturen, so Kienzer weiter. Der Großteil der Juca-Klienten verfüge zwar über einen Pflichtschulabschluss, habe aber danach diverse Ausbildungen zwar begonnen, aber abgebrochen. Das bedeute, sie haben früh verlernt, den Tag zu strukturieren, regelmäßig etwas zu erledigen. Deswegen gebe es bei Juca Möglichkeiten, erste kleine Schritte zu setzen, bevor der Arbeitsmarkt überhaupt eine Option darstellt.

Das sei etwa als Kellner in der Juca-Saftbar zu arbeiten, wo die Klienten Softdrinks und Snacks verkaufen und auch für die Kassa verantwortlich seien, oder in der Werkstatt, wo aus verschiedenen Materialien Gegenstände hergestellt würden oder in der Küche, wo kleine Leckerbissen zubereitet werden können. Hier lernen die Klienten, sich an Uhrzeiten zu orientieren, aber auch einen Tag zu strukturieren. Auf der anderen Seite können sie hier Wertschätzung erfahren, dass sie etwas bewerkstelligt haben, dass es nicht sinnlos war, dass man damit anderen Freude machen kann.

Parallel werden Ziele abgesteckt

In regelmäßigen Betreuungsgesprächen wird gleichzeitig gemeinsam mit dem Bewohner oder der Bewohnerin ein individuelles Ziel abgesteckt und Schritte in Richtung selbstständiges Wohnen gesetzt. Es gibt Hilfe bei sozialen, rechtlichen und finanziellen Problemen und bei persönlichen Krisen. Am Ende steht dann die Entscheidung an, zu sagen „Okay, Du kannst das stemmen“ und vielleicht schon eine Gemeindewohnung beziehen oder etwas anderes zu finden, das gerade passend ist.

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Obdachlosigkeit junger Erwachsener ist laut Kienzer kein typisch Wiener Problem. Europaweit zeige es sich, dass in etwa ein Drittel der Obdachlosen junge Erwachsene sind. Sie würden allerdings kaum im Straßenbild aufscheinen. Und die Statistik zeige auch nur jene, um die sich Organisationen kümmern. Juca bietet 95 Wohnplätze, die Auslastung liegt laut Kienzer bei 99 Prozent, wobei es ein permanentes Kommen und Gehen ist – ein Angebot, das im Hinblick auf steigende Zahlen irgendwann zum Tropfen auf den heißen Stein werden könnte.