Unbekannter attackiert ORF Redakteur
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CHRONIK

Rammstein-Konzert: ORF-Team attackiert

55.000 Menschen haben am Mittwoch das Rammstein-Konzert im Happel-Stadion bejubelt. Zumindest einige hundert Menschen protestierten dagegen. Nach dem Konzert eskalierte die Situation. Ein ORF-Team wurde tätlich angegriffen. Die Politik verurteilte den Angriff.

Vor dem Rammstein-Konzert hatten laut Veranstaltern etwa 1.800, laut Polizei über 400 Menschen protestiert und die Missbrauchsvorwürfe gegen Sänger Till Lindemann thematisiert. Die Stimmung war allerdings auch nach dem Konzert bei einigen Fans sehr aufgeheizt. Das TV-Kamerateam und Musikreporter Dietmar Petschl wurden Ziel von verbalen und körperlichen Attacken.

Kamerafrau angegriffen

Auf dem Video ist zu sehen, wie der ORF-Reporter erst beschimpft und dann tätlich angegriffen worden ist. „Ihr seid’s lauter Juden. Gfrasta seid ihr. Der sch… ORF“, schreit ein Mann und geht anschließend auf ORF-Mann Petschl los. Er stößt den Journalisten und schreit ihn an. „Jemand wollte unsere Kamera zerstören und hat die Kamerafrau verletzt. Dann wollte mich jemand zusammenschlagen, nachdem er mich als ‚ORF-Juden‘ tituliert hat. Security und Polizei waren dann sehr schnell da“, sagte Petschl, der in einem Liveeinstieg in der ZIB3 die Situation beschrieb.

Laut Polizei, die mit 170 Beamtinnen und Beamten im Einsatz war, bestätigte man gegenüber der APA, dass eine Tatverdächtige wegen des Verdachts der Körperverletzung und der Sachbeschädigung zur Anzeige gebracht wurde.

Anzeige nach dem Verbotsgesetz

Abgesehen davon gab es einige Anzeigen rund um das Event. Im Vorfeld des Gigs wurde ein Mann vor dem Stadion aufgrund der Bestimmungen des Verbotsgesetzes angezeigt. Er trug ein nationalsozialistisches Abzeichen am Mantelkragen. Außerdem gab es u. a. fünf Anzeigen wegen des Verdachts auf Körperverletzung, zwei wegen des Verdachts auf sexuelle Belästigung und je eine nach dem Suchtmittelgesetz, wegen Ordnungsstörung, des Verdachts auf Sachbeschädigung und aggressiven Verhaltens.

Breite Teilnahme an Protest

Deutliche Ablehnung brachte das Bündnis „#KeineBühne“ zum Ausdruck: Die Plattform „#aufstehn“, die bereits Anfang Juni eine Onlinepetition gegen die beiden Auftritte gestartet hatte, stand gemeinsam mit weiteren Organisationen wie dem Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF), dem Österreichischen Frauenring und Claim the Space hinter der Kundgebung, die viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer anzog.

Die Protestaktion stand unter dem Motto „Keine Bühne für mutmaßliche Täter“. „Wir sind der Meinung, dass die Konzerte kein sicherer Ort sind, solange nicht alle Vorfälle geklärt sind“, sagte Kampagnenleiterin Philine Dressler.

Anzeigen auch rund um Protest

Dort waren auch Aktivistin Lena Schilling, Regisseurin Katharina Mückstein und AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer. Auf Schildern war zu lesen: „Betroffenen glauben“, „Nur Ja heißt Ja“ und „Wer hat Angst vorm weißen Mann?“, aber auch „Kill Till“. Zwischen den Kundgebungsteilnehmern und den Rammstein-Fans, die als Zaungäste immer wieder vorbeischauten, gab es durchaus ruhige Diskussionen. Aber auch einige Beschimpfungen gingen in Richtung der Protestaktion.

Dabei kam es laut Polizei im Zuge von Provokationen zwischen Fans und Gegnern der Band zu einer Reihe von Anzeigen, wobei es „zu keinem Zeitpunkt“ zu einer Eskalation gekommen sei, teilte die Exekutive auf APA-Anfrage am Donnerstag mit.

Politik verurteilt Angriff

Im Zusammenhang mit der Attacke auf das ORF-Team sprach der Presseclub Concordia via Twitter von einem „widerlichen Angriff“, den man verurteile. Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer zeigte sich ebenfalls empört. „Unglaublich, was sich beim gestrigen Rammstein-Konzert abgespielt hat. Antisemitismus und Gewalt gegen Journalist:innen – beides ein No-Go. Die Vorfälle müssen untersucht werden“, forderte sie in Twitter. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigte sich angesichts der Vorfälle erschüttert. „Ich verurteile das auf das Schärfste“, ließ sie angesichts der antisemitischen Beschimpfung mitteilen.

NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter betonte, dass Angriffen auf die Pressefreiheit „entschlossen entgegengewirkt“ werden müsse: „Die Sicherheit und das ungestörte Arbeiten von Medienschaffenden haben oberste Priorität.“ Auch die beiden Wiener SPÖ-Gemeinderatsmitglieder Marina Hanke und Peter Florianschütz zeigten sich via Aussendung bestürzt über die Vorfälle: „Die antisemitischen Beschimpfungen und körperlichen Angriffe gegenüber dem ORF-Team sind absolut inakzeptabel und stehen im klaren Widerspruch zu den solidarischen Werten, für die unser buntes und offenes Wien steht.“