Stefan Ferenci und Eduardo Maldonado-Gonzalez von der Wiener Ärztekammer
APA/Georg Hochmuth
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Gesundheit

Bleibeprämien für Spitalspersonal gefordert

Im Konflikt mit der Stadt über die Verbesserung der Personalsituation in den Spitälern hat die Wiener Ärztekammer heute zehn Forderungen auf den Tisch gelegt – darunter Bleibe- und Rückkehrprämien für Spitalspersonal in Höhe von 24.000 Euro.

Der Krankenhausbetreiber Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV) sei bisher nicht zu einem Gespräch bereit gewesen, kritisierte der Geschäftsführende Vizepräsident Stefan Ferenci. Er schlug Bleibe- und Rückkehrprämien zu je 24.000 Euro vor, nicht nur für Ärztinnen und Ärzte, sondern für alle rund 30.000 Gesundheitsbediensteten in Wiener Spitälern.

„Flächenbrand sofort löschen“

Diese Prämien sollten als Sofortmaßnahme weitere Personalabgänge verhindern und ausgeschiedene Kolleginnen und Kollegen sowie Pflegepersonal wieder zur Rückkehr ins Spital bewegen, betonte Ferenci am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. „In Wiens Spitälern herrscht ein Flächenbrand“, sagte er. „Und diesen Brand müssen wir jetzt sofort löschen.“

Konkret sollen nach Vorstellung der Ärztekammer 24.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei an alle Angehörigen von Gesundheitsberufen ausbezahlt werden, die die Wiener Spitäler in den vergangenen fünf Jahren verlassen haben, wenn sie sich dazu verpflichten, zukünftig wieder zwei Jahre hindurch in einem Wiener Spital zu arbeiten.

Grafik zum Spitalspersonal in Österreich
Grafik: APA/ORF; Quelle: BMSGPK/Statistik Austria

675 Mio. Euro veranschlagt

Ebenfalls 24.000 Euro fordert die Wiener Ärztekammer für alle, die die Wiener Spitäler in den vergangenen Pandemiejahren am Laufen gehalten haben – auch unter der Voraussetzung einer zweijährigen Verpflichtung, in einem Spital der Stadt weiterzuarbeiten. Ferenci rechnete für die Bleibeprämie Kosten von maximal 675 Mio. Euro vor.

„Wenn man sich ansieht, dass in den letzten drei Jahren zig Milliarden Euro an Covid-19-Förderungen – bei Weitem nicht nur an notleidende Betriebe – ausbezahlt wurden, erscheinen die 675 Mio. Euro für die viel beklatschten Heldinnen und Helden der Pandemie im Vergleich dazu wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Das muss uns ein funktionierendes Gesundheitssystem wert sein“, hielt er fest.

„Hauptproblem Pflegemangel“

„Es wird niemanden überraschen, dass das Gesundheitssystem in Österreich auch mehr Geld brauchen wird“, sagte Ferenci. Weitere vorgeschlagene Maßnahmen aus dem Zehnpunkteplan der Wiener Ärztekammer sind u. a. höhere Gehälter unter Berücksichtigung der Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste sowie Rufbereitschaften, zusätzlich die Anrechnung aller Vordienstzeiten, Zulagen für Mangelfächer sowie externe Pooldienste zur Herstellung von Dienstplansicherheit und interne Jobbörsen.

Es gehe nicht nur um Ärztinnen und Ärzte, das „Hauptproblem ist der Pflegemangel“, betonte Ferenci. Ziel sei es, dass das Spital für alle Menschen, die dort arbeiten, ein attraktiver Arbeitsplatz ist. Die „Zwangsfantasien“ von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), Medizinabsolventinnen und -absolventen für eine bestimmte Zeit als Kassenärzte zu verpflichten, würden rechtlich nicht halten, kritisierte er.

Bleibeprämien für Spitalspersonal gefordert

Im Konflikt mit der Stadt über die Verbesserung der Personalsituation in den Spitälern hat die Wiener Ärztekammer heute zehn Forderungen auf den Tisch gelegt – darunter Bleibe- und Rückkehrprämien für Spitalspersonal in Höhe von 24.000 Euro.

Hacker: „Schauen wir, was der Finanzminister sagt“

„Seit heute ist klar – es geht der Kammer nur ums Geld“, reagierte Hacker in einer Stellungnahme. „Wenn man die Forderung überschlägt, reden wir (inklusive Arbeitgeberbeiträgen) von Mehrkosten von rund einer Milliarde Euro, nur für Wien. Wir haben aktuell im Gesundheitsverbund und den privaten Fondspitälern einen Gesamtaufwand von 2,4 Milliarden Euro für das Personal (pro Jahr, Anm.). Da würde jetzt noch eine Milliarde dazugekommen bzw. vier Milliarden für ganz Österreich. Ich werde das in die Finanzausgleichsverhandlungen mit dem Bund mitnehmen und dann schauen wir, was der Finanzminister dazu sagt“, erklärte der Wiener Gesundheitsstadtrat. Zudem habe es nach einem Gespräch der Ärztekammer bei Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im Februar Folgetermine gegeben.

„Zumutung für Patienten“

Es seien nicht nur alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Ende, die Situation sei auch „eine Zumutung“ für die Patientinnen und Patienten, sagte Eduardo Maldonado-Gonzalez, Stellvertretender Obmann der Kurie angestellte Ärzte der Wiener Ärztekammer. „Wenn wir jetzt nicht handeln, wird was passieren.“ Tatsächlich „passiert schon was“.

Statistisch gesehen sei von der Anzahl der gesperrten Betten in Wien ein ganzes Krankenhaus zu, betonte er. Bei ihm an der Klinik Donaustadt habe es bereits einen Vormerkstopp für Operationen gegeben, Schädel-OPs seien nur noch an einem statt an zwei Tagen in der Woche möglich und Nachtdienste wurden von Physiotherapeuten statt Pflegekräften mit entsprechender Expertise besetzt, berichtete er. Es sei derzeit nicht immer gewährleistet, „dass man die Behandlung bekommt, die man braucht“, sagte auch Ferenci.