Justizanstalt Josefstadt, Blick aus vergittertem Fenster in Gefängnisinnenhof
ORF/Bernt Koschuh
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Politik

Frauen in Haft: „Nacht ab 14.00 Uhr“

Die Volksanwaltschaft kritisiert die Situation von Frauen in Haft scharf. Viele Frauen sind in ihren Gefängniszellen 23 Stunden am Tag eingesperrt. „Bei uns beginnt die Nacht schon um 14.00 Uhr“, sagt eine Strafgefangene in der Justizanstalt Josefstadt.

In der größten Justizanstalt in der Josefstadt sind 1.050 Männer und rund 80 Frauen in Haft. Laut einem Erlass sollten eigentlich bei weiblichen Häftlingen tagsüber die Zellentüren offen sein. Aber dem sei nicht so, um 14.00 Uhr werden alle Zellentüren zugesperrt, sagt eine Insassin der Justizanstalt Josefstadt gegenüber Ö1-Reporter Bernt Koschuh, der dort mit mehreren weiblichen Häftlingen sprechen konnte.

„Männer hängen am Fenster und brüllen wie Affen“

Eine 57-Jährige Strafgefangene sagt: „Bei uns beginnt die Nacht schon um 14.00 Uhr.“ Zwischen 14.00 und 15.00 Uhr geht die Mehrheit der Justizwachebeamten nach Hause, der Nachtdienst beginnt und alle Zellentüren werden verschlossen – am Wochenende schon um 11.00 Uhr vormittags. "Am Stock, sind dann keine Beamten mehr.“ Viele Frauen sind sogar 23 oder 24 Stunden am Tag in der Zelle eingesperrt, vor allem Untersuchungshäftlinge – teils in Großraumzellen.

Justizanstalt Josefstadt, Blick aus vergittertem Fenster in Gefängnisinnenhof
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Manche verzichten auf den Hofgang, " weil die Männer hängen am Fenster wie die Affen und brüllen hinunter in den Hof"

„Acht Leute, wo zehn hineinpassen. Das ist zu viel. Privatsphäre Null", meint eine 36-jährige Frau. Es gibt zwar einen Bastelkurs, eine sogenannte Frauenstärken Gruppe und neuerdings Yoga. Aber keine weiteren Sportmöglichkeiten für Frauen. Und den täglich einstündigen Hofgang lehnen viele ab. „Ich war, seitdem ich da bin, genau viermal spazieren. Mich interessiert das nicht, weil die Männer hängen am Fenster wie die Affen und brüllen hinunter in den Hof. Ich bleibe lieber in der Zelle", so eine 44-Jährige.

„Personalvertretung wehrt sich mit Händen und Füßen“

Die meisten Freiheiten und mehr Bewegung haben weibliche Häftlinge, die als Reinigungskräfte im Gefängnis arbeiten, aber das ist nur jede Dritte. Es gebe zu wenige Arbeits-, Beschäftigungs- und Sportangebote für Frauen, kritisiert die Volksanwaltschaft. Man habe schon öfter angeregt, den starren Dienstplan aufzuweichen. Doch die Personalvertretung wehre sich „mit Händen und Füßen“ gegen eine Dienstplanänderung, sagt Manuela Albl, Strafvollzugsexpertin in der Volksanwaltschaft, am Mittwoch gegenüber Ö1.

Für U-Häftlinge gilt die Unschuldsvermutung

„Der Dienst endet zwischen 14.00 und 15.00 Uhr und es sind dann nur mehr ganz wenige Beamte in der Justizanstalt.“ Man dürfe nicht vergessen, dass gerade in landesgerichtlichen Gefangenenhäusern der Großteil in Untersuchungshaft sei und dort die Unschuldsvermutung gelte, heißt es von Volksanwaltschaft.

Und selbst wenn jemand ein Straftäter oder eine Straftäterin sei, wären ganz andere Maßnahmen zur Resozialisierung nötig: "Viel Beschäftigung, eine Tagesstruktur, damit die Menschen lernen, was sie mit ihrem Tag machen sollen und nicht wieder, wenn sie rauskommen, eine Straftat begehen.“

Gewerkschaft: Zu wenig Personal

„Wir sind der falsche Ansprechpartner für die Kritik“, so der Vorsitzende der Justizwachegewerkschaft Albin Simma. Es gebe schlichtweg zu wenig Personal, um die Einsperrzeiten zu verringern „Aufgrund des eklatanten Insassen-Höchststandes haben wir zu wenig Personal. Wir haben zu wenig Personal, weil gerade die Pensionierungswelle greift. Und weil wir kein Personal finden. Deshalb fordert Simma Werbung und Veranstaltungen „so wie bei der Polizei – dass wir unseren Beruf sozusagen in der Öffentlichkeit präsentieren und bewerben können.“

Aus dem Justizministerium heißt es, man bräuchte mehr Budget und Planstellen und sei darüber mit dem Beamtenministerium im Gespräch. Für die Justizanstalt Josefstadt mit fast 1.150 Häftlingen kündigt das Justizministerium ab September Umbauten an. Statt Zellen mit bis zu 10 Häftlingen, soll es maximal 4 Personen in einer Zelle geben und Duschmöglichkeiten in den Zellen. Der Umbau werde seit 10 Jahren versprochen, er glaube erst daran, wenn die Bagger auffahren, sagt der Justizwachegewerkschaftschef.