Angeklagter bei Gericht
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Gericht

Mordversuch in U3: 15 Jahre Haft

Am Wiener Landesgericht ist ein 21-Jähriger wegen Mordversuchs in einer U3-Garnitur zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Zusätzlich wurde er in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum sei „völlig alternativlos“, meinte der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung unter Verweis auf das psychiatrische Gutachten. Der 21-Jährige erbat Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab.

Dem Angeklagten sei es „einfach um die Vernichtung des Gegenübers, das Ausleben der Aggressionen“ gegangen, sagte der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann bei der Erörterung seines Gutachtens. Der Angeklagte bekräftigte dagegen in seinem Schlusswort: „Ich weiß hundertprozentig, ich wollte niemanden umbringen.“

Gegen Kopf des 63-Jährigen getreten

Der mehrfach vorbestrafte 21-Jährige hatte am 4. Jänner 2023 in der U3 einen 63 Jahre alten Fahrgast zunächst mit Faustschlägen ins Gesicht bewusstlos geschlagen, nachdem dieser ihn gebeten hatte, nicht so breit dazusitzen, um neben ihm Platz nehmen zu können. Danach sprang er dem hilflos am Boden Liegenden mit voller Wucht mehrmals gegen den Kopf und den Oberkörper, was Gerichtsmediziner Wolfgang Denk als „multiple, sehr heftige stumpfe Gewalteinwirkung“ bezeichnete. Diese habe „durchaus lebensgefährliche Verletzungsfolgen“ erwarten lassen.

Das Opfer – ein 63 Jahre alter Trafikant – erlitt eine Gehirnerschütterung mit länger dauernder Erinnerungslücke, einen Bruch des Brustbeines, Brüche des rechten Schlüsselbeines und der ersten rechten Rippe, eine Fraktur des Nasenbeins mit Eindrückung des linken Anteils der Nasenbeinpyramide sowie Prellungen und Blutunterlaufungen im gesamten Kopf- und Gesichtsbereich.

„Wie wenn man einen Luftballon zerplatzen will“

Die Staatsanwaltschaft ging von – zumindest bedingtem – Tötungsvorsatz aus, wie Staatsanwältin Tatjana Spitzer-Edl bekräftigte. Der Angeklagte sei auf den Mann gesprungen, „wie man einen Luftballon zerplatzen will“. Damit habe er billigend den Tod des Opfers in Kauf genommen. Die Attacke hörte erst auf, als ein anderer Fahrgast eingriff und den Verdächtigen zur Seite schob. Das psychiatrische Gutachten bescheinigt dem jungen Mann eine kombinierte Persönlichkeitsstörung.

Der 21-Jährige weise eine „schwere strukturelle Störung“ auf, die „nachhaltig und anhaltend“ sei, erläuterte der Sachverständige den Geschworenen. Der Mann sei zwar zurechnungsfähig, aber infolge seiner Persönlichkeitszüge derart gefährlich, dass ohne haftbegleitende therapeutische Maßnahmen nach seiner Entlassung „mit Kapitalverbrechen zu rechnen ist“, stellte Hofmann klar. Der Angeklagte sei nach dem Motto „Jeder, der schräg schaut, kriegt eine ins Gesicht“ vorgegangen. Zur Gewalttat in der U-Bahn meinte Hofmann, der 21-Jährige habe den Trafikanten „mundtot“ machen und „völlig außer Gefecht setzen“ wollen.

Weitere drei Angriffe aus nichtigem Anlass

Die Gefahr, die von dem aus schwierigen familiären Verhältnissen stammenden Mann – er wuchs fremduntergebracht auf, hat keine Ausbildung abgeschlossen und war zuletzt ohne feste Bleibe – ausgeht, manifestiert sich auch darin, dass drei weitere Gewalttaten von der Anklage mit umfasst sind.

Er hatte schon am 29. und am 31. Dezember aus nichtigem bzw. ohne erkennbaren Anlass zwei Männer mit Faustschlägen attackiert und beiden die Nase gebrochen. Der eine hatte ihm keine Zigarette gegeben, der andere war einfach an einer Bushaltestelle gestanden. Am 10. Jänner erschien er beim Arbeitsplatz seiner Ex-Freundin und verlangte eine Aussprache. Als ihn der Chef der Frau wegschickte, weil diese den 21-Jährigen nicht sehen wollte, bekam dieser einen Faustschlag ins Gesicht.