Politik

Wien Energie: Ex-Kanzler-Mitarbeiter befragt

Im Rathaus wird heute die Wien-Energie-Untersuchungskommission fortgesetzt. Bei der Sitzung wurde der Ex-Kabinettschef von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), Markus Gstöttner, als Zeuge befragt. Er sagte, die ÖVP nicht vorab vom Energiegipfel informiert zu haben.

Gstöttner, der für die ÖVP auch im Wiener Landtag sitzt, hielt fest, dass er keine Wahrnehmungen zu diesem Gespräch habe. Er könne sich auch nicht erinnern, dass er selbst mit Mahrer im Vorfeld telefoniert habe, sagte der Zeuge. Kontakt habe es vor allem mit dem Büro von Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) gegeben, erzählte Gsöttner. Vor der kurzfristig einberufenen Sitzung habe er außerdem mit dem Energie- und dem Finanzministerium kommuniziert.

Dass an dem Treffen keine Polit-Vertreter aus Wien teilgenommen haben – mit dabei waren Vertreter der Stadtwerke und der Magistratsdirektor – habe auf Seiten der Bundesregierung zumindest für eine gewisse Unzufriedenheit gesorgt, wie der Ex-Kabinettschef erläuterte. „Für die Kommunikation danach wäre ein gemeinsames Auftreten kein Fehler gewesen“, vermutete Gstöttner. Dies sei zumindest seine persönliche Einschätzung.

SPÖ spricht von „sonderbarem Zugang“

Beantragt hatte die Zeugenaussage die SPÖ. Sie wollte wissen, ob im Vorfeld der maßgeblichen Sitzung im Bundeskanzleramt am 28. August 2022 Informationen geflossen sind – nämlich in Richtung Wiener ÖVP. SPÖ-Fraktionschef Thomas Reindl zeigte sich erstaunt. Es sei ungewöhnlich, dass der Kanzler in der Zeit der größten Turbulenzen am Energiemarkt nicht die Wien Energie oder den Bürgermeister anrufe, sondern einen „pensionierten Polizisten“. Dies sei ein sonderbarer Zugang, befand Reindl.

Der Chef der Wiener ÖVP, Karl Mahrer, hatte in seiner Befragung in der U-Kommission angegeben, am Tag vor dem Treffen von Nehammer angerufen worden zu sein. Mahrer betonte, dass er vom Kanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann über „Energiemarktverwerfungen“ informiert worden sei – und darüber, dass auch die Wien Energie bei dem Gipfel Thema sein werde. Es habe sich um eine „rein oberflächliche“ Information gehandelt, so Mahrer.

Die ÖVP wertet die Aktion als klare Retourkutsche. „Die Ladung von Markus Gstöttner ist Ausdruck der dreisten Täter-Opfer-Umkehr, die von der Wiener SPÖ betrieben wird und stellt geradezu eine Chuzpe dar“, befand ÖVP-Klubchef Markus Wölbitsch. Man werde die Gelegenheit jedoch auch nutzen und Gstöttner zu den Vorkommnissen im Zuge des Energiegipfels fragen.

Stürzenbacher und Sima befragt

Vernommen wurde auch der Vorsitzende des Finanzausschusses, SPÖ-Gemeinderat Kurz Stürzenbecher. Er berichtete, dass er erst von den Medien nach der Sitzung im Kanzleramt über die Causa Wien Energie erfahren habe. Die entsprechenden Akten über die Ausübung der Notkompetenz habe er wenige Tage später erhalten. Die Kreditvergaben standen letztendlich am 12. September auf der Tagesordnung des Finanzausschusses.

Am Nachmittag wurde Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) befragt. Sie war in die Geschehnisse vom Vorjahr nicht direkt involviert, aber bis 2020 für die Stadtwerke und die Wien Energie zuständig. 2017 erfolgte unter ihrer Ägide die Umwandlung der Stadtwerke von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH. Den Konzern als AG zu belassen, habe keinen Sinn mehr gemacht, da man weder an die Börse gehen noch Anteile veräußern wollte, sagte sie am Mittwoch.

Vielmehr habe man verhindern wollen, dass eine „Hintertür“ für eine Privatisierung bestehen bleibe, wenn man die Struktur nicht ändere. Es sei ihr Wunsch gewesen, die Stadtwerke wieder näher an die Stadt heranzuführen. Von den Liquiditätsproblemen der Wien Energie hat Sima laut eigenen Angaben aus den Medien erfahren – und zwar ebenfalls erst nach dem Gipfel im Kanzleramt.

Milliarden-Unterstützung für Wien Energie

Bei der aktuellen Sitzung der U-Kommission handelt es sich vermutlich um die letzte reguläre Zusammenkunft des Gremiums. Geplant ist, dieses formell aufzulösen. Allerdings wird es noch einen Termin geben. An diesem soll dann der Schlussbericht vorgelegt werden. Diese Sitzung wird voraussichtlich am 11. Oktober stattfinden.

Die Kommission nimmt seit vergangenem Jahr die Vorgänge rund um die von Stadt und Bund gewährte Milliardenunterstützung für den Energieversorger unter die Lupe. Initiiert haben das Gremium ÖVP und FPÖ. Die Wien Energie musste für den Börsenhandel mit Strom und Gas infolge der Preissprünge hohe Sicherheitsleistungen hinterlegen und konnte diese ab dem Sommer 2022 nicht mehr aus eigener Kraft aufbringen.

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte deshalb ab Juli per Notkompetenz insgesamt 1,4 Mrd. Euro bereitgestellt. Der Liquiditätsengpass und die Notkredite des Bürgermeisters wurden Ende August publik, als auch diese Mittel knapp wurden. In der Folge gewährte der Bund über die Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) weitere 2 Mrd. Euro. Das Wiener Darlehen wurde inzwischen zurückgezahlt, jenes des Bundes nicht benötigt.