Demonstranten am Stephansplatz in Wien
APA/Tobias Steinmaurer
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Chronik

Mehr als 300 Anzeigen bei verbotener Demo

Die Polizei hat eine für Mittwochabend angemeldete propalästinensische Demonstration in der Innenstadt wenige Stunden zuvor untersagt. Trotzdem versammelten sich einige hundert Demonstranten bei aufgeheizter Stimmung auf dem Stephansplatz. Es gab mehr als 300 Anzeigen.

Die meisten Anzeigen gab es wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Insgesamt wurden 304 Identitäten festgestellt. Konkret wurden eine Person nach dem Strafgesetzbuch, 292 Personen nach dem Versammlungsgesetz und 11 wegen anderer verwaltungsrechtlicher Delikte angezeigt.

Anzeigen bei verbotener Propalästina-Demo

Die Polizei hat eine für Mittwochabend angemeldete propalästinensische Demonstration in der Innenstadt wenige Stunden zuvor untersagt. Trotzdem versammelten sich einige hundert Demonstranten bei aufgeheizter Stimmung auf dem Stephansplatz. Es gab mehr als 300 Anzeigen.

Die Polizei hatte die verbotene Kundgebung aus „einsatztaktischen Gründen“ nicht physisch aufgelöst. Die Demonstranten schrien lauthals Parolen. Weil sie den mehrfachen Aufforderungen, die nicht rechtmäßige Kundgebung zu verlassen, nicht nachkamen, wurden sie eingekesselt. Erst als die friedliche und ruhige Gedenkveranstaltung für die Opfer und Vermissten in Israel am Ballhausplatz beendet war, wurde die verbotene Demonstration am Stephansplatz aufgelöst. Hierfür dürften auch zahlreiche Polizeikräfte gebunden gewesen sein, um die anwesenden Regierungsmitglieder zu schützen, weshalb es am Stephansplatz zunächst keine weitere Verstärkung gab.

Experte über die Propalästina-Demo

Forschungsdirektor des Österreichischen Studienzentrums für Frieden und Konfliktlösung Adham Hamed ist im Studio zu Gast und spricht über die Propalästina-Demo, die am Mittwoch trotz Verbots stattgefunden hat.

„Geordnetes Abströmen“ durch Einkesselung

Kurz vor 21.00 Uhr durfte rund die Hälfte der eingekesselten Personen, gehen, von den restlichen wurde die Identität festgestellt. Durch die Kesselung sei ein „geordnetes Abströmen in die Wege“ geleitet und Identitätsfeststellungen sichergestellt worden, bilanzierte die Polizei. Außerdem sei es gelungen, „die illegale Versammlung stationär zu halten und eine Verlagerung Richtung Ballhausplatz zu verhindern“, so das Fazit der Exekutive. Initiiert hatte die dortige Veranstaltung die Israelitische Kultusgemeinde. Eine Störung der Gedenkzeremonie und damit zusammenhängende Ausschreitungen zu verhindern, sei das „oberste Ziel des polizeilichen Einsatzes“ gewesen. Man habe auch zahlreiche staatspolizeiliche Erkenntnisse gewonnen, hieß es.

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Demonstranten am Stephansplatz in Wien
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Demonstranten am Stephansplatz in Wien
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Demonstrant mit Schild am Stephansplatz in Wien
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Ein Polizist mit Pfefferspray am Stephansplatz in Wien
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Ein Demonstrant wird von der Polizei abgeführt
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Demonstranten und Polizisten am Stephansplatz in Wien
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Demonstranten und Polizisten am Stephansplatz
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Neue Demo am Samstag erwartet

Der Wiener Polizei sei es durch die in der Einsatzplanung festgelegten Maßnahmen und das besonnene Einschreiten der Einsatzkräfte während des gesamten Einsatzes gelungen, eine Eskalation zu verhindern. Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit konnte umfassend gewährleistet werden, lobte sich die Polizei in ihrer Presseaussendung am Donnerstag. Es wird nicht die letzte pro-palästinensische Demo gewesen sein, am Samstag wird eine weitere größere erwartet, sagte Polizeisprecher Markus Dittrich der APA. Diese wird noch geprüft.

Ludwig: Polizei „mit Augenmaß“ vorgegangen

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) übte am Donnerstag Kritik an den Kundgebungen – weil dort antisemitische Äußerungen gefallen und im Vorfeld entsprechende Plakate verbreitet worden sind. „Das ist zu verurteilen“, sagte er am Rande einer Pressekonferenz. Für ein generelles Verbot trete er aber nicht ein, betonte er. Die Prüfung solcher Demonstrationen sei Sache der Exekutive.

