Das Gebäude der Ärztekammer Wien
ORF.at/Christian Öser
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Gesundheit

Ärztinnen kritisieren Kammer-Machtkampf

Seit Wochen ist die Wiener Ärztekammer in den Schlagzeilen, weil sich an der Spitze ein Machtkampf abspielt – zwischen dem Präsidenten Johannes Steinhart und den Vizepräsidenten. Drei Ärztinnen üben daran nun öffentlich Kritik.

Eine der Ärztinnen, die bereit ist, öffentlich über ihren Unmut zu sprechen, ist die Anästhesistin Andrea Kdolsky. Sie war früher ÖVP-Gesundheitsministerin und arbeitet jetzt auch als Unternehmensberaterin. „Ich bin fassungslos und entsetzt, wobei es mich nicht wundert“, sagte sie zum Konflikt.

Andrea Kdolsky
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Andrea Kdolsky ist „fassungslos und entsetzt“

Jahrzehntelang habe sie Machtkämpfe in der Ärztekammer miterlebt: „Hier geht’s nur mehr um einen für mich abartigen Machtkampf, der am Ende alle zu Verlierern machen wird.“ Am meisten jedoch die Ärztinnen und Ärzte, so Kdolsky im Interview mit „Wien heute“.

Forderung nach Neuwahlen

Was würde Kdolsky der Kammer als Unternehmensberaterin raten? „Schluss mit dem Streit! Einsetzen einer Mediation und einer guten PR-Linie, wie man diesen Streit oder diese bisherige Performance nach außen verhandelt – und anfangen mit inhaltliche Arbeit.“

Psychiaterin Christine Allen ärgert sich, dass die zerstrittene Führungsriege der Ärztekammer weitermacht: „Da muss man zurücktreten und sagen: Macht’s ihr mal, machen wir Neuwahlen. Dann mischen wir die Karten neu. Aber bis das alles passiert ist, das wissen wir alle, muss gearbeitet werden.“ Als Psychiaterin könnte Allen auch etwas zu den Motiven der Streitparteien sagen, tut es aber nicht: Nicht dass sie dann irgendwelche Klagsandrohungen bekomm, meinte sie.

Christine Allen
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Christine Allen plädiert für Neuwahlen

„Arbeitsstau“ durch Fokus auf Streit

Die Streitereien in der Ärztekammer, die auch schon zu Handgreiflichkeiten während einer Sitzung führten, bringe der Ärzteschaft einen gewaltigen Imageschaden, so die Chirurgin Bettina Wiltos, auch Sprecherin der Grünen Ärztinnen und Ärzte. Deeskalation wäre für sie das Mittel der Wahl: „Ich glaube, der erste Schritt zur Deeskalation ist, dass man sich gemeinsam noch einmal an einen Tisch setzt, also die Beteiligten – begleitet, so wie man das bei einer Mediation macht.“

Kritik der Ärzte an Ärztekammer Streit

Seit Wochen ist die Ärztekammer Wien in den Schlagzeilen, weil sich an der Spitze ein Machtkampf abspielt. Es wurde mit Ärztinnen, die sich in ihrer Standesvertretung nicht gut vertreten fühlen, gesprochen.

Als Grüne Kammerfunktionärin sieht Wiltos auch, wie sehr die Streitigkeiten zwischen dem Präsidenten und den Vizepräsidenten die Ärztekammer lähmen. „Man hat sich in sehr vielen Sitzungen vor allem diesem Thema gewidmet, und das ist dadurch letztendlich zu einer Art Arbeitstau gekommen“, schilderte sie im Interview mit „Wien heute“. Worin sich alle drei Ärztinnen einig sin: Es sei kein Zufall, dass sich dieser Machtkampf zwischen Männern abspielt.

Bettina Wiltos
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Bettina Wiltos konstatiert einen Arbeitsstau in der Kammer

Vorwürfe rund um die Plattform Equip4Ordi als Hintergrund

Hintergrund des Konflikts in der Ärztekammer sind Vorwürfe rund um die Beschaffungsplattform Equip4Ordi (E4O). Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue, Begünstigung und des schweren Betrugs, unter anderem auch gegen den Kammerpräsidenten Steinhart. Dieser weist die Vorwürfe zurück. Steinhart und sein Vorgänger Thomas Szekeres, der ebenso mit einer Anzeige konfrontiert ist, beklagten zuletzt einen „Imageschaden“ für die Ärztekammer, entstanden durch den aktuellen Konflikt – mehr dazu in Streikbereitschaft bei Ärztinnen und Ärzten hoch.