CHRONIK

Nahost-Konflikt über Netzwerke in Schulen

Der Konflikt zwischen Israel und der Hamas wird auch an Wiener Schulen immer mehr zum Thema. Die gezielte Propaganda in sozialen Netzwerken wird im Unterricht thematisiert.

Vor allem auf Netzwerken wie TikTok, Instagram oder Telegram wird für die Konfliktparteien mit Bildern von Leid und Zerstörung Stimmung gemacht. Auch von Wiener Jugendlichen werden die Videos tausende Male geklickt und geteilt – radikale Äußerungen in den Schulen sind die Folge. „Zum Beispiel, dass der Anschlag der Hamas auf Israel berechtigt ist“, erklärte Lehrergewerkschafter Thomas Krebs gegenüber „Wien heute“, „und dass der Staat Israel von vielen Schülern gleichgestellt wird mit dem Judentum als solchen.“

Nahost-Konflikt in Wiener Schulen

Der Nahost-Konflikt stellt Lehrer vor Herausforderungen. Immer mehr Schülerinnen und Schüler äußern radikale Meinungen.

Radikalisierung vor allem in Mittelschulen

Der Vorfall, bei dem Jugendliche in der Vorwoche eine israelische Fahne vom Stadttempel in der Innenstadt heruntergerissen haben, ist ein großes Thema. „Ich habe von Kolleginnen gehört, dass es da zum Teil auch von manchen Schülerinnen und Schülern durchaus Jubelmeldungen gegeben hat. Richtig so und das gehört so. Das gibt zu denken“, meinte Krebs.

Vor allem in Mittelschulen über ganz Wien hinweg sei man mit Radikalisierung konfrontiert, so Krebs. In der Sportmittelschule Wendstattgasse in Favoriten wird der Konflikt in den Klassen besprochen. Laut Direktor Markus Ratz wollte man den Schülerinnen und Schülern damit klar machen, „dass sie, wenn sie nur aus gewissen Informationsquellen die Informationen bekommen, leicht manipulierbar sind. Und diese Dinge haben wir besprochen, ganz offen, und das war sehr gut. Und für die Schüler war es auch sehr wichtig, das zu diskutieren.“

Bei Anzeichen von Radikalisierung genau hinsehen – das fordert auch Sabine Prohaska, Direktorin der Musik- und Informatikmittelschule Wendstattgasse. „Dadurch, dass ich eine Informatik-Schwerpunktschule habe, ist die Digitalisierung natürlich großes Thema und natürlich auch Fake News. Und hier arbeiten wir eigentlich das ganze Jahr daran“, so Prohaska in „Wien heute“.

Pädagoge: Warum der Krieg in Israel polarisiert

Philipp Mittnik, Leiter des Zentrums für politische Bildung an der pädagogischen Hochschule Wien, spricht zum wiederaufgeflammten Nahostkonflikt und warum dieser in der Gesellschaft so polarisiert und spaltet.

Ausbau für politische Bildung notwendig

Auch für Philipp Mittnik, Leiter des Zentrums für Politische Bildung an der Pädagogischen Hochschule Wien, ist die Arbeit mit Medienkritik „der wichtigste Zugang überhaupt“. Schulen müsse die Möglichkeit gegeben werden, „sich mit diesen Informationen auseinanderzusetzen, um Schülerinnen zu zeigen: Das, was in den sozialen Medien oder auf YouTube kommt, dass das nicht die Wahrheit ist und dass es eine zusätzliche Prüfung gibt. Und wenn man das macht, kann man Schülerinnen und Schüler sicher sehr gut darauf vorbereiten, dass sie nicht immer alles ungeprüft glauben“, so Mittnik in „Wien heute“.

Die Schule ist für viele Jugendliche vor allem wichtig, weil es für sie laut Mittnik oft die einzige Möglichkeit, ist „vielleicht gegenteilige Meinungen kennenzulernen, vielleicht einmal eine andere Perspektive eingenommen wird, wo Schülerinnen – und das ist das Ziel – einmal zum Nachdenken anfangen und ihre eigenen Positionen vielleicht zu überdenken beginnen“.

Als Obmann der Interessensgemeinschaft für politische Bildung tritt Mittnik auch für eine Ausbau der politischen Bildung ein: „Ich glaube, das Schlechteste in der Schule wäre, Konflikte nicht zu thematisieren. Und wie Konflikte thematisiert werden, das ist ein wichtiger Punkt. Und ich glaube, die politische Bildung könnte hier einen wichtigen Beitrag leisten.“