„Ich habe größtes Vertrauen in die Arbeit der Polizei“, sagte der Bürgermeister. Auch das Verbot der Kundgebung am Dienstag sei nicht leichtfertig getroffen worden. Am Abend sei die Polizei dann mit „Augenmaß“ vorgegangen. Sie habe sichergestellt, dass Ruhe und Sicherheit in Wien nicht gefährdet seien. „Ich gehe sehr davon aus, dass das in Zukunft so sein wird und bei angekündigten Demonstrationen ebenfalls auf Basis der Gesetze und mit Augenmaß entschieden wird.“

FPÖ fordert Rücktritt der Polizeiführung

Scharfe Kritik an der Nicht-Auflösung der Versammlung kam von der FPÖ. Wiens Landesparteichef Dominik Nepp forderte in einer Aussendung den sofortigen Rücktritt der Wiener Polizeiführung. „Die Wiener Polizeiführung hat es verabsäumt, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. Die Demonstration hätte umgehend aufgelöst werden müssen“, wird Nepp zitiert. Die Entscheidung, das nicht zu tun, zeige eine „gefährliche Nachlässigkeit“, hieß es weiter.

Nachrichtendienstliche Erkenntnisse Grund für Verbot

Polizeipräsident Gerhard Pürstl hatte am späten Mittwochnachmittag in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erklärt, dass die Kundgebung untersagt werde. Dieser Schritt sei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit „zulässig und geboten“, sagte Pürstl. Man habe verhindern müssen, „dass der gewalttätige Konflikt im Nahen Osten auf die Straßen Wiens getragen wird“.

Pürstl berief sich auf jüngste nachrichtendienstliche Erkenntnisse, denen zufolge die ursprünglich als Mahnwache angemeldete Veranstaltung in „eindeutige Gewaltaufrufe“ in Richtung des Staates Israel münden hätte können.

Im Vorfeld seien im Internet Einladungen zu der Kundgebung mit von der Hamas verwendeten Codes verbreitet worden, die ein freies Palästina und die vollständige Auslöschung des Landes Israel gutheißen bzw. propagieren. Die Veranstalterin der Kundgebung habe sich davon nicht distanziert, weshalb man sich nach einer „ganz sorgfältigen Abwägung“ dazu entschlossen habe, die Veranstaltung nicht stattfinden zu lassen, erläuterte Pürstl.

Gromann (ORF) zur Pro-Palästina Demo

„ZIB“-Moderatorin Madeleine Gromann berichtet unter anderem von der vor dem Wiener Stephansdom stattfindenden pro-palästinensischen Demonstration.

Ursprünglich 200 bis 250 Teilnehmende erwartet

Die Polizei werde „alles tun“, damit die für 19.00 Uhr auf dem Stephansplatz geplant gewesene propalästinensische Demo nicht über die Bühne gehen wird, bekräftigte der Polizeipräsident auf Nachfrage. Sicherheitskräfte „in ausreichender Anzahl“ würden dafür Sorge tragen. Die Polizei hatte zuletzt mit 200 bis 250 Teilnehmenden bei der Kundgebung gerechnet – darunter offenbar auch Sympathisanten der Hamas mit „gewaltspezifischem Ideengut“, wie Pürstl anmerkte.

Am Mittwochvormittag hatte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) noch keinen Grund gesehen, die Demonstration zu untersagen. Das Versammlungsrecht sei „in einer wehrhaften, freien Demokratie eines der höchsten Güter“, argumentierte Karner.

Propalästinensische Demo in Wien untersagt

Eine für Mittwochabend angemeldete propalästinensische Demo in der Wiener Innenstadt ist wenige Stunden zuvor untersagt worden. Polizeipräsident Gerhard Pürstl erklärte den Schritt in einer Pressekonferenz.

Die Einschätzung der Lage dürfte sich nach im weiteren Verlauf des Tages gewonnenen Erkenntnissen der Direktion Staatsschutz Nachrichtendienst (DSN) geändert haben, zu denen Polizeipräsident Pürstl keine Details bekanntgeben wollte. Angemeldet hatte die Kundgebung eine Organisation namens BDS Austria, die sich für „Sanktionen gegen Israel bis zum Ende von Apartheid und Besatzung in Palästina“ ausspricht.

Spitzenpolitik bei Gedenken für Hamas-Opfer

Indes fand ab 18.30 Uhr auf dem Ballhausplatz eine Gedenkveranstaltung für die Opfer und Vermissten in Israel statt. Initiiert hatte diese die Israelitische Kultusgemeinde. Die politischen Spitzen der Republik nahmen teil, unter anderen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).