Mobile Pflegerin Malteser Care bei Klientin
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Chronik

Bürokratische Hürden für Pflegekräfte

„Die Versorgung der Wienerinnen und Wiener in der mobilen Pflege bleibt auf der Strecke.“ So lautet der Aufschrei des mobilen Pflegeanbieters Malteser Care. Trotz der Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) würden Fachkräfte aus Drittländern nur schwer Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen und das, obwohl es in der Pflege akuten Personalmangel gibt.

Der Pflegeanbieter „Malteser Care“ begleitet derzeit drei Personen dabei, Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt in der Pflege zu bekommen. Mittlerweile hätte eine bosnische Pflegekraft, die sogar eine österreichische Ausbildung zur Pflegeassistentin absolviert hatte, das Durchhaltemögen und das Interesse an der Arbeit in Österreich verloren. Grund dafür sei die lange Wartezeit auf eine Arbeitsgenehmigung.

Durchgehalten hat allerdings die Pflege-Assistentin Marija Nicolics aus Serbien. In ihrem Heimatland machte sie die vierjährige Fachpflegeausbildung. Über ein Jahr lang wartete sie auf die Ausstellung der Rot-Weiß-Rot-Karte. Diese gilt als „Eintrittskarte“ in den österreichischen Arbeitsmarkt. Jetzt ist sie in Wien als Pflegerin tätig und kümmert sich pro Tag um rund zehn Klientinnen und Klienten.

Hohe Hürden für mobile Pflege

„Die Versorgung der Wienerinnen und Wiener in der mobilen Pflege bleibt auf der Strecke.“ So lautet der Aufschrei des mobilen Pflegeanbieters Malteser Care. Trotz der Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte würden Fachkräfte aus Drittländern nur schwer Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen und das, obwohl es in der Pflege akuten Personalmangel gibt.

Malteser Care klagt über „Behörden-Marathon“

Malteser Care spricht von einem regelrechten „Behörden-Marathon“ und das bei dem bekannten, akuten Mangel an Pflegekräften. „Personal aus dem Ausland hat es sehr schwer“, sagte Esmir Kavazovic, Pflegemanagement bei Malteser Care.

„Wir haben extrem gute Erfahrungen mit diesen Kräften. Die Leute sind gut ausgebildet und willig und trotzdem werden ihnen so viele Steine in den Weg gelegt, sodass sie es kaum noch schaffen, in Österreich Fuß zu fassen“, betonte Kavazovic. Er selbst kam in den 1990er-Jahren aus dem Ausland als Pfleger nach Wien.

Kritik an Pflegekräften von den Philippinen

Kritik von Malteser Care kommt etwa auch an dem Plan der Stadt Wien philippinische Pflegekräfte anzuwerben. „In Hinblick darauf, dass in den nächsten Jahren bis 2030 österreichweit zumindest 75.000 Pflegekräfte benötigt werden, handelt es sich hier um eine dramatische Situation“, sagte Geschäftsführer Helmut Lutz von Malteser Care.

„Wenn es nicht sehr rasch zu einem radikalen Umdenken der maßgeblichen Behörden in Wien kommt, dann werden wir wohl – wie schon geschehen und großartig medial abgefeiert – um den halben Globus nach Manila reisen müssen um Pflegekräfte für die Dienste in Österreich und in Wien gewinnen zu können.“ Lutz betonte, dass es auch ein paar Autostunden von Wien entfernt genügend ausgebildetes Pflegepersonal gebe, das gerne hier arbeiten möchte.

MA35 spricht von „komplexen Bestimmungen“

Für den Zugang zum Wiener Arbeitsmarkt ist in der Stadt die MA 35 (Einwanderung und Staatsbürgerschaft) gemeinsam mit dem AMS zuständig. Das AMS bewertet mit einem Punktesystem die Fähigkeiten der Antragsstellerinnen und Antragsteller der Rot-Weiß-Rot-Karte etwa deren Ausbildung, Berufserfahrung, und Sprachkenntnisse.

„Ein Punktesystem ist nicht notwendig, diese Menschen haben eine Ausbildung. Da brauche ich keine Punkte. Die Pflegekräfte haben Deutsch-Kenntnisse, die sie nachweisen können und eine sehr gute Ausbildung. Wofür brauche ich hier Punkte?“, stellte Kavazovic in den Raum.

