Autos parken in einer Straße in Favoriten
ORF/Matthias Lang
ORF/Matthias Lang
Umwelt & Klima

Gasausstieg bei parifizierten Häusern schwer

Der Gasausstieg im Wohnbereich ist ein Teil der Klimaziele der Stadt Wien. Während die Situation bei Zinshäusern etwas einfacher ist, geben Häuser im Wohnungseigentum Probleme auf. Denn im Endeffekt muss jeder Eigentümer und jede Eigentümerin zustimmen.

Die Situation ist kompliziert. Denn eigentlich reicht rechtlich gesehen eine einfache Mehrheit, um einen Heizungstausch durchzuführen – sofern der Tausch aus den Rücklagen gedeckt werden kann, erklärt Anton Holzapfel vom Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI). Es mache aber einen Unterschied, ob ein zentrales oder dezentrales Heizungssystem im Haus installiert ist. Unter dezentrale Heizungssysteme fallen etwa die bekannten Gasetagenheizungen mit einer Therme in jeder Wohnung.

Damit müsste bei einer Heizungsumrüstung in die Wohnungen eingegriffen werden. Und derzeit können die einzelnen Eigentümerinnen und Eigentümer rechtlich nicht dazu gezwungen werden, sagt Holzapfel. Im Gegenteil: „In Gebäuden in Wien wird häufig mit Gas gekocht. Diese Leitungen müssten eigentlich in Zukunft dann genauso weiter aufrechterhalten werden, wenn einzelne Wohnungseigentümer darauf bestehen.“

„Eine Art von Gesamtvision erstellen“

Die Stadt geht von rund 400.000 Wohnungen mit Gasetagenheizung aus. Wie viele sich davon im Eigentum befinden, ist kaum nachzuvollziehen. Die Anzahl der Wohnungseigentumsbauten macht zirka ein Zehntel aller Bauten aus, schätzt Holzapfel. Um in umstrittenen Eigentümergemeinschaften zu Lösungen zu kommen, bieten Unternehmen eine Art Prozessbegleitung an.

In Wien begleitet das Unternehmen Wohnbund.Consult unter anderem Eigentümergemeinschaften bei der Umrüstung von Gas auf Erneuerbare. Jede Beratung ist – wie auch die spätere technische Umrüstung – einzigartig. Als Lösungsansatz etabliert habe sich, zunächst nicht über Detaillösungen zu sprechen, sagt Geschäftsführer Ernst Gruber. „Wir haben festgestellt, dass es leichter ist, wenn man zuerst versucht, eine Art von Gesamtvision zu erstellen.“

Beteiligte sollen sich kennenlernen

Bei einem aktuellen Projekt, versuche man, mit der Eigentümergemeinschaft eine Vision zu entwickeln, „wie das Objekt in fünf Jahren, in zehn Jahren und in 15 Jahren aussehen könnte und davon abgeleitet Maßnahmen zu verdeutlichen. Das hat den Vorteil, dass sich die Personen in ihren individuellen Zugängen im Gesamtbild wiederfinden können“, sagt Gruber.

Wichtig sei auch, dass sich alle Beteiligten kennenlernen. Das ist nicht immer so, viele Wohnungen sind vermietet und werden nicht von den Eigentümerinnen und Eigentümern bewohnt. Es gebe dann viele verschiedene Standpunkte, sagt Wohnbund-Ko-Geschäftsführerin Daniela Fiedler: „Man soll nicht sagen: ‚Okay, der ist dagegen, der darf jetzt nicht sprechen‘, sondern einfach alle zusammenzubringen, die Sorgen und Bedenken zu hören, aber auch das Einsparungspotenzial und andere positive Aspekte von solchen Sanierungen oder Verbesserungsmaßnahmen klar in den Vordergrund stellen.“

Beratungen laufen teilweise monatelang

Viele Wohnungseigentümergemeinschaften würden den Gasausstieg unterstützen, sagt ÖVI-Geschäftsführer Holzapfel. „Die Frage der Umsetzung ist aber relativ komplex.“ Es gebe daher eine große Nachfrage nach Beratung. Die Beratungsangebote der Stadt, etwa bei Hauskunft, sind kostenlos. Für externe Beraterfirmen wie Wohnbund müssen die Eigentümerinnen und Eigentümer aber bezahlen. Auch, weil die Beratungen teilweise monatelang laufen.

Eine finanzielle Unterstützung durch Stadt oder Bund würde helfen, meint Gruber. „Das ist aus unserer Sicht etwas, wo auch der Gesetzgeber gefragt ist, hier nachzuschärfen. Was aus unserer Sicht noch fehlt, ist im Vorfeld immer eine Art der Information oder der Aktivierung, nämlich, dass die Leute auch untereinander ihre Standpunkte kennenlernen.“ Damit könnte die Zustimmung für den Gasausstieg schneller erreicht werden.