Bei der MA 35 selbst spricht man gegenüber „Wien heute“ von „komplexen Bestimmungen“: „Die Stadt Wien setzt sich seit Jahren für eine Erleichterung der gesetzlichen Bestimmungen ein und hat die letzte Novelle im Oktober 2022 auch deutlich begrüßt. Weitere Vereinfachungen würden eine Änderung der Bundesgesetze erfordern. Die inhaltliche Prüfung erfolgt durch das AMS, die Einwanderungsbehörde prüft nur einzelne Formalkriterien“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.

AMS für Vergabe von Punkten zuständig

Laut der MA 35 erschweren die Bundesgesetze das Vorgehen. „Die Bundesgesetze sehen hier ein sehr umständliches Verfahren vor: Der Antrag ist bei der Niederlassungsbehörde (NAG) einzubringen. Die Behörde prüft nur, ob die formellen Voraussetzungen zur Erteilung von Aufenthaltstiteln nach dem NAG vorliegen (z.B. Vorliegen eines gültigen Reisepasses, rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich, strafrechtliche Unbescholtenheit)“, so die schriftliche Erklärung der MA 35.

Erst nach einer positiven Mitteilung des AMS kann die Rot-Weiß-Rot-Karte ausgestellt werden. Die gesetzlich vorgesehene Verfahrensdauer bei der MA 35 betrage dann acht Wochen – „vorausgesetzt alle Unterlagen werden vorgelegt“, wird von der MA 35 betont. Lange Verfahren würden oft damit zusammenhängen, dass Antragsstellerinnen und Antragssteller nicht alle Unterlagen einreichen.

Reform des Punktesystems im Oktober 2022

Die Rot-Weiß-Rot-Karte für Arbeitende aus Nicht-EU-Staaten wurde im Oktober 2022 reformiert. Seit der Reform gibt es etwa mehr Punkte für Sprachkenntnisse wie etwa Serbisch oder Bosnisch. Für Pflegemanager Esmir Kavazovic war diese Reform „lachhaft“: „Ich lache, weil die Politik uns seit Jahren die Liberalisierung der Rot-Weiß-Rot-Karte verspricht. Bis heute spüren wir nichts davon. Ich habe sogar das Gefühl, dass die Wartezeiten noch länger werden.“

Wartezeiten auf Arbeitsgenehmigungen gibt es in Wien nicht nur in der Pflege, sondern auch in allen anderen Bereichen. Eine Branchen-Aufschlüsselung konnte von der MA 35 nicht genannt werden. Man habe dieses Jahr bis dato 437 Rot-Weiß-Rot-Karten ausgestellt. Rund 350 Verfahren seien noch ausständig.

Das Ministerium sieht vor, dass die Rot-Weiß-Rot – Karte plus für ein Jahr ausgestellt wird. Sofern RWR-Kartenbesitzerinnen und -besitzer bereits zwei Jahre rechtmäßig in Österreich niedergelassen sind und das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllen, können eine Rot-Weiß-Rot – Karte plus mit einer Gültigkeitsdauer von drei Jahren erhalten.

42 Wienerinnen und Wiener warten auf Pflege

Malteser Care appelliert sowohl an die Bundes- als auch an die Stadtregierung, dass die „fatale Lage“ im Pflegebereich keine umständlichen bürokratischen Abläufe zulassen würde. „Gestern Nachmittag haben wir – wie jeden Tag – die tägliche Liste des Fonds Soziales Wien (FSW) bekommen. Darauf sind die Namen von unversorgten Kundinnen und Kunden in Wien aufgelistet. Die letzte Meldung war, dass 42 Personen gerade nicht versorgt werden“, warnte Kavazovic.

Malteser Care fordert eine „echte Liberalisierung der RWR-Karte“ und „eine Vereinfachung und schnellere Bearbeitung von Bescheiden“. Alleine Malteser Care hätte derzeit Ressourcen und Kapazitäten mindestens zehn Fachkräfte aus dem Ausland anzustellen. Blockieren würden „die mühsamen Umstände.“